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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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sagen, dass More zunehmend an Einfluss verliert und diese Boleyn immer mehr Macht über den König gewinnt. Es könnte also durchaus sein, dass er sich mit einem überzeugenden Argument für unsere Sache gewinnen lässt. Zumindest steht er gewissen Ideen aufgeschlossen gegenüber. Warum hätte er uns sonst eine Amnestie und einen Platz bei Hofe angeboten.«
    »Nimm Kaplan Rogers mit«, sagte Tyndale.
    John schüttelte den Kopf.
    »Zu zweit wären wir in größerer Gefahr. Nein, ich werde allein gehen. Bitte erkläre meiner Frau das mit dem sicheren Geleit, dann wird sie verstehen, warum ich abgereist bin, ohne ihr etwas zu sagen. Sag ihr, dass ich so schnell wie möglich zurückkommen werde und dass sie bis dahin im Englischen Haus bleiben soll.«
    »Mach dir keine Sorgen, John. Wir werden für ihre Sicherheit sorgen. Pass du nur gut auf dich auf. Kate ist nämlich noch viel zu jung, um schon Witwe zu werden.«
    Kate lauschte den rhythmischen Atemzügen von Catherine Massys und sehnte sich nach Johns leisem Schnarchen. Es war ihre letzte Nacht in Leuven. Sie freute sich nicht nur auf ihr eigenes Bett, sondern auch darauf, wieder in den Armen ihres Mannes zu liegen, obwohl sie ihren Besuch in Leuven nicht bereute. Sie hatte es sehr genossen, Catherines Freundinnen kennenzulernen. Sie waren eine Gruppe sehr mutiger Frauen.
    Antwerpen war groß und ein wichtiges Handelszentrum, deshalb waren die Behörden toleranter und drückten ein Auge zu. In Leuven hingegen waren die Bibelstunden der Frauen stets von einem gewissen Nervenkitzel begleitet. Kinder durften nicht daran teilnehmen, denn sie hätten sich möglicherweise verplappert. Die Frauen waren älter als Kate, bis auf zwei: Eine war unverheiratet und die andere, so wie Kate, kinderlos. Alle hatten Kate mit großer Herzlichkeit in ihre Schwesternschaft aufgenommen. Kate hatte schon bald gemerkt, dass die Frauen ihren Glauben absolut ernst nahmen. Sie staunte über ihre Kühnheit, war aber über ihren Leichtsinn entsetzt. Selbst Catherine zuckte zusammen, wenn Berta, die älteste von ihnen, nach der Bibellesung gegen die römischen Scharlatane in ihren schwarzen Röcken wetterte. War Berta niemals der Gedanke gekommen, dass die Fremde, die sie so bereitwillig in ihre Runde aufgenommen hatten, eine Spionin der Kirche sein könnte?
    Aber Kate vermutete, dass sie sehr wohl wussten, dass es kein Kinderspiel war. Während Kate Catherine dabei geholfen hatte, Sitzkissen auf dem Boden ihres Zimmers, das Charlotte, das hübsche, blonde Fräulein, »Die gute Stube« nannte, im Kreis anzuordnen, hatten sich die beiden Frauen darüber unterhalten, zu welchen Listen sie greifen mussten, um ihre Ehemänner zu täuschen. Eine Frau namens Dora, die regelmäßig an den Bibelstunden teilnahm, war diesmal nicht erschienen. Ihr Mann hatte herausgefunden, wohin sie ging. Er hatte ihr ein blaues Auge geschlagen und ihr noch Schlimmeres angedroht. Es dauerte wohl eine ganze Weile, bis sie wieder zu den Treffen kommen würde. »Aber ich kenne Dora. Sie wird eine Möglichkeit finden«, hatte Catherine nüchtern festgestellt. Wie sehr ähneln diese Frauen doch den ersten Christen, dachte Kate – bevor eine mächtige Priesterschaft die einfache und reine Botschaft, die ein umherziehender Zimmermann aus Galiläa gepredigt hatte, in eine unverständliche Sprache, behauenen Stein und gehämmertes Gold verwandelte.
    Während Kate jetzt in der stillen Dunkelheit ebenjener guten Stube wach lag, dachte sie an die arme Frau, die von ihrem Mann geschlagen worden war, und flüsterte ein kurzes Gebet zum Dank dafür, dass sie so einen sanften Ehemann hatte. Doch selbst Kates Mann, der die Überzeugungen seiner Frau teilte und der sein Leben dafür riskierte, war gegen die Treffen der Frauen und wäre froh, wenn sie im Englischen Haus bliebe, um seine Federkiele zu spitzen und ihm Apfelwein zu bringen.
    War es eine Sünde, wenn Kate sich mehr als das wünschte? War es eine Sünde, wenn sie sich wünschte, direkt an der lutherischen Sache mitzuwirken? Die Priester – sogar einige der reformierten – predigten, dass auf den Frauen der Fluch von Eva liege und sie sich deshalb unterzuordnen hätten. Versündigte sie sich, weil sie stolz und von dem Wunsch beseelt war, die Risiken einzugehen, die auch die Männer eingingen, um das zu bewirken, was die Männer bewirkten? Weil sie stolz war zu glauben, dass sie den Mut dazu besaß? Ebenjene Sünde – falls es überhaupt eine war – hatte sie dazu getrieben,

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