Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
Leinenumhüllung und betrachtete das honiggoldene Ergebnis dessen, was im Spätsommer hergestellt und eingelagert worden war, um in Ruhe zu reifen. Dann zog sie ihr kleines Messer aus der Scheide an ihrem Gürtel und schnitt ein großzügiges Stück ab, denn welchen Sinn hatte es, sich nur ein paar Krümel von etwas so Köstlichem zu Gemüte zu führen?
»Keine Käfer«, stellte sie fest, reichte Ida ein Stück und gab, weil sie sich in großzügiger Stimmung befand, dem Diener gleichfalls etwas zu kosten.
Der kräftige Geschmack von Salz, Sahne und Sommergrün breitete sich auf ihrer Zunge aus, und sie verdrehte wonnevoll die Augen. »Viel zu gut für den König und sein Gefolge«, brummte sie. »Wir behalten ihn und servieren unseren hohen Gästen einen anderen.«
Ida starrte den Käsebrocken zwischen ihrem Daumen und Zeigefinger an, schluckte krampfhaft und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
Mahelt leckte sich die Finger ab.
»Mutter?«
Ida stieß einen wimmernden Laut aus, stürzte aus der Molkerei, krümmte sich und übergab sich heftig.
Mahelt zuckte erschrocken zusammen, dann fuhr sie zu dem Diener herum. »Räum den Käse weg, und hol rasch Hilfe!«, befahl sie. »Der Countess geht es nicht gut.« Sie bückte sich und legte Ida einen Arm um die Schultern. Ihre Hände waren eiskalt, doch ihre Stirn glühte.
»Mir fehlt nichts«, keuchte Ida zwischen Würgeanfällen. »Es wird gleich vorbeigehen.«
Mahelt erwiderte nichts darauf, denn ihre Schwiegermutter war ihrer Meinung nach ernsthaft krank. Weitere Diener kamen angelaufen, und Mahelt ließ Ida trotz ihrer Proteste in ihre Kammer tragen. Auf dem Weg gelang es Ida nicht mehr, rechtzeitig den Abtritt zu erreichen, sie beschmutzte sich und musste von ihren Zofen entkleidet und gewaschen werden, wobei sie die ganze Zeit so heftig zitterte, als wolle ihr Körper zerbersten.
»Es tut mir leid«, schluchzte sie verzweifelt, als sie zu Bett gebracht wurde. »Bald geht es mir wieder gut, und dann helfe ich dir. Ich…« Wieder wurde sie von Brechreiz überwältigt, und ihre Zofe hielt ihr rasch eine Bronzeschüssel unter das Kinn.
»Ja, Mutter, natürlich«, bestätigte Mahelt, obwohl sie Ida
nur ansehen musste, um festzustellen, dass eine baldige Genesung unwahrscheinlich war. »Ruh dich nur aus. Ich kümmere mich um alles, bis du wieder zu Kräften gekommen bist.«
Als der Krampf abebbte, ließ sich Ida in die Kissen sinken und bedachte ihre Schwiegertochter mit einem dankbaren und zugleich schuldbewussten Blick.
»Danke. Ich will dir nicht zur Last fallen.«
»Das tust du nicht.« Mahelt drückte Idas Hände. »So etwas darfst du nie denken.« Als sie den Raum verließ, änderte sie ihre Ansichten plötzlich. Sie hatte mit Johns bevorstehender Ankunft gehadert und nur an ihre eigene Antipathie gegen den Mann gedacht, aber jetzt hatten sich die Umstände gewandelt. Sie würde Framlingham nicht John zu Ehren herrichten, denn er war es nicht wert, sondern allein Ida zuliebe. Als dieser Gedanke in ihr Wurzeln zu schlagen begann, wuchsen ihre Kraft und ihre Zuversicht. Sie würde die Rolle der Burgherrin perfekt ausfüllen, das war sie ihrer Erziehung und ihrem Rang schuldig.
Idas Zustand verschlechterte sich zusehends, und am nächsten Tag hatte sie hohes Fieber, war nicht bei Sinnen und redete wirres Zeug über Ereignisse aus der Vergangenheit, die sie erneut durchlebte. Mahelt, die in regelmäßigen Abständen an ihrem Krankenbett saß, wurde Zeugin der Qualen, die Ida erlitten hatte, als sie ihren kleinen Sohn am Hof zurücklassen musste, um Roger of Norfolk zu heiraten.
»Bitte tut das nicht, Sire, lasst ihn mir!«, schluchzte sie in ihren Fieberträumen verzweifelt. Ihre braunen Augen waren trübe wie schmutziges Wasser. »Ich flehe Euch an! Ich sterbe ohne ihn!«
Mahelt legte ihr beruhigend eine Hand auf die Stirn. »Schschtt, es ist alles gut.« Sie schluckte den Kloß hinunter,
der sich in ihrer Kehle gebildet hatte. »Er ist inzwischen ein erwachsener Mann und hat selbst Kinder – deine Enkelkinder.«
»Mein Baby ist für mich verloren …« Ida versuchte sich aufzusetzen. »Ich muss den König sehen. Ich muss William mitnehmen, ich bin seine Mutter!«
Mahelt sprach weiterhin beschwichtigend auf sie ein.
»Der König kommt gleich zu dir, Mutter, und dann wird alles gut, du wirst schon sehen.«
Ida sank schwach in die Kissen zurück und schloss die Augen. Tränen quollen unter ihren Lidern hervor. Kurz darauf
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