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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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Briefe, Meg! Man hat einen Mann an einen hölzernen Pfahl gebunden und verbrannt, weil er Briefe an William Tyndale mit sich führte!«
    Meg erinnerte sich mit Unbehagen an das eine Mal, als sie ohne Erlaubnis im Garten spazieren gegangen war. Ihr Vater, den sie immer für den sanftmütigsten Menschen auf Erden gehalten hatte, hatte sie damals sehr gescholten. Sie erinnerte sich daran, dass sie öfter seltsame Schreie in der Pförtnerloge gehört hatte, von der sie und der Rest des Haushalts sich fernzuhalten hatten.
    »Das sind doch alles bösartige Lügen, die von seinen Feinden verbreitet werden«, beharrte sie. »Jeder große Mann hat Feinde. Du musst zugeben, dass er deinen reformatorischen Ansichten gegenüber sehr nachsichtig ist. Er kann also gar nicht so schlimm sein, wie du sagst.«
    »Mach die Augen auf, Margaret. Der große Thomas More hat Petite’s Quay persönlich durchsucht und John Petite, ein Mitglied des Parlaments und Bürger Londons, inhaftiert, obwohl er bei ihm kein einziges verbotenes Buch gefunden hat.«
    William riss ein Stück Brot ab und zeigte damit auf sie, um seine Worte zu unterstreichen. »Jemand sollte mit ihm reden. Jemand sollte ihn aufhalten. Nicht einmal Wolsey hat das Gesetz so bedenkenlos missachtet. Cuthbert Tunstall mag zwar ein Speichellecker des Papstes sein, aber im Gegensatz zu Stokesley zieht er bei Folter und Verbrennung eine Grenze. Wenn die Opfer deines Vaters ihm berichten, was er ihnen angetan hat, dann lächelt er einfach und behauptet, dein Vater habe lediglich versucht, verlorene Seelen zu retten. Unter ihm und dem neuen Bischof von London wird es jedoch schon bald keine Seelen mehr geben, die gerettet werden können.«
    »Möchtest du noch etwas Porridge?«, fragte sie und hoffte damit das Thema wechseln zu können. »Das ist leider alles, was wir haben. Die Köchin ist aber schon dabei, Blutwurst zu machen. Du magst doch Blutwurst.«
    Er ließ sich jedoch nicht so leicht vom Thema abbringen. Es war, als wäre ein Damm bei ihm gebrochen. Die Worte sprudelten weiter aus ihm heraus. Sie hatte nicht im Geringsten geahnt, welchen Groll er gegen ihren Vater hegte.
    »Es gibt da einen Buchhändler aus Cambridge, sein Name ist Nicholson. Er schwört, dass dein Vater ihn fünf Tage lang geschlagen hat, während er an einen Pfosten in seinem Garten gefesselt war und man Schnüre um seine Stirn gebunden hatte. Fünf Tage – bis er ohnmächtig wurde. Du solltest wirklich mit deinem Vater reden, Meg. Du bist die Einzige, die einen gewissen Einfluss auf ihn hat. Rede mit ihm, wenn du ihn liebst. Er berauscht sich nämlich an seiner Macht.«
    »Ich werde mit ihm sprechen«, versprach Meg, damit er endlich aufhörte. Sie war sich sicher, dass ihr Vater für jeden dieser absonderlichen Vorwürfe eine nachvollziehbare Erklärung hatte.
    »Wann?«, fragte er mit Nachdruck.
    »Wenn die Zeit dazu reif ist, William. Ich werde ihn mit den Gerüchten konfrontieren, und dann wirst du sehen, dass er auf all diese Beschuldigungen eine befriedigende Antwort geben kann.«
    »Dich wird das vielleicht zufriedenstellen«, sagte er, »aber ich bezweifle, dass das auch für andere gilt.« Dann erhob er sich vom Tisch und ging hinaus, ohne ihr wie üblich einen Kuss auf die Wange zu geben.
    Die schockierende Neuigkeit, dass John nach England, in die Höhle des Löwen, gereist war, ohne mit ihr darüber zu sprechen, machte Kate zunächst unglaublich wütend. Doch schnell gewann die Angst um ihn die Oberhand. Eine Woche vor Weihnachten stand er dann endlich wieder vor ihrer Tür, abgerissen und ungekämmt, dass sie ihn kaum wiedererkannte. Als er sie voller Freude in die Arme schloss, fragte sie sich, ob ihm überhaupt nicht bewusst war, wie verlassen sie sich gefühlt und welchen Seelenqualen er sie ausgesetzt hatte.
    »Es gibt nur wenige wohlhabende Männer, mein Schatz«, hatte er gesagt. »Man muss sich also unter die Menge mischen, aber man darf dabei nicht wie ein Vagabund aussehen. Vor dir steht ein ganz gewöhnlicher, arbeitender Freisasse«, sagte er, »der sich nichts sehnlicher gewünscht hat, als zu seiner wundervollen Frau nach Hause zu kommen.« Dann küsste er sie. Er roch nach dem Staub der Straße, aber seine Lippen schmeckten süß wie Honig.
    »Ich habe sogar ein Papier gefälscht, das besagt, dass ich in Lohn und Brot bei einem gewissen Sir Sidney Stottlemeyer stehe«, sagte er, als er sie wieder losließ. Er griff in sein ledernes Bündel und gab ihr ein Dokument, damit sie

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