Die Enden der Parabel
seltsamerweise, folgte ihr nicht. Niemals synthetisierte er die neuen anorganischen Ringe oder Ketten, die er auf so dramatische Weise prophezeit hatte. War er in einem Wellental hängengeblieben, während die Studentengenerationen an ihm vorüberzogen - oder hatte er etwas gewußt, von dem Pökler und die anderen keine Ahnung hatten? Waren seine Ermutigungen im Hörsaal nichts weiter als ein exzentrischer Scherz? Er blieb stehen bei C-H und zog mit seinem Henkelmann nach Amerika. Pökler verlor nach der Technischen Hochschule jeden Kontakt zu ihm - genau wie alle seine anderen Schüler. Er stand jetzt unter dem sinistren Einfluß von Lyle Bland, und wenn er immer noch der Sterblichkeit der kova-lenten Bindung zu entrinnen suchte, so tat es Jamf jetzt auf die unauffälligste Art und Weise, die man sich denken konnte.
[3.30] Lyle Bland
Wenn dieser Lyle Bland nicht den Freimaurern beigetreten wäre, würde er wahrscheinlich heute noch mit seinen schändlichen Tricks hausieren gehen. So wie es auf der Welt Maschinerien gibt, die sich der Ungerechtigkeit als einem Wirtschaftsunternehmen widmen, so scheinen hin und wieder auch Anstöße erteilt zu werden, um die Dinge zurück ins Gleichgewicht zu befördern. Nicht eigentlich auf wirtschaftlicher Basis, aber wenigstens im Tanz der Dinge. Was Bland angeht, so stellten sich, im Tanz der Dinge, die Freimaurer als ein solcher Anstoß heraus. Vergegenwärtigen wir uns mal die mißliche Lage des Kerls -hat so viel Geld, daß er beim besten Willen nicht weiß, wohin damit. "Gib's mir, gib's mir!" braucht ihr nun aber auch nicht gleich zu brüllen. Er hat es euch gegeben, wenn auch auf so verschlungenen Wegen, daß ihr ein ziemliches System bräuchtet, um den Knoten aufzudröseln. Oh, und wie er es euch gegeben hat! Durch das Bland-Institut und die Bland-Stiftung hat der Mann seine Fleischerhaken seit 1919 tief im amerikanischen Alltag dringehabt. Wer, glaubt ihr wohl, hat sich mit seinem breiten Hintern auf die Patentschrift für den Hundert-Meilen-pro-Gal-lone-Vergaser gesetzt, hm? Sicher habt ihr die Story irgendwann einmal gehört, vielleicht sogar mit gekauften Anthropologen vor Lachen darüber gewiehert, die es einen "Mythos des automobilen Zeitalters" nannten oder sonst so 'n Scheiß. Tja, zufällig hat das aber alles seine Richtigkeit gehabt, und es war Lyle Bland, der diese akademischen Intriganten bezahlt hat für das Gewieher und das glaubwürdige Lügen. Oder der große Killergras-Reklamefeldzug der dreißiger Jahre - wer, glaubt ihr, hat sich damals Hand-inHandschuh (oder, wie unzartere Naturen es ausgedrückt haben: Schwanz-in-Mund) mit dem FBI dieser Sache angenommen? Und erinnert ihr euch an all diese Ein-Mann-geht-zum-Doktor-weil-er-keinen-mehr-hochkriegt-Witze? Stammen alle von Bland, jawoll - ein halbes Dutzend Grundmuster, nachdem er eine tiefenpsychologische Untersuchung für den National Research Council durchgeführt hatte, aus der erhellte, daß ein untragbarer Satz von 36 Prozent der männlichen Werktätigen ihren Schwänzen nicht die gebührende Aufmerksamkeit widmete - sie waren nicht genitalfixiert genug, und das unterminierte die Effizienz derjenigen Organe, welche die eigentliche Arbeit machen.
Psychologische Erhebungen wurden in der Tat eine Bland-Spezialität. Seine Tiefenstudie zum Unterbewußten im Amerika der frühen Depressionsjahre gilt als Klassiker und fand weite
Verwendung, um Roosevelts "Wahl" von 1932 plausibel erscheinen zu lassen. Obwohl viele seiner Kollegen im Hinblick auf FDR Bekundungen von Ablehnung und Haß für nützlich hielten, war Bland viel zu begeistert, um sich taktisch zu verhalten. Für ihn war FDR genau der Mann: Harvard und allen Geldern hold, egal ob alt oder neu, Produktion oder Handel, Harriman oder Weinberg. Eine amerikanische Synthese, die es noch nie gegeben hatte und die den Weg frei machte für ganz bestimmte grandiose Möglichkeiten - alle zusammengefaßt unter dem Begriff "Kontrolle", der ein privates Code-Wort zu sein schien -, die mehr auf der Linie der Ambitionen von Bland und manchen anderen lagen. Ein Jahr nach der Wahl trat Bland dem Business Advisory Council bei, der unter Swope von General Electric aufgebaut worden war und dessen Konzeptionen in Sachen "Kontrolle" große Ähnlichkeiten mit jenen Walther Rathenaus von der deutschen GE aufzuweisen hatten. Was immer Swopes Mannschaft auch tat, es geschah im geheimen. Niemand kriegte ihre Akten zur Einsicht. Und auch von Bland erfuhr keiner was. Kurz
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