Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
stark schwächen und Männer wie Torus warten nur auf eine solche Gelegenheit.«
»Und warum ...?«
»Sie wollte, dass du es erfährst«, schnitt Jade ihr das Wort ab. »Ich hätte es dir nie aus freien Stücken verraten. Vielleicht ist es ein Test oder ein Vertrauensbeweis.« Sie schüttelte den Kopf und setzte sich wieder gerade hin. »Ich würde dir jedoch empfehlen, es für dich zu behalten.«
Angel musterte sie auf der Suche nach einer Drohung aus den Augenwinkeln, doch wenn es eine gewesen war, versteckte Jade sie gut hinter ihrer versteinerten Fassade.
Nachdenklich tranken sie ihren Kaffee aus und lauschten den melancholischen Klängen von Henry. Angel vermutete insgeheim, dass Sydney ihn mit Absicht ein trauriges Musikstück einstudieren ließ. Es wirkte. Sie verspürte einen seltenen Moment des Mitleids, als sie die kleinen Zeichen der schleichenden Krankheit bemerkte. Sydney stützte sich auf das Klavier, wann immer sie aufstand, um die Seiten umzublättern, und musste sich sehr nahe über das Papier beugen, um die Noten erkennen zu können. Nur ihre eiserne Disziplin konnte sie in der Öffentlichkeit gesund und stark erscheinen lassen; zu einem hohen Preis.
»Ist es heilbar?«, flüsterte Angel.
»Angeblich hat man vor dem globalen Untergang einen Weg gefunden«, bestätigte Jade zurückhaltend. »Allerdings ist das Heilmittel im Laufe des weltweiten Feuersturms verloren gegangen. Die Nocturnals haben stehende Order, danach zu suchen. Bisher ohne Erfolg.«
»Und was ist mit Jiaos Leuten von der Biosphäre? Weiß Doktor Webb nichts darüber?«
»Vielleicht. Wir haben sie nicht gefragt.«
»Aber ...«
»Zhang Yuen würde die Information für seine eigenen Zwecke nutzen«, unterbrach sie Jade abermals. »Es wäre nur eine weitere Waffe in seinem Arsenal, mit der er das Imperium nach Belieben destabilisieren könnte. Das Risiko ist zu groß.«
Angel nickte zurückhaltend. Jades Worte deckten sich mit ihrer persönlichen Einschätzung Yuens, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht war und alle Menschen außerhalb seiner Biosphäre als minderwertig betrachtete. Mit Scarlets geheimem Peilsender hatte er den Beweis dafür geliefert. Selbst die Integrität von Dr. Webb stand seitdem in Frage.
»Worüber denkst du nach?«, fragte Jade, als sie Angels starren Blick in ihre Kaffeetasse bemerkte.
»Butch«, murrte sie zurück, so als wolle sie nicht darüber reden.
»Verstehe. Falls es dir hilft, Jiao hat Colonel Morgan dafür bitter bezahlen lassen.«
»Wer ist ...?«
»Morgan war einer der Handlanger von General Torus«, erklärte Jade. »Wenn Jiao ihn nicht erwischt hat, dann mit Sicherheit Johnny.«
»Ich hätte mich in Arnac nicht einfach absetzen dürfen«, brummte Angel.
»Du versinkst jetzt aber nicht in Selbstmitleid und wünscht dir, an Stelle deines Freundes erschossen worden zu sein, oder?«
Die Frage stellte Angel sich, seit sie von Butchs Schicksal erfahren hatte. Für gewöhnlich ließ sie sich vom Verlust eigener Truppen nicht runterziehen. Sogar den Tod von General Monroe hatte sie verhältnismäßig schnell verarbeitet und in konstruktive Rachegelüste umgewandelt.
Jade setzte zu einem neuen Versuch an: »Wenn du auf mich gehört ...«
Dabei stürzte Angel den Rest des Kaffees herunter und erhob sich aus dem Ledersessel. »Wo geht‘s jetzt hin?«
Sie wusste genau, worauf Jade hinauswollte. Sie hatte Angel in Arnac angewiesen, direkt zu Johnnys Lager aufzubrechen. Wäre sie Jades Rat gefolgt, hätte sie die Rettungsaktion vielleicht beschleunigen können, um Butch, Cole und Kim zu befreien. Stattdessen hatte sie erst Victor und dann Butch verloren. Ihre beiden engsten Vertrauten, denen sie ihren Sinneswandel verdankte.
Über ihr eigenes Versagen konnte Angel nicht mit Jade sprechen – und sie wollte es auch nicht. Die respektierte ihre Entscheidung und führte sie stumm aus dem Klavierzimmer.
***
»GRANT!«, brüllte eine Stimme aus dem Kommandantengebäude.
»Wir sind hier hinten, General!«, rief er mit einer Grillzange in der Hand zurück. Zusammen mit Captain Deveroux, Dog und einer Handvoll rangniederer Offiziere hatte er sich in den schattigen Hinterhof zurückgezogen.
»Was zum Teufel fällt ihnen ein, einfach meine Gasgranaten zu beschlagnahmen!?«, keuchte der ältere Oberbefehlshaber im Türrahmen. Er war auf der Suche nach Colonel Grant offenbar quer durch das Fort gestürmt.
»Befehl von oben, Sir«, antwortete dieser und wendete dabei in aller
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