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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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wenn diese Frau gelogen hatte? Was, wenn sie erst nach ein paar Stunden wiederkam? Beim nächsten Gedanken stockte Kate schier der Atem. Vielleicht kam sie überhaupt nicht wieder. Wahrscheinlich war sie eine dieser mittellosen Frauen, die auf der Treppe von St. Paul herumlungerten, ihre Augen genauso hungrig wie die der Tauben, die die Essensreste aufpickten, die die Verkäufer auf den schmutzigen Pflastersteinen hinterlassen hatten. Das Bündel zappelte und gab ein saugendes Geräusch von sich. Warum hatte diese törichte Frau es nicht zum Armenhaus oder zu den Nonnen in Black Friars gebracht? Warum um Himmels willen musste sie es ausgerechnet hier bei ihr zurücklassen? O Heilige Jungfrau, jetzt fängt es auch noch an zu weinen.
    »Psst, psst, nicht weinen. Bitte, bitte, hör auf zu weinen«, flehte sie. »Es hat keinen Zweck zu weinen, Weinen hilft nicht.« Als ob man mit einem Säugling vernünftig reden könnte.
    Kate stellte den Besen neben die Tür, kniete nieder und betrachtete das Kind. »Du darfst nicht weinen. Weinen ist strengstens verboten«, sagte sie und zog die verschossene, aber saubere Decke zurück. Darunter kam ein Gesicht wie das eines Püppchens zum Vorschein. Sein rosiger Mund verzog sich gerade zu einer wütenden Grimasse. Eine winzige, perfekte Hand befreite sich aus der Decke und fuchtelte wild durch die Luft. Das Wesen stieß einen dünnen, hohen Schrei aus, dann noch einen, bis sich schließlich sein kleiner Körper im Takt zu seinem Geschrei wand und zappelte.
    Sie hob das Kind vorsichtig hoch, legte es in ihre Armbeuge und wiegte es hin und her. Zu Kates Überraschung nahm das Schreien eine tiefere Tonlage an und setzte zeitweilig sogar ganz aus. »Na, na«, summte Kate, als sie den Säugling in ihren Armen wiegte.
    Das war doch gar nicht so schwer .
    Das Weinen hörte auf, und das Baby öffnete die Augen. Sie hatten die Farbe des Mantels der Madonna in der alten, mit Buchmalereien geschmückten Bibel, die Kate von ihrer Großmutter geerbt hatte. Ein reines, vollkommenes, jungfräuliches Blau. Kate hielt mit dem Schaukeln inne. Sofort schlossen sich die blauen Augen, und der kleine Mund verzog sich wieder. Also begann Kate wieder zu schaukeln und leise vor sich hin zu summen, und schon war die Welt wieder in Ordnung. Der Säugling – dessen Alter Kate mit ihrer begrenzten Erfahrung auf etwa zwei Monate schätzte – richtete plötzlich seinen Blick auf Kates Gesicht und lächelte. Sowohl in diesem Blick als auch in diesem Lächeln schien ein urzeitliches Wissen zu liegen, so als wolle es sagen, ich weiß, wer du bist, und ich erkläre dich hiermit für würdig. Dem Lächeln folgte erst ein, dann ein zweites leises Gurgeln.
    In diesem Augenblick weitete sich Kates Herz.
    Sie hielt das Kind noch immer in den Armen, raunte ihm in einer uralten Sprache, die nur Frauen und Babys verstehen, Koseworte zu, als die Mutter des Kindes zurückkehrte.
    »Entschuldigt vielmals. Und herzlichen Dank, dass Ihr auf meine kleine Madeline aufgepasst habt.« Die Frau hielt inne, um wieder zu Atem zu kommen. »Ich konnte mit ihr auf dem Arm nicht so schnell laufen. Dabei musste ich einen Taschendieb verfolgen, der sich meinen Tageslohn geschnappt hatte.« Sie lächelte und hielt den kleinen, schmalen Beutel hoch. Münzen klimperten darin. »Ich heiße Winifred. Ich arbeite als Näherin in dem Geschäft eine Straße weiter. Meine Herrin war nicht da, und ich konnte die Kleine doch nicht allein lassen.«
    »Madeline? Das ist ein hübscher Name«, sagte Kate. Ihr Unmut darüber, dass diese Frau einfach ihr Kind bei ihr abgeladen hatte, war inzwischen verflogen. »Sie ist ein wunderschönes kleines Mädchen.«
    »Ihr Papa ist ein Franzmann«, erklärte die Frau den ungewöhnlichen Namen ihres Kindes. Ihr Gesicht strahlte, als sie von ihrem Ehemann sprach, vielleicht aber auch, weil die Kleine ein so hübsches Baby war.
    Das Baby gurgelte noch immer zufrieden vor sich hin. Kate wiegte es weiter in ihren Armen. Sie war von der Furchtlosigkeit dieser jungen Frau, die nicht älter als siebzehn sein konnte, zutiefst beeindruckt. Siebzehn. So alt wie Kate damals gewesen war, als der Druckerlehrling, mit dem sie ein paar Küsse ausgetauscht hatte, beim Griff in die Kasse des Buchgeschäfts erwischt und mit Schimpf und Schande aus dem Haus gejagt worden war. Aber dieses junge Mädchen hatte bereits einen Ehemann und ein Kind und verfolgte Taschendiebe, als wäre dies die selbstverständlichste Sache der Welt.
    Die Frau

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