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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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als Mann verkleidet den Fluss hinaufzufahren, um die Arbeit eines Mannes zu tun. Aber Gott hatte ihr Tun doch damit belohnt, dass er sie mit John vereint hatte. Und noch ein weiterer Gedanke schnitt ihr wie eine glühende Zange in ihr weiches Fleisch.
    Konnte es sein, dass ihr weiblicher Stolz der Grund dafür war, dass das Baby in ihrem Bauch gestorben war?
    War das die Strafe Gottes? Gute Taten wurden belohnt, Missetaten bestraft, das zumindest sagten die Priester. Aber daran glaubst du doch nicht, Kate Frith. Ein Gott der Barmherzigkeit und Gnade, sogar ein Gott der Gerechtigkeit, würde doch nicht dein unschuldiges Baby für deine Sünden bestrafen. Dann drängte sich ein anderer Gedanke in den Vordergrund. Aber vielleicht dachte Gott, dass sie eigensinnig war und sich deshalb als Mutter nicht eignete?
    Nein. (Hatte sie das laut gesagt? Catherine murmelte etwas Unverständliches im Schlaf und drehte sich um.) Eine solche Vorstellung lehnte Kate rundweg ab. Die Lutheraner glaubten an die Gnade, verweigerten sich dem Bild eines strengen Gottes, der in der einen Hand die Peitsche und in der anderen einen gut gefüllten Beutel voller Münzen hielt.
    Warum also hielten sie ihre widerstreitenden Gedanken wach? Vielleicht, weil sie einfach zu dumm war, um das alles zu verstehen, vielleicht auch nur, weil sie eine Frau war? Nein, das stimmte nicht. Wenn sie dumm war, dann lag das bestimmt nicht daran, dass sie eine Frau war. Sie hatte die Teile des Alten Testaments, die John und Tyndale bereits übersetzt hatten, sorgfältig gelesen und war dort auf viele Frauen gestoßen: auf starke Frauen wie Judith, Deborah und Esther. Und auch im Neuen Testament kamen Frauen vor. Dorcas, Phoebe und Lydia von Philippi, an die der Apostel Paulus einen Brief gerichtet hatte: »Ich danke meinem Gott jedes Mal, wenn ich an Euch denke …« Tapfere Frauen, die sich ebenfalls unter großem persönlichem Risiko getroffen und gebetet hatten.
    Eines stand fest: Sie, Kate, hatte es, im Gegensatz zu den Frauen aus Leuven, nicht nötig, ihren Ehemann zu täuschen. Sie würde ihm die Wahrheit sagen, ihm erzählen, dass die Zahl der Frauen immer größer wurde und dass sie genauso entschlossen und ernsthaft an die Sache glaubten wie er und seine Kameraden, die man mit ihm zusammen in diesem Keller in Oxford eingesperrt hatte. Er würde ihr die Treffen nicht verbieten.
    Als sie einschlief, stellte sie sich vor, wie er allein in seinem Bett lag. Sie fragte sich, ob er sie vermisste.

29

    Der Geist des Irrtums und der Lüge hat seine elende Seele aus dem kurzen Feuer direkt in das ewige Feuer mitgenommen. Und dies ist Sir Thomas Hitton, des Teufels stinkender Märtyrer, mit dessen Feuertod Tyndale prahlt.
    Sir Thomas More zum Tod von Thomas Hitton.
    E r … verstößt … gegen … das Gesetz! Euer Vater, der angeblich größte Verteidiger des Gesetzes in England, missachtet das Gesetz, als wäre er der Gesetzgeber und nicht sein Hüter. Das Gesetz ist eindeutig und lässt keine Auslegung zu. Alle Personen, die der Ketzerei angeklagt sind, müssen den weltlichen Behörden übergeben werden.«
    »Aber er vertritt doch eine weltliche Behörde«, sagte Meg Roper so ruhig wie möglich, um ihren Mann zu besänftigen.
    »Es gibt vom Gesetz vorgeschriebene Verfahren, und er setzt sich einfach darüber hinweg.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. Etwas von dem Porridge, das sie zum Frühstück aßen, schwappte aus der Schale.
    »Psst, William. Die Diener könnten dich hören«, sagte sie, während sie die Lache aufwischte.
    Er senkte die Stimme, aber nur unwesentlich.
    »Ich sage dir, er verliert langsam den Verstand. Er ist vom Verbrennen geradezu besessen. Zuerst dieser Lederhändler Philipps, den er und dieser kriecherische Bischof am ›Gelöbnisbaum‹ in seinem eigenen Garten in Chelsea gesetzeswidrig befragt haben und dies sogar, nachdem der Mann von einem Geschworenengericht für unschuldig befunden wurde. Und dann dieser Priester namens Hitton – die erste Verbrennung seit acht Jahren. Acht Jahre lang war England frei vom Gestank des Rauchs gewesen, bis dein Vater Kanzler wurde.«
    »Aber das ist doch reiner Zufall.«
    »Die gesamte Untersuchung, die Thomas Hitton auf den Scheiterhaufen gebracht hat, war illegal, und dein Vater hat sich sichtlich an der Verbrennung eines Mannes ergötzt, dessen einziges Verbrechen es war, dass er Briefe an Menschen in seiner Tasche hatte, die dein Vater als ›die Ketzer jenseits des Meeres‹ bezeichnet!

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