Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
mit Schuldgefühlen.
»Sie wird nicht in der Lage sein, den König zu empfangen«, sagte er zu Hugh, der sich dicht hinter ihm hielt. »Das steht fest, auch wenn sich ihr Zustand in den nächsten beiden Tagen noch bessert.« Er nahm seinen Hut ab und strich über die Filzkrempe. »Ist deine Frau imstande, ihren Platz einzunehmen? Ich muss mich unbedingt auf sie verlassen können.«
Hugh straffte sich.
»Sie wird dich nicht enttäuschen, das verspreche ich dir.«
Sein Vater runzelte die Stirn.
»Sie ist eine Marshal, Organisation liegt ihr im Blut, aber sie ist auch unberechenbar, und ich toleriere kein unbotmäßiges Benehmen, solange der König hier ist. Er wird nach allem Ausschau halten, was als Zeichen von Auflehnung gewertet werden kann.«
»Sie weiß, was auf dem Spiel steht«, erwiderte Hugh. »So wie wir alle.«
Roger bedachte seinen Sohn mit einem düsteren Blick. »Hoffentlich«, schloss er.
Als Johns Ankunft näher rückte, ging es Ida merklich besser. Sie war zwar immer noch sehr schwach, aber das Fieber war abgeklungen, sie konnte aufrecht sitzen und leichte Nahrung zu sich nehmen. An dem Tag, an dem der König erwartet wurde, besuchte Mahelt sie kurz nach dem Morgengrauen und sah zu, wie sie einen Becher Buttermilch trank und ein kleines Stück weiches, weißes Brot aß. Ein warmer, fransenbesetzter, grüner Seidenschal lag um ihre Schultern, und ihr Haar war gekämmt und zu einem ordentlichen dünnen Zopf geflochten.
»Es tut mir leid, dass dir meine gesamten Pflichten aufgebürdet worden sind«, entschuldigte sie sich. »Aber ich …«
»Dir muss nichts leidtun«, unterbrach Mahelt sie bestimmt. »Jeder kann einmal krank werden. Du bist hier gut aufgehoben. Ich habe alles Notwendige erledigt und komme gut allein zurecht.«
»Du bist mir eine gute Tochter.« Ida lächelte müde. »Auch wenn du manchmal schwer zu bremsen bist. Aber deine Energie und Willenskraft zählen zu deinen besten Eigenschaften.« Sie griff nach Mahelts Hand. »Ich bin stolz auf dich und das,
was aus dir geworden ist, … und auf die Frau, zu der du dich entwickeln wirst, auch wenn ich das nicht mehr miterleben werde.«
Ein Kloß bildete sich in Mahelts Kehle. Sie beugte sich vor und küsste Ida auf die Schläfe.
»Du wirst es miterleben«, versicherte sie ihr hitzig.
»Das liegt in Gottes Hand.« Ida nippte an ihrer Buttermilch und beobachtete, wie die Zofen das Feuer schürten und die Fensterläden öffneten, um das schwache Winterlicht durch die dicken Glasscheiben zu lassen. »Der Earl hat dich auch sehr gern, weißt du?«, sagte sie. »Auf seine Art.«
Mahelt strich die Bettdecke glatt und flüchtete sich in diplomatisches Schweigen. »Gernhaben« war ihrer Meinung nach nicht der richtige Ausdruck. Sie tolerierten einander. Mahelt wusste, dass er auf ihr Drängen hin tatsächlich bei seiner Frau gewesen war, weil Hugh es ihr erzählt hatte, aber der Earl hatte kein Wort darüber verloren und war danach noch stärker auf Distanz gegangen. Wenn überhaupt warme Gefühle zwischen ihnen existierten, dann entsprangen sie allein dem Umstand, dass sie zwei gesunde Jungen geboren hatte, die die Zukunft der Grafschaft sicherten. Nur im Umgang mit den beiden zeigte Roger seine weiche Seite. Er konnte seinen gleichnamigen Enkel auf den Schoß nehmen und ihm geduldig beibringen, einen bestimmten Knoten zu knüpfen, oder ihm zeigen, wie man einem Pferd auf der flachen Hand einen Leckerbissen reichte, ohne in die Finger gezwickt zu werden. Ihre Söhne knüpften eine Verbindung zwischen ihnen, was jedoch Hugh und ihre gegensätzlichen Ansichten über Moral und angemessenes Betragen betraf, glich ihre Beziehung eher einem Schlachtfeld.
Mahelt erhob sich.
»Ich sollte jetzt gehen und mich umziehen.« Sie verzog missmutig
das Gesicht. Ehe sie die Kammer verließ, holte sie Idas Nähkorb und stellte ihn neben das Bett, dann klopfte sie die Kissen auf.
Ida suchte in dem Korb herum und förderte ein kleines Sockenpaar zutage, an dem sie vor ihrer Krankheit gearbeitet hatte. Die winzigen Strümpfe waren in zwei Grüntönen gehalten und für ihren jüngsten Enkel bestimmt, und die Arbeit daran erforderte keine große Konzentration.
»Viel Glück, meine Tochter«, sagte sie. »Und behalte einen kühlen Kopf.«
»Kühler als ein Eiszapfen im Winter, das verspreche ich dir«, erwiderte Mahelt mit stählerner Entschlossenheit. »Ich lasse mich nicht unterkriegen.«
Sie überließ Ida ihrer Näharbeit und trat in den Gang
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