Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)
an die Kinder verteilt. Viele Menschen sahen das als schlechtes Omen, als eine Art Henkersmahlzeit, doch die Aussicht auf so ein seltenes Festessen ließ sie derartige Gedanken schnell verdrängen.
Kurz darauf war das Mahl in vollem Gange. Fast dreihundert Dorfbewohner zwängten sich an die Tische zwischen den Baracken. Eine Schlange von dreißig Mann stand vor dem Grill und wartete begierig auf Nachschub. Anthony hatte so viel Spaß wie noch nie. Er musste nichts rationieren und konnte jeden Sonderwunsch erfüllen. Schlechtes Omen hin oder her, die Leute machten regen Gebrauch davon. Auch den Vultures wurde gestattet, am Abendessen teilzunehmen. Sie saßen in einer Reihe mit Angels Team, das sich bereit erklärt hatte, die Aufsicht zu übernehmen. Sie redeten kaum miteinander. Die kleine Gruppe wusste am besten, was auf sie zukam. Sie verstanden wie niemand sonst in Silver Valley, wie real die Gefahr der Zerstörung war und wie wichtig diese letzte, große Mahlzeit sein könnte. Faith zeigte als einzige Interesse an der Umgebung. Neugierig fragte sie Cassidy über die mythenbehaftete Siedlung aus. Es wäre schließlich ihre neue Heimat und aus der Gefängnisbaracke könne man nicht viel sehen. Da auch Caiden halbwegs interessiert zuhörte, während er sein drittes Stück Fleisch verschlang, erklärte das Mädchen bereitwillig und stolz, wie die Enklave strukturiert sei und wo sich die wichtigen Einrichtungen befanden.
Als die Dämmerung hereinbrach, bat Monroe um die Aufmerksamkeit seiner Leute. Er hatte sie absichtlich zusammengerufen, um sie auf den kommenden Tag vorzubereiten.
»Darf ich um etwas Ruhe bitten!«, donnerte er in die Menge. Die Gespräche verstummten schlagartig. Jeder Bewohner von Silver Valley hatte auf diesen Moment gewartet, auf die vielleicht letzte Rede ihres Generals.
»Wie ihr alle wisst, steht ein Angriff der Armee, die Sienna, Eagle Village und Jaguar Bay zerstört hat, unmittelbar bevor! Ich habe euch nie etwas vorgemacht und ich werde damit auch jetzt nicht anfangen! Heute Abend, kurz nachdem wir mit der neuen Ausrüstung zurückgekehrt sind, traf einer unserer Späher ein und berichtete, dass sich die beiden Kampfgruppen der Sicarii wie erwartet zusammengeschlossen haben und auf uns zurollen. Sie werden im Morgengrauen in Silver Valley eintreffen!«
Der General pausierte seinen Monolog. Nun hatte er die Aufmerksamkeit aller Dorfbewohner. Ein Raunen ging durch die Menge und flüsternde Stimmen prophezeiten bereits das Ende der Freien Enklaven.
»Ich weiß, dass viele von euch die Angreifer für wilde Barbaren halten, doch das sind sie nicht!«, fuhr Monroe fort. »Ein Haufen Verrückter hätte die Verteidigungsanlagen der anderen Siedlungen niemals überwinden können. Auch hätte eine Bande unorganisierter Fanatiker niemals die Vultures in die Knie zwingen können! Noch nie standen wir vor einer Herausforderung wie dieser! General Petersons letzter Befehl war es, den Fortbestand von Silver Valley zu sichern. Und ich habe nicht vor ihn zu enttäuschen! Wir haben den Feind unterschätzt und dafür bezahlt. Diesen Fehler werden wir nicht wiederholen! Zehn Jahre lang hat jeder Einzelne von euch hart für diese Gemeinschaft gearbeitet! Zehn Jahre lang mussten wir um unseren Platz in der Welt kämpfen! Am morgigen Tag erwartet uns die größte Schlacht seit dem Ende der Zivilisation! Zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten werden wir wieder Geschichte schreiben und ich habe vor, aus dieser Geschichte als Sieger hervorzugehen!«
Nun gab es kein Halten mehr. Die Menge erhob sich von den Bänken und jubelte Monroe euphorisiert zu. Auch die Vultures standen auf, schwiegen jedoch. Angel sah Frank vorwurfsvoll an. Solch eine Rede hatte sie erwartet, doch das änderte nichts an seinem Vertrauensbruch. Sie verließ den Tisch und entfernte sich in Richtung Parkplatz. Cassidys gute Stimmung verschwand, als sie ihre Freundin deprimiert davonschlendern sah und sich entschied, ihr zu folgen. Angel hielt auf die Werkstatt zu, wo der generalüberholte Humvee beinahe wieder im alten Glanz schimmerte. Sie ließ den Wagen an und checkte den Motor. Der Treibstofftank war voll und Butch hatte auf ihre Anweisung hin sogar Öl und Bremsflüssigkeit nachgefüllt.
»Probleme?«, fragte Cassidy, die plötzlich neben ihr aufgetaucht war. Die Fensterverkleidung aus Stahlplatten war hochgeklappt worden und durch die schmalen Sichtschlitze hatte Angel sie nicht bemerkt. Sie zuckte zusammen und stieg augenrollend
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