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Die Elvenbrücke

Die Elvenbrücke

Titel: Die Elvenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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obwohl sie selbst starr vor Entsetzen war.
    »Grimh und Aiser!« entfuhr es Thonensen mit heiserer Stimme.
    Mit ungeheurer Geschwindigkeit kam der Koloß heran. Wasser sprühte von seinem dunklen, ledrigen Leib, der dem eines Mammuts ohne Haar und der einer Echse ohne Schuppen glich. Der knöcherne Rücken ragte bis zur halben Höhe des Walles auf, doch ein mächtiger Hals strebte bis zur schwindelnden Höhe der Mauer. Ein kleiner Kopf pendelte an der Spitze wie der einer Schlange.
    Große Steine flogen zur Seite, wo die Füße des Ungetüms auf den Boden kamen.
    Es brüllte erneut, und der Schrei hallte von der Mauer wider.
    Die Gefährten liefen auseinander, als der Koloß zwischen sie fuhr und verharrte.
    Der Schädel kam herab. Gewaltige Zähne, jeder von der Größe der längsten Schwerter, die Menschenfäuste schwingen konnten, klickten, und dunkle Augen mit goldenen Pupillen beäugten die Winzlinge ringsum.
    Der Blick fiel auf Duzella und Merryone, und der Schädel drehte sich in ihre Richtung. Er schoß vorwärts.
    Nottr warf sich mit einem grimmigen Schrei dazwischen. Seine Viererschaft folgte mit Todesverachtung. Er hob Seelenwind mit beiden Händen und stieß die Klinge mit aller Kraft in den glatten Hals. Er fühlte, wie die Klinge eindrang, doch die Bestie spürte sie gar nicht.
    Nottr hatte Mühe, das Schwert in den Fäusten zu behalten, denn Kopf und Hals schnellten tief über den Boden. Nottr wurde auf die Erde geschmettert und lag einen Augenblick halb betäubt. Lella zerrte ihn zur Seite, während Keir und Baragg ihr Glück versuchten.
    Auch die Amazonen waren nicht untätig geblieben. Dorema und Verica warfen sich gegen den tiefhängenden Leib und bohrten ihre Schwerter bis zum Heft in die Haut. Es roch nach Seetang und Schlamm. Große Tropfen dunklen Blutes bedeckten die Schwertwunden, als wären sie nicht mehr als Dornenstiche. Doch das Untier schien sie zu spüren, denn es brüllte erneut und stampfte und wühlte den Boden auf. Die beiden Kriegerinnen konnten sich an die Mauer in Sicherheit bringen.
    Burra nutzte den Augenblick und schnellte auf Duzella zu. Sie riß sie mit’ einem Ruck hoch, obwohl die Taurin größer als sie war und auch schwerer, und trieb ihr Pferd auf die Mauer zu. Thonensen zog Merryone zu sich aufs Pferd und ritt hinter ihr her. Wie Burra hatte er erkannt, daß der Riß im Wall der einzige Ort war, der ihnen Schutz bot.
    Die Pferde waren kaum zu bändigen. Panik war in ihren Augen und in ihren Bewegungen.
    Jaranas Brauner hatte beim ersten Auftauchen des Ungeheuers das Weite gesucht. Auch Duzellas und Merryones Reittiere waren verschwunden.
    Die Lorvaner, die fast ihr ganzes Leben auf dem Rücken von Pferden verbrachten, waren nicht so leichtfertig. In einer Viererschaft war immer einer, der die Zügel hielt, wenn andere abstiegen, und Nottr hatte, als das Ungeheuer ihn vom Pferd riß, instinktiv nach den Zügeln gegriffen.
    Der Kopf des riesigen Geschöpfes fuhr erneut herab. Ein Geruch von Fäulnis drang aus seinem Rachen, und ein Grollen kam aus seiner Kehle, das wie Donner klang.
    Es entdeckte Burra und Thonensen, die in gestrecktem Galopp auf den Spalt zuhielten und ihn fast erreicht hatten. Sein Kopf schoß vor, und die zahnbewehrte Schnauze rammte Burras Hengst und schleuderte ihn zu Boden.
    Thonensen konnte ausweichen, indem er sein Pferd halsbrecherisch herumwarf. Dabei entglitt Merryone seinem Griff und fiel nicht weit von der Stelle, wo Burra und Duzella halb begraben unter ihrem toten Pferd lagen.
    Triumphierend, brüllte das Ungeheuer erneut. Sein Rachen senkte sich hinab auf seine hilflosen Opfer. Da löste sich Jarana mit einem wilden Schrei aus ihrem Versteck hoch oben in der Mauer. Mit einem selbstmörderischen Sprung landete sie auf dem mächtigen Schädel und stieß ihre beiden Klingen tief in die goldenen Pupillen. Dann ließ sie sich fallen, schlug auf und rollte sich hastig zur Seite.
    Der Schädel schnellte hoch. Der Schrei des Tieres war schrill vor Pein. Es war nur noch mit sich und seinen Schmerzen beschäftigt.
    Jarana humpelte zu Burra. Auch die anderen eilten herbei, um die Amazone und das Taurenmädchen aus ihrer Lage zu befreien. Es blieb keine Zeit, nach Verletzungen zu sehen, denn das Ungeheuer begann zu toben. Sein Schwanz peitschte über die Erde und schleuderte Geröll in die Luft, das selbst den Ansturm einer Armee zum Halten gebracht hätte.
    So zerrten sie Burra, Duzella und Merryone auf die Pferde und verließen den Titanenpfad.

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