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Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Versendaal
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unter Pygmäen und Urwaldlianen.
    Im Schlafzimmer ihrer Mutter öffnete sie die Türen des Kleiderschranks und fühlte in den Taschen der Jacken und Mäntel nach, die hier hingen, aber außer einem gefalteten Zettel fand sie nichts. Es war die Quittung eines Fotoateliers in der Lyrskovgade. Auf der Rückseite waren ein paar Sätze geschrieben, die sie nicht entziffern konnte, und eine Telefonnummer. Wenn man eine Nummer wählt, die mit zwei Dreien beginnt, das wusste sie, dann klingelt es irgendwo in Kopenhagen.
    Aus dem Boden des Schranks zog sie einen weißen Schuhkarton und öffnete ihn. Zuoberst lagen ein paar sorgfältig zusammengelegte Tücher. Sie hob eines nach dem anderen heraus, breitete sie auf dem Fußboden neben sich aus. Unten in der Kiste lagen feine Seidenstrümpfe und Strumpfhosen in kräftigen Farben. Sie nahm das oberste Paar und ließ, im Lichtstreifen eines Fensters hockend, die Seide durch die Finger gleiten. Sie schimmerte bläulich. Wenn sie den Stoff spannte, kam ein dunkles Rot dazu.
    Sie hörte ein Geräusch. Es kam aus dem vorderen Teil des Hauses. Ich bin alleine, dachte sie erschrocken, und die Haustür ist verschlossen. Vielleicht schlagen die Äste der Kastanie gegen das Küchenfenster, überlegte sie, sonst kann es nichts sein.
    Lautlos trat sie zur Kommode. Sie sah in den Spiegel und strich mit der Hand über die Marmorplatte. Staub blieb hängen, eine Wimper klebte auf ihrem Daumen. Sie schloss die Augen und pustete die Wimper in die Luft. Ihre Mutter hatte die längsten Wimpern, die es gab. Sie bog sie mit einer kleinen Bürste nach oben, damit sie noch länger aussahen.
    Sie bückte sich, zog das untere Fach der Kommode auf. Dort lag das Album mit Fotos von den Tanten und Onkeln aus Ljusne, graue Bilder, die sie sich schon oft gelangweilt angesehen hatte. Unter ihm lag ein anderes Album, das sie nicht kannte. Sie öffnete es.
    Ihre Mutter, die nackt am Strand steht, nur ein Handtuch hängt über ihrer Schulter und verbirgt ihren rechten Busen. Ihre Mutter nackt auf einem Pferd, ein schönes Bild, dachte sie. Ihre Mutter zwischen drei Männern in Badehosen. Der Hintern ihrer Mutter mit dem kleinen kreuzförmigen Mal mitten auf der linken Pobacke. Ihre Mutter vor einem Obstbaum, Arm in Arm mit einem bärtigen Mann. Und mit ihm stimmt etwas nicht, dachte sie. Sie sah noch einmal genau hin, hielt die blasse Fotografie auch in das Licht, aber ihr fiel nicht ein, was sie an ihm störte.
    Sie schlug das Album zu, ging in ihr Zimmer und versteckte es unter ihrer Bettdecke. Sie nahm Kleingeld aus ihrer Geldschachtel und lief quer über den Haschmarkt zur Telefonzelle in der Prinsessegade. Sie faltete den Quittungszettel auseinander, nahm den Hörer, warf eine Münze in den Schlitz und wählte die Nummer, die auf der Rückseite stand. Vielleicht hatten sie im Fotoatelier Mikkelsen ja Bilder von ihrer Mutter, die nie jemand abgeholt hatte? Der Hörer blieb stumm. Erst jetzt sah sie, dass die Schnur abgeschnitten worden war.

I ch kannte mal einen, sagte Holzapfel, der konnte hun dertsechzig Gramm Hasch im Arsch transportieren.
    Wenn sechs Männer lachen. Sechs Männer und eine Frau. Diese Frau bin ich. Aber willkommen bin ich in diesem Kreise nicht, kaum mehr als eine atmosphärische Störung. Immerhin: Jan sorgt für gute Laune, das rechne ich ihm an.
    Er stand mitten im Zimmer und stellte pantomimisch dar, wie der eine, den er mal gekannt hatte, sich humpelnd vor den Zollbeamten irgendeines Flughafens vorbeischlich, beschwert von seiner intestinalen Last. Schauspielerisches Talent fehlte ihm gänzlich, fand sie, der dunkelgraue Anzug aber, den er sich im Geschäft der Heilsarmee besorgt hatte, machte etwas her. Erstaunlich, wie leicht ein schicker Zweireiher über die Unzulänglichkeiten seines Trägers hinwegtäuscht.
    In welch einem Loch steckte sie hier!
    Kaum waren sie in Hallunda eingefahren, hatte sie die Orientierung verloren. Endlose Häuserfronten im Nieselregen, achtstöckige, sechsstöckige Plattenbauten, gespickt von Antennenschüsseln. Vor der ramponierten Eingangstür des Hauses im Höders Väg dann ein zweifelhafter Willkommensgruß, eine Warnung vielleicht schon: zwei Hundehaufen, knotige schwarzbraune Würste, die sich über eine gesamte Gehwegplatte ausbreiteten.
    Und nun auch noch Per Ola Forss, ein alter Freund Myrbäcks. Er lebte in einer Wohnung vom Zuschnitt eines Wohnwagens. Ein Mann in hellblauen Jeans, Jacke wie Hose. Seine Frisur glänzte, als wäre er gerade

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