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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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sie sich im Englischen Haus wie eine Gefangene fühlte.
    »Ich könnte genauso gut im Tower sitzen«, sagte sie eines Tages aufgebracht, als er ihr verbot, das Haus zu verlassen.
    »Da bin ich aber anderer Ansicht, mein Engel.« Er sah von seiner Arbeit auf. »Hier hast du einen überaus mitfühlenden Gefängniswärter«, sagte er und legte seine Feder zur Seite. »Komm, lass uns im Garten spazieren gehen.«
    »Ich will aber nicht im Garten spazieren gehen. Ich bin kein Kind, das man beruhigen muss«, sagte sie. »Ich weiß, wie wichtig deine Arbeit ist, John. Ich weiß auch, wie gefährlich sie ist. Aber vertrau mir doch. Ich werde kein Wort über deine Arbeit sagen.«
    »Ich vertraue dir sehr wohl, Kate. Das ist es nicht. Ich fürchte vielmehr um deine Sicherheit. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man herausfindet, was ihr tut. Dann wird man weiter nachforschen. Mores Spione sind überall.«
    »Die anderen Frauen kennen mich nur als Kate. Sie wissen nicht einmal, wie du heißt. Falls es also, wie du sagst, tatsächlich gefährlich ist, dann doch nur für mich. Und ich habe entschieden, dieses Risiko auf mich zu nehmen. Ich kann ohnehin wenig tun.« Sie dachte an Dora in Leuven, die Frau mit dem blauen Auge, die auch einen Weg finden würde. »Mir wird eine Möglichkeit einfallen, John. Die Frauen verlassen sich auf mich.«
    Sie legte ihren Umhang um und zog die Kapuze hoch, denn es war Frühling und noch kalt. Dann küsste sie ihn. »Ich liebe dich, John Frith«, sagte sie. »Und jetzt gehe ich zu meinem Treffen. Ich werde rechtzeitig wieder zurück sein, um deine Federkiele anzuspitzen und deinen Becher mit Apfelwein zu füllen.«
    Er versuchte nicht, sie aufzuhalten.
    Thomas More schützte ein Unwohlsein in der Brust vor, um nicht an den Weihnachtsfeierlichkeiten des Königs teilnehmen zu müssen, obwohl er sich sicher war, dass seine Abwesenheit trotzdem negativ auffallen würde. Er hätte es zum einen nicht ertragen zu sehen, wie diese Boleyn vor dem gesamten Hof ihren Einfluss zur Schau stellte. Und zum anderen hätte er auch den Anblick dieses aufgeblasenen Thomas Cromwell nicht ertragen, der sich sichtlich in der Gunst des Königs sonnte. Stattdessen verbrachte er jene Nächte mit seinem neuesten Gast in der Pförtnerloge – hier kam er besser voran. Nachdem der »Gelöbnisbaum« und ein paar Tage im Stock den Widerstand des Gefangenen Constantine gebrochen hatten, war er überaus auskunftsfreudig gewesen. Heute Abend hatte der Kanzler den Pförtner angewiesen, den Mann entkommen zu lassen. Wenn er sich auf den Weg zurück nach Antwerpen machte, würde man ihm folgen wie einer Ratte, die sich zu dem anderen Ungeziefer in ihren Bau flüchtet.
    »Du sagst, Master Constantine sei über die Mauer entflohen?«
    Der Pförtner grinste.
    »Aye, Mylord, da habe ich wohl nicht aufgepasst.«
    »Gut gemacht, Barnabas. Aber wir sollten den Stock unverzüglich reparieren und die Tür gut absperren. Vielleicht möchte unser Gefangener ja wieder zurückkommen«, scherzte Sir Thomas. Dann veränderte sich sein Ton schlagartig. »Wir werden das Pförtnerhaus schon bald wieder brauchen. Wir haben heute Nacht einen Anwalt der Anwaltsinnung zu Gast. Sein Name ist Bainham. Mich dünkt, Rechtsanwalt Bainham benötigt dringend eine Unterweisung im wahren Glauben. Dieser ist nämlich bei weitem nicht so auslegungsfähig, wie er meint. Er hat geschrieben: ›Wenn ein Jude, ein Türke oder Sarazene auf Gott vertraut, dann ist er ein guter Christ.‹ Kannst du dir das vorstellen, Barnabas? Ein guter Christ, der zusammen mit Juden, Türken und Sarazenen betet!«
    Barnabas schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Sollen wir zuerst versuchen, ihn mit Argumenten zu überzeugen, Mylord, oder soll er gleich einem Verhör unterzogen werden?«, fragte er.
    »Zuerst Argumente und ein Gebet. Vielleicht können wir seine Seele retten, ohne seinem Körper Gewalt antun zu müssen. Ich fürchte allerdings, dass er sich bereits zu weit von der heiligen Mutter Kirche entfernt hat. Er zweifelt sogar an der Wahrheit der Eucharistie.« Er griff in eine tiefe Tasche seines weiten Mantels und zog ein zusammengerolltes Dokument hervor. »Hier ist der Haftbefehl. Sag dem Ordnungsbeamten, dass er, wenn er ihn nicht in der Anwaltsinnung antrifft, im Bett seiner frisch angetrauten Frau nachsehen soll.«
    »Dann hat er also gerade erst geheiratet?« Der bestürzte Gesichtsausdruck des Pförtners zeigte, dass seine Begeisterung für das Verhör verflogen

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