Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)
Ein Finnlandschwede: Poffe, der Schnurrbart. Vier Schweden: Forss und Myrbäck, dann der Schweigsame und ich. Ein Deutscher: Holzapfel. Tatsächlich: Eine Wikingerhorde hatte sich hier zusammengefunden. Aber ein Mann fehlte ja noch, Myrbäck hatte von sieben Männern gesprochen. Wo war die Nummer sieben geblieben?
Jetzt erst sah sie den Dackel. Er lag schlafend unter dem Fernseher, man hatte eine Decke für ihn dort ausgebreitet. Ein Mann, der meist geschwiegen hatte, kraulte seinen Nacken. Das ist wohl sein Herrchen, dachte sie, das ist Gösta Göransson. Er ist cholerisch und brutal, hatte Myrbäck ihr erklärt. Und er weiß, dass dies sein Kapital ist. Man kommt mit ihm klar, wenn man seine Töle ab und zu streichelt.
Der Mann trug eine Jägerweste, abgeschlagen an den Ärmeln. Er hatte eine rötliche Gesichtshaut, und seine Ohren standen ab wie die eines Hirsches. Bestimmt kann er gut hören, dachte sie.
– Kommen wir doch mal zur Sache, sagte er mit knarziger Stimme. Den Dackel hatte er an seine Brust gehoben. Aufgeregt versuchte der Hund, Herrchens Kinn abzulecken.
Die Unterhaltung erstarb. Alle sahen auf. Keine Widerworte.
Forss fing sich als Erster. Er klopfte mit seinem Notizblock auf den Tisch. Tocke-di-tock. Tocke-di-tock.
– Also. Die Waffe: Poffe und ich, wir übernehmen das. Aku kümmert sich um die Skihauben, die Gasmasken. Myrbäck und der Deutsche besorgen die Fahrzeuge, euer Mädchen die Uniformen. Wer beschafft die Gasflaschen? Die Abflussreinigerpumpen? Das Benzin?
Arme hoben, Stimmen überschlugen sich. Es geht zu wie bei den Pfadfindern, dachte Sassie. Forss, selbsternannter Schriftführer, notierte eifrig, was an Aufgaben verteilt wurde. Das nervöse Umherwandern seiner Finger auf der Tischplatte steigerte sich zu Trommelwirbeln. Irgendjemand warf Fotos auf den Tisch. Sie zeigten brennende Geldtransporter auf einer Autobahnbrücke.
Im Durcheinander trat sie an das Wandregal, griff in eines der Biergläser, ließ eine Handvoll der Kugeln in ihrer Hosentasche verschwinden. Die Kugeln lagen rund und weich an ihrem Oberschenkel.
Holzapfel saß versunken in seinem Sessel und stierte sie an. Er schlug ein Bein über das andere und ruckelte an seinem Strumpf herum, schob den Finger unter den Stoff, zog ihn heraus. Sein Hemdkragen saß ihm zu eng am Hals. Sie sah die roten Streifen wunder Haut.
Demnächst würden sie zu tun bekommen, aber dafür hatte man sie ja ausgesucht. Autoknacker wie Jan und Knut standen auch nicht an jeder Straßenecke herum. Zwei Fluchtautos plus fünf Wagen, die als brennende Blockaden herhalten sollten. Dann noch ein Bus. Zwölf Meter lang, mindestens.
– Kein Problem, meinte Myrbäck.
Eine Sache noch, sagte Forss, während er sich mit einem Kugelschreiber unter der linken Achsel kratzte.
– Schafft sie das?, fragte er und sah in Sassies Richtung.
Wieso sieht er ausgerechnet mich an, dachte Sassie. Ein Moment verging in Stille, die Frage hing wie ein Rülpsen im Raum, dann begriff sie. Alle starrten auf sie.
– Ja. Kann man sich auf die Frau verlassen?, fragte jetzt auch der Schnurrbart.
– Was habt ihr gegen Frauen?, fragte Sassie ungläubig. Sie suchte nach Augenkontakt mit Myrbäck. Er sah angespannt aus. Sein Mund bewegte sich, bevor er sagte:
– Eine Frau muss dabei sein, wenn man ein Verbrechen begeht. Wenn sie einen erwischen, ist es immer strafmildernd. Weniger auffällig, weniger aggressiv.
– Frauen halten den Verstand wach, fügte Holzapfel auf Englisch hinzu.
Alle Köpfe drehten sich in seine Richtung. Die Männer nahmen Jan ernster als Myrbäck, das spürte sie, selbst wenn er kaum ein Wort in ihrer Sprache sprach.
– Wenn es zur Sache geht, kommt die Tussi dann alleine klar? Nun mischte sich auch noch der Jäger ein.
– Ist sie fit? Könnt ihr für sie garantieren?
Myrbäck und Holzapfel nickten eifrig.
Solche Sätze hatte sie zuletzt als Sechzehnjährige gehört, ihr langer Sommer in der Kettenfabrik von Ljusne. Wenn es hart auf hart kommt? Wenn Feuer ausbricht? Wie soll ein Mädchen es schaffen, die Notventile zu öffnen, was? Der Vorarbeiter, ein Mann von Ende vierzig, hatte sich geweigert, mit ihr in die Nachtschicht zu gehen.
Es klopfte. Forss trat vor die Tür, sah durch den Spion und öffnete.
Nummer sieben trat ein.
Heute trug er keine hellblaue Wollmütze, sondern eine feine Schicht Nieselregen auf seinen Locken. Juhani, unter Freunden auch Jukki genannt, lächelte in die Runde.
– Wir hatten schon das Vergnügen,
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