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Die Endlichkeit des Lichts

Die Endlichkeit des Lichts

Titel: Die Endlichkeit des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Riedel
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Sie ist frei.«
    »Versteigen Sie sich nicht«, sagte
Verna, »frei! Wenn das nicht albern ist.«
    Alakar begann zu lächeln, ein Lächeln,
das ihr gefiel. Und jetzt sag es schon. Vera will Sie, weil ich Sie will. Keine Vorwände, keine Papierkriege. Aber er tippte nur eins der Häppchen auf
der Platte an. »Wer ist das, dieser Izzy Stern?« fragte er.
    »Niemand«, sagte sie, »nur ein Toter.«
    »Warum reden Sie dann ständig von ihm?«
    »Ich rede nicht ständig von ihm.«
    »Doch, Sie haben ihn mehrfach erwähnt.«
    Kann sein, dachte Verna, aber ich kann
mich nicht erinnern. Überhaupt erinnere ich mich an so vieles nicht mehr. Habe
ich Izzy Stern gesagt? Es kommt davon, daß ich ihn liebe. Was kann aus einer
Toten werden, die einen Toten liebt? Verna, die Verna von Brainonia.
    »Ähnelt er mir wirklich?« fragte
Alakar.
    »Wer?«
    »Ihr Freund. Izzy Stern.«
    »Ach, halten Sie endlich den Mund!«
    »Eine verbotene Stadt«, sagte Alakar,
»ein verbotener Name. Aber verboten für wen? Für mich oder auch für Sie?«
    Nein, dachte Verna, es ist nur ein
Erbleiden. Weil niemand nach dem Stiefelknecht mehr Alice gesagt hat.
Tote haben keine Namen. Haben Sie davon nicht gehört?
    »Ich glaube«, sagte sie müde, »ich habe
Stimmungsschwankungen. Wahrscheinlich bin ich schon in den Wechseljahren.«
    »Ich vermute«, sagte Alakar Macody und
steckte sich eins von Vera Alberts häßlichen Häppchen in den Mund, »Sie haben
ihn sehr geliebt. Wenn keiner seinen Namen sagen darf.«
    »Namen geben Macht«, sagte sie, »das
ist aber ein Klischee, das Sie kennen müßten.«
    Seitenlang habe ich meinen Namen
geschrieben, den ich mit seinem Namen vermählt habe. Verna Stern, aber es hat
ganz falsch geklungen. Klang ist etwas, auf das man sich verlassen kann. Ich
habe dagegen angeschrieben. Wenn einen sonst schon nichts zerstört, muß man es
eben selber machen.
    »Weshalb wollten Sie mit mir ins Bett?«
sagte Alakar. »Wollten Sie so Ihren Freund loswerden, oder wollten Sie ihn sich
wiederholen?«
    Unter dem Tisch bewegte er sein
falsches Bein.
    »Aber ich wollte nicht mit Ihnen ins
Bett. Sie haben ganz recht, ich wollte mit einem Phantom ins Bett. Alle wollen
mit Phantomen ins Bett. Ich mit Izzy, Sie mit Ihrer Mutter. Im Gegensatz zu mir
haben Sie es geschafft. Also hüten Sie besser Ihre Zunge!«
    »Und wie war ich, Verna? War ich gut
genug? Habe ich Sie auf die richtige Weise vor den Kopf gestoßen?«
    »Sie waren grandios«, sagte sie spitz,
»besser hätte er es nicht machen können.«
    »Aber hat es gezählt? Zählt es, wenn
einer es nicht bewußt tut?«
    »Sie täuschen sich in sich selbst«,
sagte sie, »Sie sind nämlich nicht Jesus. Sie halten sich nur dafür. Daß Sie
mich abgewiesen haben, hatte doch nichts mit mir zu tun. Es ist Ihr kleiner
Schatz, Ihre eigene Geschichte.«
    »Sie mögen es, wenn man Sie abweist,
was?« sagte er. »Jeder mag es. Es erleichtert einem das Wollen. Sie müssen sich
nicht dafür schämen.«
    Wir werden schon sehen, dachte Verna,
wer zuerst zu Boden geht.
    Dielen knarrten, und auf der anderen
Seite der Tür stiefelte Vera Albert in ihr Bett. Sie sang die Erkennungsmelodie
von Brainonia.
    »Ich geh jetzt zu ihr«, sagte sie und
wartete ab, aber Alakar legte nur die Hände zusammen. »Haben Sie nicht gesagt,
es ist lustig mit ihr? Ich lege mich neben sie und warte, was passiert. Ich bin
ihr Gegenteilchen, hat sie gesagt. Eine von uns wird explodieren.«
    »Wahrscheinlich«, sagte er, »wäre es
unkomplizierter als alles, was Sie sonst versuchen. Ein Knall, und Sie sind
Ihre Probleme los.«
    Wunderbar, sagte Karla zu Alakar, Sie
sind der geborene Therapeut. Sie verstehen die Spiele zu spielen. Das
schlimmste, sagte Verna zu Karla, war doch, daß meine Mutter damals nachtrat.
Sie konnte sich einfach nicht mehr bremsen. Alice bewegte sich nicht, der
Stiefelknecht ist umgekippt, da war all das Blut, und dann zielte Mutter noch
mal, ein kräftiger Tritt aus der Hüfte. Es ist mit ihr durchgegangen, sagte
Karla. Es hätte aber nicht mit ihr durchgehen dürfen, schrie Verna. Es ist mit ihr durchgegangen, sagte Karla, das ist die Wirklichkeit. Es gibt nichts,
was wir wollen sollten. Es gibt nur das, was wir sind.
    Werna«, sagte Alakar Macody, »wenn Sie
so unglücklich sind, warum bringen Sie sich dann nur stückchenweise um?«
    »Nein«, sagte sie, als ihre Faust auf
den Tisch schlug und die Platte mit den Häppchen zu Boden knallte und
Salamischeiben wie Konfetti durch die Luft flogen. Alakar

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