Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)
trommelte und den Konvoi stoppte.
»Zeit, deinen Hund glücklich zu machen«, flüsterte sie, bevor sie ihre Atmung verlangsamte und am Abzug ihres Scharfschützengewehrs zog. Ehe die anderen genau verstanden, was ihre Anführerin damit meinte, erschütterte ein lauter Knall der Umgebung. Kleine Vogelschwärme erhoben sich aus dem hohen Gras und in der Ferne konnte das Team eine Herde Bisons davon galoppieren hören.
»Butch, Victor, ihr kommt mit! Der Rest bleibt bei den Wagen und hält Ausschau. Kann ja sein, dass ich irgendwas angelockt hab!«, befahl Angel, schnappte sich ein paar Frischhalteboxen und führte ihre Kameraden gut zweihundert Meter von der Straße weg, wo das erlegte Jungtier bereits von Aasfressern umzingelt war. Zwei Warnschüsse aus Victors Kalaschnikow ließen die Füchse reiß aus nehmen, trotzdem beeilte sich Angel und trennte nur die besten Fetzen mit gezielten Schnitten heraus. Sie besaßen ohnehin keine Möglichkeit, die Beute länger als einen halben Tag zu lagern. Zufrieden lächelnd kehrte sie zu den Wagen zurück.
»Heut Abend steht wieder Fleisch auf dem Speiseplan!«, rief sie und warf Scott ein kleines Stück zu. »Hat sich irgendwas bewegt?«
»Nein, aber du warst nicht allein da draußen«, antwortete Kim, die mit ihrem Fernglas auf dem Wagendach kauerte. Ein paar Steppenwölfe hatten die Füchse vertrieben und stritten sich bereits um den erlegten Bison. Angel schmunzelte bei Kims Anblick, denn sie fühlte sich selbst zweihundert Meter von dem Rudel entfernt noch sehr unwohl und ließ die Raubtiere keinen Moment aus den Augen.
***
Am späten Nachmittag erreichten sie die ersten Gebirgsausläufer. Am Fuße der Berge säumten verfallene Gebäude die Asphaltstraße, die wiederum von einem großen, vertrockneten Wald eingeschlossen wurden. Wildtiere hatten sämtlichen Bäumen die Rinden auf der Suche nach Insekten abgerieben, wodurch die hölzernen Gewächse abgestorben waren. Eine ausgeblichene rot-weiße Schranke samt Pförtnerhäuschen markierte den Ortseingang. An der Architektur und den Werbetafeln erkannte man einen Supermarkt, eine Tankstelle und ein erstaunlich großdimensioniertes Paketzentrum. Ein lauer Wind ließ die Fensterläden und Holztüren knarren und durchbrach damit die gespenstische Stille. Nirgendwo ein Zeichen von Gefechten oder Verteidigungsstellungen. Eine einzelne Seitenstraße führte zur Wohnsiedlung, ansonsten gab es nur den Weg in die Berge. Angel dirigierte die Humvees in eine Böschung hinein und ließ absitzen.
»Sieht nicht so aus, als würde hier jemand leben«, murmelte sie mit zusammengekniffenen Augenlidern. »Aber wir riskieren trotzdem nichts. Butch, Victor, ihr bleibt bei den Wagen! Johnny, Kim, linke Straßenseite! Cassidy, du und Scott kommt mit mir! Verhaltet euch ruhig und nutzt eure Schalldämpfer!«
Sie ließ ihr Scharfschützengewehr zurück und nahm sich stattdessen eine leichte Maschinenpistole. Cassidy schulterte ihr Sturmgewehr, für das sie keine Modifikationen besaß, und zückte ihre Handfeuerwaffe. Johnny und Kim schraubten unterdessen lange, schwarze Zylinder auf ihre Gewehrläufe.
Cassidy befahl ihrem Hund die Suche aufzunehmen und arbeitete sich vorsichtig zum Postamt vor. Die Glasschiebetür des Eingangs lag in Scherben auf dem Boden. Angel schwenkte ihre Stabtaschenlampe quer durch den Raum, bevor sie das Gebäude gemeinsam betraten.
»Jede Menge Papier«, murmelte das Mädchen. »Das wäre was für unsere Schule!«
»Schon«, keuchte ihre erfahrenere Mentorin, die bereits ein Regal unter der Decke durchsuchte. »Aber deswegen sind wir nicht hier!«
Cassidy zuckte erschrocken zusammen, als aus einem der ungeöffneten Pakete eine kleine Schar aufgeschreckter Kakerlaken floh. Sie entschied daraufhin, dass sie die Post fremder Leute nichts anging, und stimmte Angel zu, die Untersuchung andernorts fortzusetzen.
***
Kim überprüfte unterdessen die Zapfsäulen der Tankstelle, während Johnny sie vom Eingang aus deckte.
»Die sehen sogar noch funktionstüchtig aus!«, rief sie ihrem Freund mit vorsichtigem Optimismus zu. »Nein, Fehlanzeige! Fehlt wohl der Strom, um sie zu betreiben.«
Gemeinsam arbeiteten sie sich zum Verkaufsraum vor. Die Regale standen säuberlich aufgereiht an den Wänden, nichts schien verwüstet worden zu sein, lediglich die Lebensmittelreste waren über die Jahre zu Insektenbehausungen mutiert.
»Hm, viel zu holen ist hier ja nicht mehr«, brummte Johnny enttäuscht. »Sieht
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