Die Elite
gewann.
»Ich möchte deine Freundin sein, Kriss. Ich habe sogar gedacht, wir wären schon Freunde.«
»Ich auch«, sagte sie leise.
»Es fällt mir einfach schwer, über so private Dinge zu sprechen. Ich schätze deine Ehrlichkeit, aber ich weiß nicht, ob ich wirklich alles wissen will. Obwohl ich ja gerade gefragt habe«, sagte ich schnell, weil ich ihr ansah, was sie dachte. »Ich wusste bereits, dass er Gefühle für dich hegt. Ich habe es natürlich gemerkt. Aber für mich wäre es gut, wenn die Dinge zum jetzigen Zeitpunkt noch ein wenig in der Schwebe blieben.«
Kriss lächelte. »Das respektiere ich. Würdest du mir trotzdem einen Gefallen tun?«
»Wenn ich kann, natürlich.«
Einen Augenblick lang wandte sie sich ab. Als sie mich wieder anblickte, sah ich Tränen in ihren Augen. »Könntest du mich bitte warnen, wenn du dir sicher bist, dass er mich nicht will? Ich kenne deine Gefühle nicht, aber ich liebe ihn. Und ich würde es vorziehen, Bescheid zu wissen.«
Sie liebte ihn! Sie hatte es laut ausgesprochen. Kriss liebte Maxon!
»Wenn er es mir ausdrücklich sagt, werde ich es dich wissen lassen.«
Sie nickte. »Vielleicht können wir uns noch ein Versprechen geben? Dass wir einander nicht absichtlich Steine in den Weg legen? Ich will nicht auf solche Weise gewinnen, und ich glaube, du auch nicht.«
»Ich bin doch nicht Celeste«, schnaubte ich verächtlich, und sie lachte. »Ich verspreche, mich fair zu verhalten.«
»Dann ist es gut.« Sie tupfte sich die Augen und glättete ihr Kleid. Ich konnte mir gut vorstellen, wie elegant sie mit einer Krone auf dem Kopf aussehen würde.
»Ich muss jetzt gehen«, log ich.
»Danke für deine Gesprächsbereitschaft. Und es tut mir leid, wenn ich zu aufdringlich war.«
»Schon okay.« Ich trat einen Schritt zurück. »Wir sehen uns später.«
»Ja.«
So schnell es die Höflichkeit zuließ, drehte ich mich um und marschierte zurück zum Palast. Sobald ich im Gebäude war, beschleunigte ich meine Schritte und lief die Treppen hoch. Ich sehnte mich nach der Geborgenheit meines Zimmers.
Im zweiten Stock angekommen, entdeckte ich auf dem Weg dorthin einen Zettel auf dem Boden. Er lag genau an der Stelle, wo es zu meinem Zimmer abging, also nahm ich an, er könnte für mich sein. Ich hob ihn auf und las, was darauf stand.
Heute Morgen weiterer Rebellenangriff, diesmal in Paloma. Nach jüngster Schätzung über dreihundert Tote und mehr als hundert Verletzte. Wieder scheint die Hauptforderung zu sein, das Casting zu beenden und somit das Ende der Monarchie herbeizuführen. Wir erwarten Ihre Befehle.
Mir wurde eiskalt. Ich suchte auf beiden Seiten des Zettels nach einem Datum. Heute Morgen weiterer Rebellenangriff? Selbst wenn die Nachricht ein paar Tage alt war, war es mindestens die zweite dieser Art. Und
wieder
lautete die Forderung, das Casting zu beenden. War es das, worum es in den letzten Angriffen auf den Palast gegangen war? Versuchten sie uns loszuwerden? Und war es wirklich so, dass Nord-
und
Südrebellen »das Ende der Monarchie« herbeiführen wollten?
Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Dieser Zettel war sicher nicht für mich bestimmt, also konnte ich auch mit niemandem darüber reden. Doch kannten die Leute, für die er gedacht war, bereits seinen Inhalt? Ich beschloss, den Zettel zurück auf den Boden zu legen. Dann würde hoffentlich bald eine Wache vorbeikommen und ihn dem eigentlichen Adressaten überbringen.
Fürs Erste blieb mir nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass irgendjemand auf die Nachricht reagieren würde.
24
W ährend der nächsten beiden Tage nahm ich alle Mahlzeiten in meinem Zimmer ein. Auf diese Weise ging ich Kriss bis zum Abendessen am Mittwoch aus dem Weg. Ich hatte gehofft, mein vorübergehender Rückzug würde dazu führen, dass ich mich in ihrer Gegenwart weniger verlegen fühlte. Leider hatte ich mich geirrt. Wir tauschten ein stilles Lächeln aus, doch ich brachte kein Wort über die Lippen. Fast wünschte ich mir, auf der anderen Seite des Saals neben Celeste und Elise zu sitzen. Aber nur fast.
Kurz bevor der Nachtisch an diesem Abend serviert wurde, kam Silvia so schnell hereingestürzt, wie es ihre hochhackigen Schuhe zuließen. Sie knickste kurz, lief zur Königin und flüsterte ihr aufgeregt etwas zu.
Die Königin schnappte daraufhin nach Luft und rannte dann mit Silvia aus dem Zimmer. Wir anderen blieben allein zurück.
Man hatte uns während der letzten Monate beigebracht, nie
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