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Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Versendaal
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weiterzulesen.
    Mit einer scharf geschnittenen Linkskurve verließ der Bus die Hauptstraße. Sie fuhren auf der engen Straße parallel zu den hügeligen Rasenflächen des Golfplatzes. Auf ihrer Seite schichteten sich Felsen auf, dünn bemoost, manchmal glitzernd im Sonnenschein. Minutenlang blickte sie auf die kahle Stelle am Hinterkopf des Mannes vor ihr. Plötzlich drehte er seinen Kopf und sah sie fragend an. Sie blickte schnell aus dem Fenster. Er hat gespürt, dass ich ihn beobachte, dachte sie.
    Die Ansage der Buschauffeurin riss sie aus ihren Gedanken. Årsta Havsbad, Endstation. Überall entlang der Straße, die zum Fähranleger führte, standen Autos geparkt. Sie gehörten Ausflüglern, die den Tag über in die Schären fuhren und spät am Abend mit der letzten Fähre ans Festland zurückkehrten.
    Der Bus hielt, und der Mann mit dem Augentick erhob sich. Ohne ein Wort trat er vor sie, griff nach dem Käfig mit den Kaninchen und blickte sie fragend an. Wenn er unbedingt höflich sein will, dachte sie, soll er doch.
    Sie stieg aus dem Bus und ging hinter ihm her. Am Ende des abschüssigen Kiesweges sah sie das Fährboot am Steg liegen. Sein helles Weiß war umrahmt vom Glitzern der Sonne auf dem Meer. Es riecht nach Schiffsdiesel und nach warmem Moos, dachte sie, das ist fast schon der Sommer.

M yrbäck konnte auch mit Gewalt. Den Schwung einer Halb körperdrehung nutzend, wuchtete er den Kuhfuß in die Scheibe. Mit einem satten Klirren zersprang das Glas. Er hatte zu viel Fahrt aufgenommen, fast stürzte er dem Splitterregen hinterher. Das Kreischen des Alarms war ohrenbetäubend.
    Holzapfel sah ihm ungerührt zu. Mit einem Handbesen fegte er die Scherben aus dem Fensterrahmen, bis Myrbäck sich gefahrlos in das Auto hineinlehnen, das Handschuhfach öffnen und nach jenem Paket greifen konnte, für das sie bis zum Parkplatz des Tennisclubs von Lidingö angereist waren: die Fahrzeuganleitung eines Mercedes CLK 550 samt Inspektionsangaben inklusive Pflegeheft.
    Für den Export, hatte Per Ola Forss ihm erklärt. Für bereits gestohlene und ausgelieferte Wagen, die in Tirana oder in Donezk leider, leider von niemandem gefahren werden konnten, weil teure Auto mittlerweile doch eher rollende Computer waren mit angeschlossenem Fahrgastraum. Die Gebrauchsanweisung, die er jetzt in Händen hielt, beschrieb auf sechshundert eng bedruckten Seiten, wie ein 550-CLK-Modell zu bedienen sei. Gut möglich, dachte er, dass Autos demnächst intelligenter sind als ihre Fahrer.
    Forss hatte ihm eine umfangreiche Wunschliste mitgegeben. Wenn mal Zeit ist, hatte er gesagt. Nichts Eiliges. Bezahlung so lala.
    Handlangerarbeiten, dachte Myrbäck, mehr war kaum drin für sie derzeit. Es war direkt ehrkränkend, wenn er über ihre Situation nachdachte, doch dafür blieb im Moment keine Zeit. Während er mit Holzapfel davontrabte, quoll ein Trupp Männer in Shorts und weißen Hemden aus dem Eingangstor zur Tennisanlage hervor, alarmiert vom Geheule des Mercedes. Bevor sie ihn und Holzapfel entdeckten, umkurvten sie die Heckenwand. Ihr Fluchtwagen stand bereit, die Türen offen, der Motor im Leerlauf. Auf Sassie Linné war Verlass.
    Ihr erster Auftrag war abgehakt, Myrbäck sah zufrieden aus dem Fenster. Es war leicht bewölkt, für den Nachmittag hatte der Wetterbericht Sonnenschein überm Festland versprochen. Genau, was sie später brauchen würden.
    Er blutete aus einer Schnittwunde am Daumen. Autoscheiben einschlagen, das ist technisch kompliziert. Der Eintrittswinkel muss stimmen, der erste Schlag muss die Mitte der Scheibe treffen, jenen weichen Punkt, der das Glas in seiner Struktur zusammenhält. Oft springt es nur, das Schlagwerkzeug federt zurück und hinterlässt eine Fläche voller Milchglas.
    Myrbäck leckte an seiner Wunde und spuckte aus dem Fenster. An Pflaster hatten sie nicht gedacht.
    Bevor sie in Sickla vor einem Wettcafé hielten, zog sich Sassie die blonde Perücke vom Kopf. Er hatte sie sich gestern, als er in ihr Zimmer gegangen war und es leer fand, einfach übergezogen. Entsetzt stellte er vor dem Spiegel fest, dass er, umrahmt von diesem hellen Haarschwall, seiner Mutter ähnelte. Die Augen, die Kinnpartie.
    An einem Tisch vor der breiten Glasfront des Wettcafés lasen zwei ältere Männer in den rosaroten Sportbeilagen der Tageszeitungen. Ein Mann im Trainingsanzug beugte sich konzentriert über Quotentabellen. Holzapfel kaufte eine Packung Marlboro, Sassie ein Himbeereis, er selbst bestellte ein mit Käse

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