Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)
Lederkleidung der Vultures. Selbst das Sturmgewehr aus ihrer Phantasie lag auf dem Armaturenbrett.
»Wieso bist du einer von denen?«, erwiderte sie vorwurfsvoll. »Es ist gerade mal einen Monat her, dass diese Schweine unsere Mutter umgebracht haben! Unser ganzes Dorf wurde von ihnen abgeschlachtet und zwei Tage später hätten sie mich um ein Haar auch noch erwischt!«
Ihr Bruder seufzte nachdenklich und kratzte sich am Kinn. Die letzte Rasur war eine Woche her und die langen Bartstoppeln juckten wie verrückt auf der schmutzigen Haut.
»Es war die einzige Möglichkeit, zu überleben«, antwortete er auf der Suche nach einer Rechtfertigung. Nach der suchte er bereits seit seinem Beitritt, für den Tag, an dem er seine Schwester wiedersehen würde. »Du hast ja keine Ahnung, wie die ihre Sklaven behandeln!«
»Dann klär mich auf! Sag mir, warum mein eigener Bruder nun zu den Schweinen gehört, die unser ganzes Leben ausgelöscht haben!«, warf sie ihm wütend entgegen. Angel hatte sie ja gewarnt, sogar Monroe hatte Bedenken geäußert, dass ihr Bruder möglicherweise zwangsrekrutiert werden könnte. Diese Angst verfolgte das Mädchen, seit sie in Silver Valley Klarheit über die Situation in den Wastelands erlangte, und doch hatte sie sich bis zuletzt gegen die Vorstellung gewehrt. Nun fühlte sich Cassidy, als hätte sie die wichtigste Schlacht ihres Lebens verloren, und das zerriss ihr das Herz.
»Willst du mich gar nicht nach Dad fragen?«, begann Caiden sich erneut zu verteidigen.
Nein, wollte sie nicht. Natürlich drängte sich die Frage auf. Quälend hämmerte sie in ihrem Kopf, doch seine Schwester hatte Angst vor der Antwort. Sie blickte wieder zum Fenster heraus und versuchte vergeblich, ihre Gefühle zu unterdrücken.
»Sie haben ihn umgebracht, drei Tage, nachdem wir in der Festung ankamen.«
Cassidy kauerte sich im Beifahrersitz zusammen und starrte apathisch auf den Horizont, ohne ihm zu antworten. Sie schloss die Augen und vermochte ihre Tränen nur schwer zurückzuhalten.
»Er ist von der Befestigungsmauer in einen Schrotthaufen hinein gestürzt und hat sich dabei den rechten Unterschenkel aufgerissen. Eine medizinische Versorgung für Sklaven gibt es nicht, stattdessen haben sie ihn erschossen.«
In ihren Augenwinkeln konnte Cassidy erkennen, wie sehr der Tod ihres Vaters ihn mitgenommen hatte.
»Sie haben nicht mal versucht, ihm zu helfen!«, schrie er wütend und schlug mit seinen Händen auf das Lenkrad ein. »Die haben ihn einfach abgeknallt und über die Mauer geworfen!«
Der Sattelschlepper schwankte auf der Straße hin und her. Aus dem Auflieger drangen Geräusche herumfliegender Kanister und Patronenhülsen, gemischt mit erbosten Flüchen, die zweifelsohne an den Fahrer gerichtet waren.
»Hey Caiden, alles klar da vorne?«, fragte eine besorgte Frauenstimme über Funk.
»Ja, nichts passiert«, erwiderte er mürrisch und brachte den Truck wieder auf Kurs. Cassidy schloss die Augen und versuchte den Verlust ihres Vaters zu verarbeiten. Überrascht stellte sie fest, dass die Neuigkeiten kaum eine Gefühlsreaktion in ihr auslösten. Sie hatte damit gerechnet.
»Die haben also Mom und Dad gekillt. Das erklärt noch weniger, warum du plötzlich dazugehörst!«
Ihr Bruder wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah seine Schwester mit einem eiskalten Blick an.
»Ich bin auf die beiden Typen losgegangen und hab sie beinahe getötet, bevor mich die anderen Schwachköpfe aufhalten konnten«, er zeigte auf die Narbe an seinem linken Auge. »Die hab ich bekommen, als mich zehn von ihnen zusammengeschlagen haben! Sie hätten mich umgebracht, und mir war das völlig egal, bis Dog dazwischen ging. Du kennst ihn nicht, er ist kein Vulture, wie du sie dir vorstellst. Er hat die beiden ausgelacht, weil sie sich von einem Bauern überwältigen ließen. Dann machte er mir ein Angebot: Entweder ich bleibe ein Sklave und erledige meine Aufgaben – oder ich schließe mich ihm an. Ihm , nicht dem Rest von den Versagern! Das waren seine Worte, auch wenn ich sie zu dem Zeitpunkt nicht verstanden hab. Aber Dad und ich hatten einen Deal. Die Vultures lassen Frauen nicht einfach so entkommen. Die Überzeugung, dass du noch am Leben warst, hat uns Kraft gegeben. Wir waren uns einig, dass wir bei der ersten Gelegenheit die Suche nach dir aufnehmen würden. Ich ließ mich also zu Dog führen und teilte ihm meine Entscheidung mit. Er stellte mich ihrem Anführer vor, Eric. Ein Warlord, wie er im Buche
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