Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht sind das ja auch sinnlose Telefonnotizen. Sieht aus, als hätte er die Ziffern schnell hingekritzelt.«
»Vielleicht«, sagte Kjell. Er hielt den Zettel in die Höhe. »Kann ich den behalten?«
»Natürlich. Ich fotografiere ihn nur schnell mit dem Handy. Man weiß nie, ob man nicht plötzlich einen Geistesblitz hat und den Code knackt.«
»Gute Idee.« Er schob ihr den Zettel hinüber, und sie machte ein Foto. Dann kniete sie sich hin und räumte die Malsachen der Kinder auf.
»Weißt du schon, was du damit machen wirst?«
»Noch nicht, aber ich habe einige Archive im Sinn, in denen ich vielleicht mehr Informationen finde.«
»Bist du sicher, dass es nicht nur Gekrakel ist?«, fragte sie.
»Nein, aber wir sollten es trotzdem versuchen.«
»Melde dich doch, wenn du etwas Neues erfährst. Ich rufe dich an, sobald ich mehr weiß.« Sie schob die Kinder in den Flur.
»Klar, wir hören voneinander.« Er griff zum Telefon.
Das war wieder einmal typisch. Wenn Gösta zu spät kam, gab es einen irrsinnigen Aufstand, aber Patrik selbst konnte den halben Vormittag wegbleiben, ohne dass jemand die Augenbrauen hochzog. Erica hatte gestern Abend angerufen und von ihren Besuchen bei Ove Linder und John Holm erzählt, und nun wollte Gösta so bald wie möglich mit Patrik zu Leon fahren. Er seufzte über die Ungerechtigkeit des Lebens und widmete sich wieder der Liste.
Als eine Sekunde später das Telefon klingelte, stürzte er sich förmlich auf den Hörer.
»Hallo, hier Flygare.«
»Gösta«, sagte Annika. »Torbjörn ist am Apparat. Das Ergebnis der ersten Blutanalyse ist eingetroffen. Er wollte Patrik sprechen, aber vielleicht kannst du den Anruf entgegennehmen.«
»Selbstverständlich.«
Gösta hörte aufmerksam zu und notierte sich alles, obwohl er wusste, dass Torbjörn eine Kopie des Berichts faxen würde. Die Berichte waren in einer so komplizierten Sprache geschrieben, dass man sie einfach besser verstand, wenn Torbjörn den Inhalt mündlich wiedergab.
In dem Moment, in dem er den Hörer auflegte, wurde an seine offene Zimmertür geklopft.
»Annika sagt, Torbjörn hat gerade angerufen. Was hat er erzählt?« Patriks Stimme klang konzentriert, aber er sah mitgenommen aus.
»Ist was passiert?«, erkundigte sich Gösta, ohne Patriks Frage zu beantworten.
Patrik sank auf einen Stuhl. »Ich habe bei Martin nach dem Rechten gesehen.«
»Was ist mit ihm?«
»Martin ist für eine Weile beurlaubt. Vorerst für drei Wochen. Dann sehen wir weiter.«
»Warum denn das?« Gösta wurde immer nervöser. Er arbeitete nicht nur mit dem jungen Kerl zusammen, er mochte ihn wirklich. Es gab niemanden, der Martin nicht mochte.
Während Patrik berichtete, was er über Pias Zustand wusste, musste Gösta kräftig schlucken. Armer Junge. Und die kleine Tochter würde viel zu früh die Mutter verlieren. Wieder schluckte er, wandte sich ab und blinzelte hektisch. Er konnte doch nicht am Arbeitsplatz flennen.
»Wir müssen ohne Martin weiterarbeiten«, schloss Patrik. »Was hat denn Torbjörn gesagt?«
Gösta tupfte sich diskret die Augen ab, räusperte sich und nahm seine Notizen zur Hand.
»Das SKL hat bestätigt, dass es sich um Menschenblut handelt, aber aufgrund des Alters konnte keine DNA isoliert werden, um sie mit Ebbas Blut zu vergleichen. Daher ist auch ungewiss, ob es von einer oder mehreren Personen stammt.«
»Okay, das hatte ich in etwa erwartet. Und die Kugel?«
»Die hat Torbjörn gestern an einen Waffenspezialisten geschickt, der eine schnelle Überprüfung vorgenommen hat, doch leider ist die Waffe in keinem anderen ungelösten Fall verwendet worden.«
»Einen Versuch war es wert«, sagte Patrik seufzend.
»Jedenfalls hat sie ein Kaliber von neun Millimetern.«
»Neun Millimeter? Das macht die Suche nicht gerade einfacher.« Patrik sank auf einen Stuhl.
»Stimmt, aber Torbjörn sagte, die Züge hätten deutliche Kratzspuren am Projektil hinterlassen. Der Typ will die Kugel näher analysieren, um vielleicht herauszukriegen, um welchen Waffentyp es sich gehandelt hat. Wenn wir die Waffe haben, können wir sie mit dem Projektil vergleichen.«
»Dann brauchen wir die Waffe ja nur noch zu finden.« Er sah Gösta nachdenklich an. »Wie genau habt ihr das Haus und die Umgebung durchsucht?«
»Du meinst 1974?«
Patrik nickte.
»So gut es ging«, sagte Gösta. »Wir waren zwar nicht viele Leute, aber die Insel haben wir natürlich durchkämmt.
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