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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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England bringen.« Cromwell wusste, dass die Unterredung damit beendet war. Er verbeugte sich. »Ist das alles, Euer Majestät?«
    »Das ist alles, Master Cromwell.«
    Als er das Privatgemach zusammen mit Elyot verließ, schoss Thomas Cromwell der Gedanke durch den Kopf, dass die Gunst des Königs ebenso wechselhaft war wie seine Launen. Er würde gut daran tun, dies niemals zu vergessen.
    Eine Spinne hatte ihr Netz zwischen zwei Büschen im Hof des Englischen Hauses gesponnen. John Frith sann gerade über die Symmetrie des Gespinstes und über die Festigkeit der beinahe unsichtbaren Fäden nach, die das Netz in dem Busch neben der Bank verankerten, auf der er zusammen mit William Tyndale saß. Das Licht der Sonne fiel schräg auf das Netz, vergoldete die seidigen Streben der Spinnenarchitektur. Es ist wunderschön, ähnlich dem verschlungenen, filigranen Muster der Fensterrosette einer prächtigen Kathedrale, dachte John. Wunderschön, aber im Herzen dieser filigranen Schönheit verschlang eine schwarze Spinne gerade in aller Ruhe ein zappelndes Glühwürmchen. John hätte das glücklose Insekt nur allzu gern befreit, aber es war zu spät. Die Spinne hatte bereits begonnen, den Kopf des Glühwürmchens zu verdauen.
    Es war eine ernüchternde Metapher für das, was er gerade zu tun angeboten hatte.
    »Ich würde gerne warten, bis meine Frau wieder zurück ist«, sagte er zu William Tyndale. »Sie besucht gerade Catherine Massys in Leuven.«
    Tyndale sah auf seine Hände hinunter, die voller Tintenflecke waren; die ineinander verschlungenen Finger arbeiteten beständig, und seine Knöchel knackten.
    »Ich verstehe«, sagte er. »Du bist dir aber im Klaren darüber, dass du nicht gehen musst, John. Wir können auch warten; wir werden einen anderen Weg finden. Ich hatte gehofft, von Stephen Vaughan irgendeinen Hinweis zu erhalten, was Seine Majestät zu meinem Brief gesagt hat. Möglicherweise kann er ja tatsächlich davon überzeugt werden, dass es förderlich wäre, die englische Bibel zu verbreiten. Aber du bist, genau wie ich, ein Flüchtling. Das Risiko wäre für uns beträchtlich.«
    »Falls Thomas More mich festnehmen lässt, wird unsere Sache weniger darunter leiden, als wenn er deiner habhaft werden würde«, sagte John. Um seinen Freund zu beruhigen, fügte er in heitererem Tonfall hinzu: »Abgesehen davon: Ich bin nur ein kleiner Fisch. Mich haben sie bereits vergessen. Und bedenke, mein Freund«, er klopfte Tyndale auf die Schulter, »auch wenn du vielleicht besser schreibst und schneller übersetzt als ich, ich kann besser reden.«
    Tyndale lachte.
    »Da muss ich dir recht geben.« Dann wurde er wieder ernst: »Als Erstes musst du erreichen, dass der König dich anhört. Er hat Robert Barnes sicheres Geleit zugesagt, nachdem Barnes ihm einen freundlichen Brief geschickt hatte, in dem er ihn bat, zurückkehren zu dürfen, um sich um geschäftliche Dinge zu kümmern. Sicheres bedingungsloses Geleit.« Auch er beobachtete jetzt die Spinne, die ihre Beute fraß. »Allerdings hat Robert Barnes niemals Thomas Mores Zorn erregt.«
    »Thomas More kennt nur meinen Namen, nicht mein Gesicht. Wenn wir uns auf der Straße begegneten, würde er mich nicht erkennen. Robert Barnes ist mir bekannt. Er ist ein rechtschaffener Mann. Ich könnte mich verkleiden, vielleicht als sein Diener. Damit würde sich das sichere Geleit auch auf mich erstrecken.«
    »Wenn du dich als irgendjemandes Diener ausgeben willst, dann solltest du besser deinen Mund halten.« Tyndale gestattete sich ein kurzes Lächeln. »Diener flechten nämlich im Allgemeinen keine klassischen Zitate in ihre Flüche ein.«
    Aber John ging nicht auf Tyndales gutmütige Neckerei ein. »Wann wollte Barnes sich auf den Weg machen?«, fragte er, einen plötzlichen Entschluss fassend.
    »Heute Nachmittag. Ein Schiff der Hanse mit Gütern für den Londoner Steelyard soll in ungefähr fünf Stunden ablegen – ich kann jedoch voller Stolz sagen, dass es noch etwas anderes als flämisches Tuch geladen haben wird. Barnes hat mir gesagt, dass er dieses Schiff nehmen will. Du könntest schon heute Abend in London sein. Wenn alles gut geht, bist du vielleicht sogar schon zurück, bevor deine Frau nach Hause kommt. Natürlich nur, falls du dich entschließt, tatsächlich zu fahren.«
    »Selbst wenn ich beim König kein Gehör finden sollte, so kann ich doch die Lage erkunden. Zu Cromwell werde ich bestimmt vordringen. Wir hören hier so viel Widersprüchliches. Viele

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