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Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Spatens und versuchte, durch die Nase zu atmen, was ihm aber nicht gelang. Sein Keuchen klang merkwürdig hier unten, als würde nicht er, sondern der Schacht ihn atmen, so sehr hallte das Echo von den Steinwänden wider. Allein der Blick nach oben konnte schon für Platzangst und eine Panikattacke sorgen. Von hier unten sah die Brunnenöffnung etwas größer als eine Radkappe aus. Darüber lag der bewölkte Himmel. Vom letzten Regen war der Boden noch aufgeweicht. Dorniges Wurzelwerk überzog den Grund und wucherte an den Steinwänden empor. Die Brüder Grimm hätten ihre wahre Freude an diesem Anblick gehabt.
    Unten maß der Brunnen etwa zwei Meter im Durchmesser. Platz genug, um den Boden ein wenig aufzugraben und mit dem Spaten in der Erde zu wühlen. Hogart krempelte sich die Hemdsärmel auf und trieb das Schaufelblatt in die Erde. Schon nach wenigen Minuten lief ihm der Schweiß über den Rücken, und das Hemd klebte ihm nass auf der Haut. Irgendwann wischte er sich den Schweiß von den Augenbrauen, danach haftete die Erde auch noch in seinem Gesicht. Nach etwa einer Viertelstunde gab er auf. Er hatte nicht das Geringste gefunden. Als einziges Resultat blieb: Er sah dreckiger aus als nach seinem Abstieg in die Schlucht zum Wagen der Bohmanns - und mittlerweile versank er mit seinen Lackschuhen immer tiefer im Schlamm. Madeleine hatte rein gar nichts hier unten versteckt. Eigentlich hätte er sich das denken können, nachdem er keine fremden Spuren im Wurzelwerk entdeckt hatte.
    Kaum hatte er den Fuß auf die Leiter gesetzt, um nach oben zu steigen, läutete sein Handy in der Brusttasche. Der Klingelton hallte unheimlich an den Wänden wider. Was für ein bedrückender Klang. Bestimmt war es Garek, der sich wunderte, wo er steckte.
    Hogart meldete sich, ohne zuvor aufs Display zu sehen.
    »Hallo, Herr Hogart. Wir haben noch nichts von Ihnen gehört.« Eine widerliche Stimme mit einem süffisanten Unterton. Kohlschmied. Der kleine schmierige Außendienstleiter von Medeen & Lloyd hatte wieder mal seine Fühler ausgestreckt, um ausgerechnet dann anzurufen, als es am unpassendsten war. Andererseits wäre sein Anruf innerhalb der letzten Tage zu jedem Zeitpunkt unpassend gewesen.
    »Es ist 14.00 Uhr. Wann gedachten Sie, uns anzurufen?«
    Schon 14.00 Uhr? Hogart wischte sich den Schweiß mit dem Ärmel von der Stirn. »Ich habe erst unlängst mit dem Labor telefoniert.«
    »Ich weiß«, unterbrach Kohlschmied ihn. »Der Bericht des Chemikers liegt uns mittlerweile vor. Ich finde es interessant, dass Sie sich nicht die Mühe machen, uns anzurufen, um uns über den Stand der Ermittlungen zu informieren. Oder sind Sie anderweitig beschäftigt? Wie ich höre, sitzt Ihr Bruder in Untersuchungshaft, und Sie selbst haben eine Anzeige von der Staatsanwaltschaft am Hals. Ständig schlittern Sie in irgendeinen Schlamassel und verlieren das ursprüngliche Ziel aus den Augen. Was immer Sie im Augenblick treiben, ich bin mir sicher, es hat nichts, rein gar nichts, mit unserem Fall zu tun!«
    »Ich ermittle!«, entfuhr es Hogart. Hätte er eine Möglichkeit gehabt, wäre er Kohlschmied in diesem Moment an die Kehle gesprungen. »Ich wate durch einen Morast und wühle im Moment ziemlich viel Schlamm auf.« Im wahrsten Sinn des Wortes. »Geben Sie mir noch ein paar Stunden, dann weiß ich mehr.«
    »Hogart …« Kohlschmied seufzte, als stünde er kurz davor, die Nerven zu verlieren. »Sie erinnern sich, was Sie unterschrieben haben?«
    Wie konnte er das vergessen? Die Konkurrenzklausel, die ihm der Mistkerl untergejubelt hatte, band ihn für ein halbes Jahr an die Versicherung, falls es ihm nicht gelang, eine Brandstiftung nachzuweisen. Dann musste er die Akontozahlung zurückerstatten und konnte sich sein Honorar in die Haare schmieren.
    »Sollten wir diesen Fall nicht bis heute Abend zum Abschluss bringen, droht uns eine Zahlung in Höhe von sieben Millionen Euro. Haben Sie eine Ahnung, wie lange die Kollegen arbeiten müssen, um diese Summe zu verdienen?«
    Ja, das konnte er sich ausrechnen. Aber so war die Versicherungsbranche nun mal. »Ich bin auf dem besten Weg, Ihnen eine Brandstiftung zu servieren - ich brauche nur noch etwas mehr …«
    »Wie denn? Mit ein paar Glasscherben, einem geschmolzenen Kanister und ein paar Prozent von irgendwelchem bleifreien Spurenelemente-Quatsch? Das beweist noch lange keine Brandstiftung.« Kohlschmied redete sich in Rage. »Glauben Sie, die Rechtsanwälte der Gebietskrankenkasse lassen uns

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