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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pynchon
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aber das kann ja kaum sein, oder? Er registriert, daß der einzige Unbeteiligte, abgesehen von Antoni und Stefania, der japanische Verbindungsoffizier war, der ein Deck höher auf einem Stuhl gesessen und beobachtet hat. Nein, nicht masturbierend oder so was, einfach nur beobachtend, den Fluß, die Nacht... ein unergründliches Völkchen, diese Japse, wissen wir ja.
    Nach kurzem Atemschöpfen findet ein allgemeiner Rückzug aus den diversen Körperöffnungen statt, das Trinken, Kiffen, Koksen, Quatschen hebt von neuem an, viele beginnen sich auch zu verdrücken, um etwas Schlaf zu kriegen. Hier und da trödelt noch ein Paar oder eine Triole miteinander herum. Ein C-Saxo-phonist hat den Schalltrichter seines Instruments zwischen die weitgespreizten Schenkel einer gutaussehenden Matrone mit Sonnenbrille gedrückt, ja, Sonnenbrille bei Nacht, das ist schon eine ganz schön degenerierte Gesellschaft, in die Slothrop hier geraten ist -der Saxophonist spielt "Chattanooga Choo Choo", und diese tiefen Vibrationen machen sie ganz wild. Ein Mädchen mit einem riesigen Glas-Godemiche, in welchem Baby-Piranhas in einer dekadent lavendelfarbenen Flüssigkeit herumschwimmeen, amüsiert sich zwischen den Hinterbacken eines stämmigen Transvestiten in Spitzenstrümpfen und einem gefärbten Zobelmantel. Eine montenegrinische Herzogin wird simultan in ihren Chignon und ihren Nabel gefickt, und zwar von einem Pärchen Achtzigjähriger, die nichts als Reitstiefel anhaben und die ganze Zeit eine Art technischer Diskussion in einer Sprache führen, die Kirchenlatein zu sein scheint. Die Sonne ist noch stundenweit entfernt, tief hinter der riesigen, unlesbaren Wölbung Rußland. Der Nebel verdichtet sich, die Maschinen nehmen Fahrt weg. Wracks ziehen unter dem Kiel des weißen Schiffes vorbei. Leichen des Frühlings, gefangen zwischen den Wrackteilen, reißen sich los und treiben auf, wenn die Anubis über ihren Köpfen vorübergleitet. Unter dem Bugspriet starrt der goldene Schakal, der einzige an Bord, der durch den Nebel sieht, stromabwärts nach vorn, nach Swinemünde.

[3.15] Bianca

    Slothrop hier hat von Llandudno geträumt, wo er einmal auf Urlaub war, verregnet, mit der Tochter eines Schlepperkapitäns und Bitterbier im Bett. Lewis Carroll hat seine Alice im Wunderland dort geschrieben, weshalb auch dieses Standbild vom Weißen Kaninchen in Llandudno steht. Das Weiße Kaninchen hat zu Slothrop gesprochen, ernsthaftes und schwieriges Gerede, aber, wie üblich, hat er während des Aufwachens alles wieder vergessen. Er liegt da und glotzt auf Leitungen und Laufrillen über seinem Kopf, auf asbestisolierte Rohrknie, Schläuche, Manometer, Tanks, Schalttafeln, Flansche, Verzweigungen, Ventilräder, ein Dickicht aus Schatten. Es ist höllisch laut. Sonnenlicht sintert durch die Luken herein, was bedeuten muß, daß es Morgen ist. In einer Ecke seines Gesichtsfelds ertappt er jetzt ein Flattern von Rot.
    "Du darfst Margherita nichts erzählen, bitte." Es ist Bianca. Haare offen bis zu den Hüften, die Wangen verschmiert, Augen rot. "Sie wird mich umbringen." "Wie spät ist es?"
    "Die Sonne ist seit Stunden oben. Warum willst du das wissen?"
    Warum er das wissen will. Hmm. Vielleicht will er noch eine Runde schlafen, hier. "Ist
    deine Mutter böse auf dich, oder was?".
    "Völlig durchgedreht ist sie. Gerade hat sie mir vorgeworfen, eine Affäre mit Thanatz
    zu haben. Wahnsinn, natürlich sind wir gute Freunde, aber das ist alles... wenn sie
    sich nur eine Spur für mich interessieren würde, dann wüßte sie das."
    "Auf jeden Fall hat sie sich für deinen Arsch hier interessiert, Kind."
    "Du liebe Güte", sie hebt ihr Kleid hoch, dreht sich so, daß sie auch Slothrop über
    eine Schulter im Blickfeld behält. "Das spür ich immer noch. Sind noch Striemen zu
    sehen?"
    "Tcha, da mußt du schon etwas näher kommen."
    Sie nähert sich ihm lächelnd, jeder Schritt auf Zehenspitzen. "Ich hab dich beim Schlafen beobachtet. Du bist sehr hübsch, weißt du! Mutter sagte auch, du seist grausam."
    "Paß auf!" Er beugt sich vor und beißt ganz zart in eine ihrer Arschbacken. Sie windet sich, bleibt aber.
    "Mm. Da ist irgendwo ein Zipp, könntest du ..." Sie dreht die Schultern, schlängelt sich, während er den Reißverschluß öffnet, der rote Taft heruntergleitet. Sicher, da sind ein, zwei lavendelfarbene Striemen auf diesem Hinterteil, das vollendet geformt ist, weich wie Sahne. So schmal sie ist, hat man sie obendrein in ein winziges, schwarzes

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