Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
verderben«, sagte Kate. »Abgesehen davon habe ich erfreuliche Neuigkeiten für dich, John. Wenigstens hoffe ich, dass du sie erfreulich finden wirst. Ich werde bald heiraten. Schon nächste Woche werde ich die Ehefrau von John Frith sein.«
Waren diese Worte wirklich aus ihrem Mund gekommen?
»Du heiratest!« Mary sprang vom Tisch auf, wobei sie fast einen Krug mit Milch umgestoßen hätte, und umarmte ihre Schwägerin voller Begeisterung. »Kate, wie wundervoll! Wen? Wann?«
»Ich weiß, dass das alles sehr plötzlich kommt. John« – wie seltsam es ihr vorkam, ihn, der für sie stets »Master Frith« gewesen war, auf diese vertraute Weise beim Vornamen zu nennen –, »John reist schon nächste Woche auf den Kontinent. Er hat mich gebeten, ihn zu begleiten.«
»Aber warum die Eile?« Marys Gesicht verfinsterte sich, dann senkte sie die Stimme, so als wäre ihr die Frage peinlich. »Du bist doch nicht …«
»Nein, Mary, bin ich nicht. John Frith ist …«
»Ich weiß, wer er ist«, sagte ihr Bruder tonlos, während er mit seinem Messer einen Bissen Fleisch auf seinen Löffel schob. »Der strahlende Stern von Oxford. Unser Lieferant, Thomas Garrett – du erinnerst dich vielleicht noch an ihn, Kate, er wurde ungefähr zur selben Zeit verhaftet wie ich –, hat oft von ihm gesprochen.« Er schien den finsteren Gesichtsausdruck seines Schwiegervaters nicht zu bemerken. Vielleicht hatte er ihn aber auch bemerkt und wählte seine Worte aus ebendiesem Grund. Schließlich war ihm durchaus bewusst, dass Kate Thomas Garrett kannte. »Frith ist ebenso wie William Tyndale ein Bibelübersetzer. Er ist auch mit ihm befreundet. Ich nehme an, dass er in Zukunft eng mit ihm zusammenarbeiten wird. Oder er ist auf der Flucht.«
Mistress Clapham holte Luft, riss überrascht die Augen auf.
Aus dem Schlafzimmer drang ein leises Jammern.
»Das ist Pipkin«, sagte Mary und klang erleichtert. »Er wird sich erst beruhigen, wenn er bekommt, was er braucht. Und ich bin die Einzige, die ihm das geben kann.«
»Ich helfe Euch beim Abwasch«, bot Kate an.
»Nein. Das kommt überhaupt nicht in Frage. Ihr seid schließlich unser Gast. Setzt Euch ans Feuer und unterhaltet Euch mit Eurem Bruder. Wer weiß, wann Ihr ihn wiedersehen werdet.« Mistress Clapham nickte ihrem Mann bedeutungsvoll zu. »Squire wird mir helfen.«
Squire sah ein wenig überrascht aus, fing sich aber schnell wieder und brummte dann: »Natürlich«, als er nach einem schmutzigen Teller griff und ihn mit einem fragenden Ausdruck ansah, bevor er ihn wieder auf den Tisch stellte.
John stand auf, duckte sich dabei unter dem tiefgezogenen Balken, der eine Art von Trennungslinie zwischen dem Ess- und dem Wohnbereich markierte, und bedeutete Kate, dass sie auf dem Stuhl aus gebogener Weide Platz nehmen sollte, der dem Kamin am nächsten stand. Er selbst setzte sich auf einen Kaminstein. Hinter ihm hing ein geräucherter Schinken in der Ecke. Als er ein weiteres Scheit ins Feuer legte, musste er einen geflochtenen Zwiebelstrang und Bündel aus getrockneten Kräutern zur Seite schieben. Die Flammen leckten gierig an dem Holz.
»Du bist also der Hüter des Feuers«, sagte Kate und versuchte das Gespräch aus gefährlichem Fahrwasser zu lenken.
»Mehr oder weniger«, antwortete er.
Kate hörte im Hintergrund das Murmeln von Mistress Clapham, das gelegentlich von einem Brummen ihres Mannes unterbrochen wurde.
Sie und John unterhielten sich über Belanglosigkeiten: über das Wetter, als sie London verlassen hatte. Wie schön es doch auf dem Land sei. Bukolisch war das Wort, das er verwendete; einsam würde es besser treffen, dachte sie.
»Ich habe die Wycliffe-Bibel an Humphrey Monmouth verkauft«, sagte sie, nachdem das Gemurmel in der Küche verstummt, die Lampe gelöscht war und ihre Gastgeber sich taktvoll zurückgezogen hatten und zu Bett gegangen waren.
»Was hast du dafür bekommen?«
»Zehn Pfund.«
»Zehn Pfund! Der gute Humphrey Monmouth! Jetzt bin ich froh, dass ich sie nicht verbrannt habe.«
»Etwas von dem Geld habe ich für Lebensmittel ausgegeben«, sagte sie. »Den Rest wollte ich dazu verwenden, um neue Bücher für den Laden zu kaufen. Jetzt werde ich es vermutlich als Mitgift in meine Ehe nehmen – natürlich nur, wenn dir das recht ist.«
» Schlaf, Kindchen schlaf «, war Marys schöner, reiner Sopran leise zu hören. Das Holz bewegte sich in der Feuerstelle. Kate wartete darauf, dass ihr Bruder ihr eine Antwort gab. John stocherte im Feuer
Weitere Kostenlose Bücher