Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
finden.«
»Mich hat er jedenfalls schon gefunden!«, sagte sie.
»Du hast ihn gesehen?« Sein Blick umwölkte sich. Er runzelte die Stirn. »Wo? Wann?«
»Gerade eben. Auf dem Marktplatz. Er hat mich mit dem Namen angesprochen, mit dem Kapitän Lasser mich ihm vorgestellt hat, erinnerst du dich? Gough. Er hat mich Mistress Gough genannt. Und er hat nach dir gefragt. Er wollte wissen, wo wir wohnen.«
»Hast du es ihm gesagt?«
»Nein, ich habe ihn angelogen. Ich habe einfach einen Straßennamen erfunden.«
»Wie glücklich kann sich ein Mann schätzen, wenn er eine Frau hat, die nicht nur schön, sondern auch so klug ist wie du. Jedenfalls kennt er unseren wahren Namen nicht.« Er nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. »Mach dir bitte keine Sorgen, mein Liebling. Antwerpen ist eine sehr große Stadt. Es ist also höchstunwahrscheinlich, dass wir ihm zufällig noch einmal begegnen, und falls doch, dann weiß er nicht, wer wir sind – dank dem braven Kapitän.«
Kate entging jedoch nicht, dass er, trotz seiner zuversichtlichen Worte, einen verstohlenen Blick aus dem Fenster warf.
»Ich glaube nicht, dass er mir gefolgt ist. Ich war sehr vorsichtig. Deshalb bin ich auch so lange weg gewesen.«
»Siehst du, was habe ich gesagt? Schön und klug.« Er hob den Deckel vom Korb und spähte hinein. »Also, was haben wir denn da? Ich habe übrigens auf den berühmten und köstlichen Eintopf mit Kaninchen und Klößen verzichtet, nur um mit meiner schönen und klugen Frau Brot und Käse zu essen.«
»Nur Brot. Keinen Käse. Schließlich musste ich den Markt überstürzt verlassen.« Das Bild des schwankenden Apfelkarrens kam ihr in den Sinn. »Aber ich habe ein paar schöne, knackige Äpfel.«
»Und eine Flasche gutes Bier, die Mistress Poyntz uns geschickt hat«, sagte er. »Das Leben ist schön. Mach dir keine Sorgen. Ich werde auf dich aufpassen.« Er küsste sie. Es war ein langer, befriedigender Kuss, bei dem ihre Kopfhaut zu kribbeln begann.
»M…hm. Das Leben ist schön«, sagte sie. »Und lass dir die Äpfel schmecken. Möglicherweise sind das für eine ganze Weile die letzten, die wir bekommen.« Sie lachten beide herzhaft, als sie ihm von dem umgekippten Apfelkarren erzählte.
Aber obwohl er so tat, als wäre er nicht im Geringsten beunruhigt, fiel ihr auf, dass er mehrmals die Straße vor dem Fenster absuchte. Als es dunkel wurde und sie die Kerzen anzündeten, schloss er die Fensterläden, und die Brise dieser warmen Sommernacht war nicht mehr zu spüren. Sie dachte an Stephen Vaughan und betete, dass er sie nicht irgendwo im Verborgenen beobachtete, wenn morgen die Bibelfrauen kamen.
Im großen Saal in Chelsea war es unerträglich heiß. Lady Alice hatte daher angeordnet, das Abendessen draußen im Hof zu servieren. Sie begutachtete die Tafel. Alles war so, wie es sein sollte: Die zweitbesten Teller, die aus Zinn und nicht die aus Silber, standen auf dem schneeweißen Leinen. Es würde ein einfaches Mahl geben: Hering in Aspik und Lammkotelett, gelagert auf einem Bett aus Minzblättern im kühlen Keller, dazu in Essig eingelegte Gurken und Zwiebeln, die mit Kräutern aus ihrem eigenen Garten und mit importiertem Pfeffer gewürzt waren. Außerdem Brot und frische Butter. Eine einfache Eiercreme, mit feinem weißem Zucker bestäubt, würde die Mahlzeit abrunden, die auch dem Franziskanermönch aus Canterbury zusagen sollte.
Sie zögerte, dann nahm sie die große Schüssel mit Eiercreme vom Tisch und drehte sich zum Haus um. Der Franziskaner würde den weißen Zucker aus Frankreich vielleicht als unnötige Verschwendung ansehen. Es blieb jedoch keine Zeit mehr, eine neue Creme zubereiten zu lassen. Sie würde stattdessen Käse und frische Birnen servieren. Sie drehte sich wieder um und stellte die Schüssel auf den Tisch. Nein, es war die Tafel des Lordkanzlers von England, und selbst ein bescheidener Besucher konnte mit etwas Besonderem rechnen.
Dennoch wandelte sie als Gastgeberin permanent auf einem schmalen Grat, da sie nie mit Sicherheit sagen konnte, wen sie an ihrem Tisch zu Gast haben würde. Thomas hatte die Angewohnheit, denjenigen zum Essen einzuladen, der ihm gerade einfiel, sei es ein Richter der Krone, ein Künstler auf der Durchreise oder ein Universitätsgelehrter. Es konnte auch ein Bettler sein, ob dies jedoch aus Wohltätigkeit oder aus intellektueller Neugier geschah, hatte sie bis zum heutigen Tage nicht herausfinden können. Manchmal lud er auch mehrere Gäste
Weitere Kostenlose Bücher