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Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Benzinspuren. Super Plus, bleifrei, mit einundzwanzig Prozent Alkene, der Rest interessierte Hogart nicht. Außerdem war der Chemiker heute Morgen im Archiv gewesen, um sich die Stelle anzusehen, die Domenik ihm beschrieben hatte. Er vermutete, dass es sich wegen der enormen Plastikmenge um zwei Benzinkanister mit je zwanzig Liter Inhalt gehandelt haben musste: schwarze Behälter mit grünem Drehverschluss und einem grünen abmontierbaren Auslaufrohr. Aufgrund des hohen Ascheanteils hatte wahrscheinlich auf jedem der Kanister ein großes Papieretikett geklebt. Eine Marke konnte er nicht nennen. Es würde Dutzende geben, die infrage kämen, und Hogart solle ihm nicht länger auf die Nerven gehen. Im Moment reichte Hogart diese Antwort. Er steckte das Handy in die Brusttasche.
    Als Hogart den Umkehrplatz der Autobusse passierte, bemerkte er, wie sehr sich der Horizont verdunkelte. Die Wolken bedeckten mittlerweile den gesamten westlichen Himmel. Heute Abend würde es noch ein grässliches Gewitter über der Stadt geben - wie damals, als er mit Madeleine in der Engelsmühle gewesen war.
    An jener unscheinbaren Stelle zwischen den Föhren bogen sie in den Waldweg ab. Das schmiedeeiserne Tor stand offen. Die Jungs von der Cobra hatten es bestimmt mit Schweißbrennern geöffnet. Garek folgte Hogarts Wagen, bis sie die Bergkuppe erreichten. Sie parkten die Autos vor dem Brunnen. Bevor Hogart ausstieg, legte er sich das Schulterholster um und steckte die Glock ins Leder. Sicher war sicher.
    Krajnik von der Spurensicherung war der lange Kerl mit Wuschelkopf und John-Lennon-Brille, den Hogart bereits vor Faltls Wohnung gesehen hatte. Er sah tatsächlich noch ziemlich verschlafen aus. Er und Garek trugen jeweils zwei große Koffer, in denen sich Krajniks Werkzeug befand. Hogart führte sie am Brunnen und dem Vorratskeller vorbei zum Holzschuppen. Dort gab er ihnen den Schlüsselbund vom Brett oberhalb des Türpfostens.
    »Ich habe mit Margaret Braunstorfers Kanzlei am Landesgericht telefoniert und deinen Termin wegen dringender Ermittlungen verschoben.« Garek ließ die Schlüssel in der Hosentasche verschwinden. »Das war’s, wir finden den Weg allein zurück.«
    »Ich warte so lange hier.«
    »Wozu? Das kann Stunden dauern.«
    Hogart nickte zur Mühle. »Falls ihr da drin Hinweise findet, die mit dem Brand in der Gebietskrankenkasse zu tun haben, möchte ich das wissen.«
    »Alter, du gibst wohl nie auf, oder? Das war keine Brandstiftung«, murrte Garek.
    »Ja, ja, denk an mich, falls euch etwas Merkwürdiges unterkommt.«
    Während Garek und Krajnik zum Eingang der Mühle marschierten, blickte sich Hogart auf der Bergkuppe um. Bei Tageslicht sah die Umgebung nicht so gespenstisch aus wie in der Nacht. Erst jetzt bemerkte er, dass Madeleine nicht bloß eine, sondern mehrere Marderfallen aufgestellt hatte. Auf Anhieb zählte er sieben Holzkäfige. Bei jedem stand die Klappe offen. Die Stahlfedern waren gespannt, und auf den Wippen lagen mit Kot beschmierte Hühnereier, die sich Madeleine vermutlich von einem Bauernhof besorgt hatte. Wenn hier derart viele Fallen herumstanden, musste es im Wald nur so von Mardern wimmeln. Er hasste diese Viecher, und am liebsten würde er jenen Kerl fangen, der in der Schlucht auf dem Dach des Mercedes herumgehüpft war, während er selbst unter dem Auto gelegen hatte.
    Einige Minuten, nachdem die beiden Ermittler in der Mühle verschwunden waren, ging im ersten Stock das Licht an. In den Räumen würden sie wohl längere Zeit beschäftigt sein.
    Hogart ging zur Mühle und betrat das Atelier. Die massiven Steinmauern konservierten die Kälte, sodass ihn fröstelte. Es roch nach Ölfarben und den Petroleumlampen, die an den Deckenbalken hingen. Automatisch steuerte er den Tisch an, auf dem die Mappe mit Tod Brownings und Albert Gaugins Briefverkehr lag. Die Schreiben Gaugins, jenes Arztes und Wissenschaftlers aus dem Wiener Narrenturm, interessierten ihn nicht … aber die Briefe Brownings! Hogart konnte es immer noch nicht fassen, dass hier Schriftstücke mit Gedanken, Ideen und Vorschlägen zu Brownings Film Freaks lagen, die knapp achtzig Jahre alt waren. Seine Hände zitterten, als er das pergamentähnliche Papier anfasste und über die Tinte strich. Brownings Unterschrift war so kräftig und schwungvoll. Was würde er dafür geben, dieses Dokument zu besitzen - eingerahmt an der Wand, unmittelbar neben dem Brief von Gustav Meyrink, den er letztes Jahr aus Prag mitgenommen hatte.
    Als er

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