Die Endzeit Chroniken - Exodus (German Edition)
entwich aus dem fünfundzwanzig Jahre lang versiegelten Raum, so dass sich Cassidy beinahe übergeben musste und auch Angel nur mit viel Mühe die Kontrolle über ihren Körper behielt.
Es dauerte mehrere Minuten, bis sie sich wieder zu konzentrieren vermochten und das Überwachungszentrum mit vorgehaltener Hand untersuchten. Auf vier der sechs Drehstühle lagen verweste Kadaver, die sich genau wie der Wachsoldat selbst erschossen hatten und ebenfalls Gasmasken trugen. Keuchend schoben sie die Leichen vor die Tür und legten anschließend im Treppenhaus eine Pause ein, damit sich die Luft in der Zentrale mit dem Rest der Basis ausgleichen konnte.
»Was hier wohl passiert ist?«, fragte Cassidy, die ihrem Hund fassungslos zusah, der trotz des widerlichen Gestanks seinen Appetit nicht verloren hatte und auf einem Stück Brot herumkaute. »Wieso haben die sich alle selbst erschossen?«
Angel wischte sich den Schweiß von der Stirn und begnügte sich mit der Feldflasche aus ihrem beigefarbenen Armeerucksack.
»Vielleicht fühlten sie sich schuldig, dass ihr Machtgehabe die Welt zerstört hat?«, erwiderte sie zynisch, was die beiden umgehend zum Lachen brachte. »Ich frag mich allerdings, warum jeder von denen Gasmasken getragen hat.«
»Wegen dem Gestank?«, mutmaßte Cassidy, die von dem Verwesungsgeruch noch immer benebelt war.
»Nein, zu Lebzeiten haben die bestimmt besser gerochen«, antwortete ihre Freundin schmunzelnd und bat anschließend ihre Kameraden um einen Statusbericht.
»Hier sieht‘s aus wie in Franks feuchten Träumen!«, spottete Kims verzerrte Stimme aus den Ohrstöpseln. »Komplettes Einheitsgrau mit beliebig austauschbaren Einheitsuniformen und nicht der geringsten Spur von Individualität!«
Ein schadenfrohes Grinsen erschien auf Angels Lippen. Monroes Sinn für modisches Verständnis endete mit der farblichen Variation seiner Uniform je nach Einsatzgebiet, was regelmäßig mit Kims ausgeprägtem Verlangen nach Einzigartigkeit kollidierte.
»Ob man die Luft da drin schon atmen kann?«, überlegte Cassidy, die inzwischen wieder etwas Farbe im Gesicht bekommen hatte.
»Wir können ja mal nachsehen. Wenn nicht, lassen wir das halt die Männer machen!«
Cassidy warf Scott das letzte Stück Brot zu, schüttelte sich das endlos von der Decke tropfende Wasser aus ihren blonden Haarsträhnen und wollte gerade schmunzelnd den Rückweg antreten, als sie das Quietschen einer sich öffnenden Tür im Treppenhaus vernahmen. Angel beugte sich mit verschränkten Armen über das Geländer und leuchtete nach unten.
»Kim? Johnny?«, rief sie mit einer Selbstverständlichkeit in die Tiefe, als wäre der unterirdische Stützpunkt ihr Privatdomizil. Ihre Worte wurden hundertfach reflektiert und schallten durch den gesamten Aufgang, doch sie bekam keine Antwort. Das weckte Cassidys Neugier, die sie daraufhin mit ihrer Taschenlampe unterstützte. Für den Bruchteil einer Sekunde konnten sie einen Schatten erkennen, der blitzschnell aus dem Treppenhaus heraus huschte und aus den letzten Etagen zu kommen schien.
»Kim? Butch? Ist einer von euch momentan auf den Stufen unterwegs?«, fragte Angel leise in ihr Funkgerät.
»Negativ«, knisterte die raue Stimme ihres Mechanikers. »Wir sind auf Ebene sechzehn, genau über euch.«
»Die Soldaten haben scheinbar jeden Zugang zu Level einundzwanzig verbarrikadiert«, erwiderte Kim. »Johnny räumt gerade einen Schuttberg aus dem Weg, damit wir weiter können.«
Die romantische Abenteueratmosphäre war Angel sofort vergangen. Mit versteinertem Blick sah sie Cassidy in die Augen, die mit einem Nicken bestätigte, dass sie dasselbe gesehen hatte.
»Wir sind nicht allein!«, hauchte sie in ihr Funkgerät. Für einen Augenblick schwiegen die Ohrstöpsel der beiden Frauen. Sie blickten zusammen in die Tiefe hinab, doch der Schatten war verschwunden.
»Angel«, begann Kims verunsichert klingende Stimme. »Kannst du das nochmal wiederholen?«
»Auf den Stufen hat sich gerade etwas bewegt, unter euch«, flüsterte sie zurück. »Es könnten Jason und Sharon sein. Wir versuchen die Überwachungssysteme der Kommandozentrale zu reaktivieren und melden uns dann wieder!«
Gemeinsam mit ihrer Schülerin verließ Angel das Treppenhaus. Sie verhielt sich mit Absicht völlig ruhig, um Cassidy nicht unnötig zu verunsichern. Viel half das jedoch nicht, weshalb sie das Mädchen beiseite zog und ihr erklärte, dass wilde Tiere häufig Zugänge zu alten, unterirdischen
Weitere Kostenlose Bücher