Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
Freude in die Hände. Mahelt betrachtete die beiden einen Moment lang nachdenklich, dann ging sie wieder ins Haus, aber nur, um ihren wärmsten Umhang zu holen.
Als sie hoch erhobenen Hauptes und mit entschlossenen Schritten zurückkam, musterte Hugh sie mit verwunderter Belustigung.
»Ich dachte, du liegst noch warm und gemütlich im Bett«, sagte er mit einem verträumten Ausdruck in den Augen, wobei er viel sagend die Brauen hob. Als er Roger auf den Boden stellte, stürmte der kleine Junge davon, um sich die runden Munitionssteine anzusehen, die die Ritter neben dem Katapult aufstapelten.
»Dasselbe dachte ich von dir, als ich aufgewacht bin«, gab Mahelt zurück.
»Ich musste den Nachttopf benutzen und Roger auch, und dann kam Ralph und berichtete mir voller Begeisterung, dass das Katapult da sei, und da bin ich nach unten gegangen und habe dich schlafen lassen.«
Mahelt entspannte sich ein wenig.
»Danke für das, was ich an deiner Stelle vorgefunden habe.« Sie hob den Schleier, damit er einen Blick auf das Haarband werfen konnte, das ihren Zopf zusammenhielt. »Und für die zwei Zeilen.«
»Sie sind aufrichtig gemeint.«
»Und trotzdem hast du mich wegen einer Steinschleuder allein gelassen?«, scherzte sie, nicht gewillt, ihn so leicht davonkommen zu lassen. Dann nickte sie zu dem hölzernen Ungetüm hinüber. »Was hat das alles zu bedeuten?«
Hugh schnitt eine Grimasse.
»Ach, du kennst doch Longespee, er muss immer das Neueste und Beste haben. Er hat das Gerät für Salisbury bestellt, um gewappnet zu sein, wenn die Franzosen bei uns einfallen, und er will seine Männer während des Winters daran ausbilden.«
Mahelt neigte nachdenklich den Kopf zur Seite.
»Meine Großmutter mütterlicherseits konnte gut mit solchen Katapulten umgehen – so erzählt man jedenfalls.«
Hugh sah sie verdutzt an.
»Damals herrschte Krieg zwischen der Kaiserin und König Stephen. Meine Großmutter Sybilla lernte vor ihrer Heirat, Steinschleudern zu bedienen. Mein Großvater Marshal soll damit geprahlt haben, dass kein Mann es ihr gleichtun konnte.« Sie schob einen Fuß unter dem Saum ihres Gewandes hervor und betrachtete ihre Schuhspitze. »Wahrscheinlich hat man es ihr in diesem Hof beigebracht, denn sie lebte als junges Mädchen hier. Ich denke, ich werde ihrem Beispiel folgen.«
Hugh bedeckte sein Gesicht.
»Du weißt, was mein Vater dazu sagen würde.«
»Allerdings.« Ihre Blicke kreuzten sich, und Mahelt rann ein Schauer über den Rücken, als sie sich an die verbotenen intimen Momente erinnerte, die Hugh und sie sich in der Zeit, als sie noch kein Bett miteinander teilen durften, direkt vor der Nase des Earls gestohlen hatten.
Hugh ließ die Hand sinken, und sie sah ihm an, dass er innerlich lachte, obwohl seine Miene todernst blieb.
»Dann leistest du uns am besten Gesellschaft. Schließlich ist Weihnachten eine Zeit der Familientraditionen. Ich verneige mich vor der Weisheit deines Großvaters und den … vielseitigen Talenten deiner Großmutter.«
»Amen.« Mahelt schob das Kinn vor. »Aber sie haben überlebt, nicht wahr?«
Den Rest des Morgens übte sie sich im Umgang mit dem Katapult. Die Männer übernahmen bereitwillig das Laden und Aufstellen der Zielscheiben, und Mahelt lernte schnell, das Verhältnis von Gegengewicht, Geschoss und Position richtig zu bestimmen, um das Ziel – in diesem Fall eine große Strohscheibe – möglichst genau treffen zu können. Und die Männern gaben gerne ihr Wissen an sie weiter.
Mahelt war in ihrem Element. Sie war immer am glücklichsten, wenn sie sich aktiv betätigen konnte, und in diesem Fall kam hinzu, dass sie etwas lernte, womit sie im Notfall ihre Familie beschützen konnte. Sie gewann Zugang zu der Welt von Hugh und ihrem Vater, einer Welt, von der Frauen für gewöhnlich ausgeschlossen blieben, so wie Männer aus den Frauengemächern verbannt wurden, und sie sprühte vor begeisterter Energie. Als sie die Übungen endlich beendeten und sich in die Burg zurückzogen, wo heißer Wein und Pasteten auf sie warteten, glühte Mahelt vor Freude und fühlte sich fast so befriedigt wie nach dem Liebesspiel.
Ida und Ela saßen am Feuer. Ida hielt einen Pergamentbogen in der Hand, der das Pferdesiegel ihres Mannes trug. Als die kleine Gruppe zum Feuer trat, um sich aufzuwärmen und einen Schluck zu trinken, erhob sie sich und ging zu Hugh und Mahelt hinüber.
»Der Earl hat Nachricht vom Hof geschickt«, sagte sie mit sorgenvoller Miene. »Der
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