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Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Versendaal
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sagte er zu ihr gewandt.
    Er griff nach ihrer Hand. Vor Schreck traute sie sich nicht, sie ihm zu entziehen. Sie sah den abgetrennten Kaninchenkopf vor sich. Sie saßen also in einem Boot mit diesem Wahnsinnigen. In einem Boot, das untergehen würde, so viel wurde ihr in diesem Moment klar.
    Sie bekam kaum noch Luft in diesem Raum, den die Männer mit ihren Leibern und kräftigen Stimmen erfüllten. Bevor ihr speiübel wurde, warf sie ihren Anorak über und stürmte vor das Haus. Der Nieselregen hatte die Hundehaufen vor der Tür in eine breiige Lache verwandelt. Sie kniff ihre Nase zu und sprang in drei Sätzen auf die Straße. Minutenlang musste sie dagegen ankämpfen sich zu übergeben.
    Myrbäck raste über die engen Straßen Hallundas, bloß weg, zischte er, so ein verkacktes Scheißpech. Zweimal setzte er den Wagen krachend auf den Bremsschwellen auf, am Autobahnring übersah er eine rote Ampel. Eindringlich schlug Jan vor, in eine Kneipe zu gehen.
    In Huddinge hielten sie vor einem Lokal, das sich Pigge’s Pub nannte. Als sie die Tür öffnete, blickte sie in ein schwammig graues, hängendes Frauengesicht. Dunst von Bratenfett und warmem Bier lag im Raum, schwedische Schlagermusik lief.
    Finster und gemein sieht es auch hier aus, fand Sassie, aber nach dem, was sie heute schon erlebt hatte, schien ihr dieses Loch doch wie ein Arkadien.

N ein, wirklich, ihr folgt den Strandklippen aus grauem Gneis und zieht eine Linie am Horizont, bis eure Blicke auf die grüne Boje treffen und die drei kleinen Inseln dahinter, dort ist der Dalai Lama gekreuzt, an Bord eines Schärendampfers, ein Gast der Regierung. Ist echt wahr. Im Juli ’96, ich erinnere mich, weil es der Sommer war, in dem kein Regen fiel, bis die Brunnen austrockneten, und ich Olofsson kennenlernte, noch nicht als Liebhaber, aber wir küssten uns schon. Olofsson hatte sein Geschäft mit ein paar Mietwagen begonnen, und es waren die Herren aus der tibetanischen Delegation, alle in Dunkelorange, die seine Autos für zwei Tage anmieteten. Zu einem buddhistischen Preis, hatte Olofsson frohlockt, kleines Angebot und große Nachfrage, aber hier hört ja keiner hin, wenn ich aus meinem Leben erzähle.
    Sie alle denken nur an die Scheiße, in die sie sich geritten haben. Und wie sie da wieder herauskommen sollen. Als Herbergsmutter tauge ich euch, auch zum Haarschneiden bin ich gut genug. Obwohl. Sassie hat gezickt, hier nicht so kurz und dort lieber länger, und immer nur die Spitzen. Schon da hätte ich hinschmeißen sollen, die Schere, den Kamm, die Bürsten, aber dann hat mein Bruder gemeint: Einmal Friseuse immer Friseuse. Auch wenn es keine sechs Monate waren, die ich im Frisiersalon der Freundin in Eimsbüttel als Haarschneiderin verbracht habe, und so lange her, dass ich von Volumenwellen das meiste vergessen habe, den Namen des Salons völlig. Und jetzt stehe ich inmitten von Haaren, die glänzenden braunen Strähnen Malins sind als erste gefallen, dann sprenkelten die dunklen Büschel Sassies das Gras, und ich habe sie ihr doch zu kurz geschnitten, klammheimlich; jetzt kappe ich die Mähne Myrbäcks, durch die ich, es war einmal vor langer langer Zeit, mit liebesnassen Händen lüstern streichen durfte.
    Das Haar wellt sich über deinen Nacken, habe ich ihm gesagt, dafür bist du nicht jung genug, und er hat mich erschrocken angesehen. Jetzt fürchtet er, dass ich ihm einen Langweilerschnitt verpasse, alle zwanzig Sekunden fühlt er nach seinen Haaren und sagt, bloß nicht zu viel wegnehmen, aber ich sage, er soll endlich stillhalten und seine Haare in Zukunft selber schneiden. Ja, Heidi ist ein Zankteufel, Sassie hat es ihm vorhin geflüstert.
    Zankteufel! Ich halte meinen Arsch hin für euch. Und du vögelst mit Knut Giovanni und machst die Beine breit für Jan und stolzierst hier auf grünen Lacklederpumps durchs Gras wie auf den Champs-Élysées. Dabei hast du die Schuhe mitgehen lassen, ich weiß es doch. Deine kapriziösen Neigungen kotzen mich an. Kleine Diebe wie dich gibt es überall. Die nehmen sich einfach, was ihnen nicht gehört. Die ziehen in den Dreck, was sie anfassen, und auch mein kleiner Bruder ist ein liederlicher Charakter. Haltet ihr mich für blöd, für die Friseuse? Denkt ihr, ich habe es auf den Ohren? Wenn ich euch den Tisch decke unter Apfelbäumen, für Kaffee und Kuchen mit Sahne, und das Silberlöffelchen klimpert im Zuckerdöschen, oh wie lecker, aber sobald ihr mich außer Hörweite wähnt, sprecht ihr über

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