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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pynchon
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Augenbrauen zu dunkel und das Weiße zu weiß, eine Gleichgültigkeit der Null, die im Ergebnis wahrhaft böse ist, in dieser Art, wie sie ihr das Gesicht verbildet haben, dann kennst du diesen Anblick: Nalline Slothrop unmittelbar vor ihrem ersten Martini ist hier, nimmt hier im Geist an diesem Kruppfest teil. So auch Tyrone, ihr Sohn, aber nur, weil er inzwischen -Jungfrau der ersten Dekade - zu einem gerupften Albatros geworden ist. Gerupft, zum Teufel nein - enthäutet. Über die ganze Zone verstreut. Es ist zweifelhaft, ob man ihn jemals wieder "finden" kann, im herkömmlichen Sinn von "eindeutig identifizieren und festhalten". Nur noch Federn ... redundante oder regenerierbare Organe, "die wir unter dem Begriff zu klassifizieren versucht wären, fehlte es nicht völlig an Feindseligkeit..." - Nata-scha Raum, "Bereiche der Unschärfe in der Anatomie des Albatros", Proceedings of the International Society of Confessors to an Enthusiasm for Albatross Nosology, Winter 1936, 'ne großartige kleine Zeitschrift, hat zum Beispiel im damaligen Winter eigens einen Korrespondenten nach Spanien geschickt, um auch das zu erfassen, oder andere Ausgaben ausschließlich den Problemen der Weltwirtschaft gewidmet, die samt und sonders von offenkundiger Bedeutung für Fragen der Albatros-Nosologie sind - gehört der sogenannte "Nachtwurm" zur Pseudo-Gold-strasser-Gruppe, oder muß man ihn - bei fast identischer Symptomatik - korrekt als schleichenderen Verlauf von Hebdome-riasis Mopp bezeichnen?
    Tcha, wenn die Gegenmacht nur besser wüßte, was diese Kategorien verbergen, dann war sie auch in einer besseren Position, Den Menschen zu entwaffnen, zu entpenissen und zu entblößen. Aber sie wissen's nicht. Das heißt, eigentlich wissen sie's. Aber sie gestehen es sich nicht ein. Traurig, aber wahr. Sie sind ebenso schizoid, ebenso doppelsinnig in der massiven Gegenwart von Geld wie jeder andere von uns auch, und das ist harter Fakt. Der Mensch hat eine Zweigstelle in jedem unserer Gehirne, sein Körperschaftsemblem ist ein weißer Albatros, jede der lokalen Vertretungen besitzt eine Tarnung namens Ego, und ihre Mission auf dieser Welt heißt schlicht Beschiß. Wir wissen, was läuft, und wir lassen's geschehen. Solange wir sie nur besichtigen, anglotzen können, diese Geldsäcke, von Zeit zu Zeit. Solange sie uns nur einen winzigen Blick gestatten, auch wenn's nur alle Jubeljahre einmal ist. Wir brauchen das. Und sie wissen es genau -wie häufig, unter welchen Bedingungen ... Machen wir uns ruhig schon gefaßt auf die Regenbogenreportagen vom Kaliber Die Nacht, da Rog und Beaver um Jessica kämpften, während sie in Krupps Armen weinte, und auch darauf, daß wir über jedem der unscharfen Photos sabbern werden -
    Roger scheint hier eine Minute über den verschwitzten Abenden des Thermidor verträumt zu haben: der gescheiterten Gegenmacht, den glamourösen Exrebellen, halb beargwöhnt, doch noch im Genuß der offiziellen Immunität und cleveren Liebe, kamerawürdig, wo immer sie sich produzieren ... verrückte, kleine, längst verurteilte Schoßtiere. sie werden uns benutzen. Wir werden mithelfen, sie zu legitimieren, obwohl sie uns dazu nicht wirklich brauchen, nur eine kleine Dividende extra, hübsch, aber nicht ausschlaggebend ...
    Ja, genau das, ist es nicht das, was sie tun werden? Roger hier und jetzt, am unpassendsten Ort und Zeitpunkt, an den Busen der Opposition drücken, während die erste wahre Liebe seines Lebens sich danach krümmt, rechtzeitig nach Hause zu kommen, um eine neue Ladung von Jeremys Sperma in sich aufzunehmen, damit auch ja das Tagespensum voll wird - und mitten in all dem Schlamassel muß er in die hochinteressante Frage reinrennen, was nun schlimmer wäre: weiterleben als ihr Schoßtier oder Tod. Es ist keine Frage, von der er je erwartet hätte, sie sich einmal im Ernst zu stellen. Sie ist überraschend gekommen, aber wegschicken läßt sie sich auch nicht mehr, er muß entscheiden, und zwar rasch, plausibel rasch für die Angst, die er in seinen Därmen spürt. Eine Angst, die er nicht wegdenken kann. Er muß wählen zwischen seinem Leben und seinem Tod. Es eine
    Zeitlang auf sich beruhen zu lassen wäre kein Kompromiß, sondern eine Entscheidung für das Leben, zu ihren Konditionen...
    Die Bratsche ist ein Geist, braungemasert, durchscheinend, seufzend in und durch die anderen Stimmen. Die Dynamik wechselt ständig. Unmerkliche Schwebungen schlängeln sich durch die Phrasen, raffen die Noten zu

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