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Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Bewegung!«
    »Schieß mir doch in die Kehle«, presste er hervor. »Dann erfährst du nie, wie ich an das Video gekommen bin.« Er kippte zur Seite, schob die Finger zur Waffe und berührte fast den Griff. Solange er noch die Kraft zum Atmen hatte, würde er nicht aufgeben.
    Rasch fuhr sie im Rollstuhl heran und rollte über seine Hand. Sie stemmte sich im Sessel hoch und ließ sich in das Sitzkissen fallen. Hogarts Mittelfingerknochen knackten. Der Schmerz fuhr ihm durch den Arm bis zur Schulter. Ehe er die Hand zurückziehen konnte, wendete sie den Rollstuhl und fuhr ihm erneut drüber, diesmal über die Handwurzelknochen. Hogart brüllte auf. Doch dann biss er die Zähne zusammen und lachte.
    »Was ist so lustig, du miserabler Detektiv?«, zischte sie.
    »Deine Eltern haben dich ein Leben lang die Schuld spüren lassen, weil Linda im Rollstuhl sitzen musste!«, spie er aus. »Immer wieder wurdest du damit konfrontiert. Als es in der Silvesternacht wieder zu einem Streit kam, hast du ihren Tod geplant.«
    »Du hältst dich wohl für ziemlich schlau, Einstein.«
    »Aber warum musste Linda sterben? Ist sie hinter dein Mordkomplott gekommen? Hat sie etwa gesehen, wie du unter den Mercedes gekrochen bist und den Bremsschlauch durchtrennt hast?«
    »Du hast keine Ahnung, wie es ist, ständig im Schatten zu stehen, ständig wie die zweite Wahl behandelt zu werden«, fauchte sie.
    Er dachte für einen Moment an Kurt und seine Mutter. Und ob er das wusste!
    »Nachdem ich Lindas Leiche im Vorratskeller vergraben hatte, schlüpfte ich in ihre Rolle … nur für ein paar Tage, bis das Erbe der Eltern aufgeteilt worden war. Doch plötzlich empfing ich Anerkennung von allen Seiten, aber auch Mitleid und Anteilnahme. Mit einem Mal stand ich im Mittelpunkt, als gehe von Linda und diesem verfluchten Rollstuhl eine Art Magie aus. Ich konnte mich entfalten, alles tun, was mir bis dahin verwehrt geblieben war, und lebte endlich den Ruhm einer Kunstdozentin aus. Plötzlich fragten mich die Leute nach meiner Meinung und …« Der Rest des Satzes ging in einem Donnergrollen unter.
    Mittlerweile hatte Hogart das Gefühl, dass sie gar nicht mehr mit ihm, sondern zu sich selbst sprach, als wollte sie sich für das rechtfertigen, was sie getan hatte, - oder schlimmer - die schönen Momente noch einmal durchleben.
    Schlagartig begriff Hogart die Zusammenhänge. »Als dich Ostrovsky in jener Nacht besuchte, sah er deine nackten Oberschenkel. Sie waren nicht verkümmert, sondern muskulös.«
    »Es heißt atrophisiert, du Idiot!« Sie beugte sich über die Lehne des Rollstuhls, griff nach der Pistole und schleuderte sie in die gegenüberliegende Ecke des Raums. »Ostrovsky sah nur einen Oberschenkel, und der war nicht mit den Narben der Schereneinstiche übersät. Kannst du dir seine Ratlosigkeit vorstellen? Er konnte sich wohl nicht mehr daran erinnern, ob das linke oder rechte Bein verstümmelt worden war, daher kramte er zu Hause seine alten Videobänder hervor.«
    Sie lächelte schwach. »Trotz der Fehler, die du vorhin so schlau erwähnt hattest, wäre alles glattgegangen. Madeleine wird des Mordes angeklagt - nicht Linda! Sie stand sogar unter Polizeischutz. Ich musste nur noch Lindas Leiche verschwinden lassen und für immer Lindas Platz einnehmen. Das perfekte Versteck, um unterzutauchen.« Sie atmete tief durch. »Nach allem, was passiert ist, nehme ich an, dass du Lindas Leiche entdeckt hast.« Er schüttelte den Kopf.
    »Die Erde unter deinen Fingernägeln! Glaubst du, ich bin blind? Du hast den Keller aufgegraben, du hast mein Leben aufgewühlt, du hast von Anfang an alles umgekrempelt… obwohl es dich nichts anging!«, zischte sie mit hochrotem Kopf.
    Sie zerrte die Wolldecke von den Beinen. Eine lange spitze Schere kam zum Vorschein. Ein gewaltiger Blitz erhellte das Atelier, dass Hogart die Elektrizität im Raum förmlich auf der Haut und in den Haarwurzeln spürte. Gleichzeitig brachte der Donner die Dielenbretter zum Erzittern.
    Madeleine umklammerte die Schere und erhob sich aus dem Rollstuhl.

27
     
    Als Madeleine ihn erreichte, holte sie mit der Schere aus. »Woher hatte Ostrovsky das Video?«
    »Ich weiß es nicht.« Hogart versuchte, Madeleines Attacke mit den Händen abzuwehren, doch er konnte die Arme nicht heben.
    Madeleine ging in die Hocke und trieb die Scherenspitze in seinen Oberschenkel. Der Schmerz ging ihm durch Mark und Bein. Er biss die Zähne zusammen und schrie erst dann auf, als sie die Klinge wieder

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