Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
herum, sodass ein Schauer von Funken aufstob.
»Dann habe ich also deine Erlaubnis?«
»Und wenn ich nein sage – was dann? Dein Schicksal an einen solchen Mann zu binden, bedeutet, dass du dich für ein überaus gefährliches Leben entschieden hast, Kate. Aber es ist wohl auch nicht gefährlicher, als wenn du dich weiterhin mit dem Schmuggeln von Büchern allein durchs Leben schlagen würdest.«
»Und dies hier ist also das Leben, für das du dich entschieden hast? Nachdem du jetzt monatelang auf dem Land gelebt hast, bist du anscheinend damit zufrieden, in dieser Einöde begraben zu sein, zusammengepfercht auf engstem Raum.« Wo du doch so viel für die Sache tun könntest, für die unser Vater gestorben ist , aber das sagte sie nicht. Welches Recht hatte sie schon, seine Entscheidung in Frage zu stellen?
»Zufrieden. Wenn die Seele eines Mannes zufrieden ist, dann spielt es keine Rolle, wo er lebt. Marys Vater hat uns ein Stück Land versprochen. Ein Stück die Straße hinunter liegt ein schöner kleiner Pappelwald. Bis zum Frühling habe ich genug Holz geschlagen, um ein Haus bauen zu können. Wenn wir erst einmal unser eigenes Heim haben, wird es besser werden.«
»Dann willst du also tatsächlich das Land bestellen?«
Er lachte leise.
»Nein. Ich bin kein Bauer. Aber hier in der Gegend gibt es viele freie Bauern, die des Lesens und Schreibens unkundig sind. Du weißt, dass ich ein passabler Schreiber bin. Damit und mit dem, was wir selbst anbauen, werden wir gut über die Runden kommen.«
»Das freut mich für dich, John. Wirklich«, sagte sie, wobei sie sich jedoch fragte, warum er sich mit so wenig begnügte.
Das Feuer begann langsam in sich zusammenzufallen. Aus Marys Schlafzimmer drang kein Geräusch mehr. Pipkin war wahrscheinlich eingeschlafen, zusammengerollt in der zu kleinen Wiege neben dem Bett oder eng an den warmen Körper seiner Mutter geschmiegt, die darauf wartete, dass sein Vater zu ihnen kam. Für Kate ein wunderschönes Bild. Vielleicht hat John doch mehr vom Leben, dachte sie. Plötzlich war sie auch sehr müde und fühlte sich ein wenig beklommen. Was erwartete sie auf dem Kontinent? Sie kannte John Frith kaum. John hatte wenigstens ein Zuhause. Einen warmen Kamin und ein Dach über dem Kopf. Liebe und Vertrautheit. Aber darüber wollte sie jetzt nicht mehr nachdenken. Sie wollte nur noch schlafen. »Macht es dir wirklich nichts aus, hier zu schlafen?«, fragte sie.
»Nein, das ist schon in Ordnung.« Er zeigte auf eine Decke und ein Kopfkissen, die zusammengefaltet in einer Ecke lagen. »Ich schlafe sowieso meistens hier – wenn man es Schlaf nennen kann. Ich will Mary nicht mit meiner Unruhe stören.«
»Und warum bist du so unruhig?« Aber natürlich kannte sie die Antwort.
»Es ist nicht das, was du glaubst«, sagte er. Seine Stimme klang plötzlich leidenschaftlich. »Ich habe das Richtige getan, als ich geleugnet habe, etwas mit diesen lutherischen Reformen zu tun zu haben. Der Apostel Petrus hat unseren Herrn einst verleugnet. Drei Mal! Und Christus hat ihm drei Mal vergeben. ›Weide meine Schafe, Petrus‹, sagte er.« Hilflos starrte er auf seine Hände. »Ich versuche nur gerade herauszufinden, wie ich das bewerkstelligen kann.«
»Du darfst nicht denken, dass ich dich wegen deiner Entscheidung verurteile, John. Wie könnte ich das auch? Wenn ich nur daran denke, was du für Mary und Pipkin geopfert hast! Du bist eben immer mein Held gewesen.«
»Nun, es sieht so aus, als hättest du einen neuen Helden gefunden«, sagte er düster. »Und ich bete darum, dass John Frith niemals vor dieselbe Wahl gestellt wird wie ich.«
Sie öffnete den Mund, um ihm zu antworten, wusste jedoch plötzlich nicht mehr, was sie ihm sagen sollte. Er stand auf. »Ich sehe nur kurz nach, ob der Kutscher es im Stall warm und trocken hat«, sagte er.
Er kam nicht zurück. Nachdem Kate sich bis auf ihr Unterhemd ausgezogen hatte, schlich sie auf Zehenspitzen ins Nachbarzimmer und legte sich neben ihre Schwägerin ins Bett. Sie lag noch lange Zeit wach und lauschte Marys gleichmäßigen Atemzügen, wartete darauf, dass ihr Bruder zurückkam. Schließlich schlief sie ein, während sie sich, um gegen ihre Angst anzukämpfen, John Friths warmes Lächeln vorzustellen versuchte.
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Denn es gibt viele Männer, deren Söhne in der Kindheit von Natur aus begabt sind und malen, schnitzen, sticken oder dergleichen können … und, sobald sie dies äußern, verärgert sind, weil sie unverzüglich
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