Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
bezahlt werden, die viele Familien an den Rand des Ruins treiben.«
»Die Countess muss benachrichtigt werden…«, begann Mahelt.
Roger presste die Lippen zusammen, seine Mundwinkel zogen sich nach unten.
»Sag du es ihr«, entgegnete er brüsk. »Ich habe zu viel zu tun. Von dir nimmt sie es bestimmt besser auf als von mir.«
Mahelt musste an sich halten, um nicht unwillig aufzufahren. Wäre ihre eigene Familie in eine solche Situation geraten, hätte sich ihr Vater die Zeit genommen, selbst mit ihrer Mutter zu reden, und sie wären das Problem gemeinsam angegangen.
»Mylord, ich finde, Ihr solltet derjenige sein, der …«
Rogers Augen blitzten auf.
»Kannst du nicht einmal ohne Widerworte das tun, was dir gesagt wird?«
Mahelt lief vor Zorn rot an. Sie wollte ihm entgegenschleudern, dass er sich seiner Verantwortung entzog, aber sie
wusste, dass es zum Streit kommen und sie den Kürzeren ziehen würde, weil sein Wort Gesetz war. Mit zusammengekniffenen Lippen vollführte sie einen tadellosen Knicks, in den sie all ihre Wut legte, und stürmte hinaus. Sie war so erregt, dass sie nicht gleich zu Ida gehen konnte. Am liebsten hätte sie ihre Stute gesattelt und wäre durch den Park galoppiert, um sich abzureagieren. Da dies nicht machbar war, stapfte sie in den Garten, wo sie zur Überraschung und zum Schrecken der Gärtner einige Minuten lang Unkraut ausriss und es in hohem Bogen in die Luft schleuderte. Endlich hatte sie sich so weit beruhigt, dass sie Ida aufsuchen konnte, dennoch musste sie sich einen Moment lang gegen die Tür lehnen und ihre Kräfte sammeln, bevor sie die Kammer betrat.
Ihre Schwiegermutter saß am Kamin und nähte. Sonst vertrieb sie sich die Zeit damit, sich um ihre Enkel zu kümmern und ihnen Geschichten zu erzählen. Ihre altersfleckigen Hände huschten geschickt über das in den Rahmen eingespannte Leinen.
Ida sah auf. Ihr Lächeln erstarb, als sie Mahelts Gesichtsausdruck bemerkte, und sie ließ die Nadel sinken. »Was ist passiert?«
Mahelt ging hinüber, kniete sich vor Ida hin und brachte ihr die Neuigkeiten so schonend wie möglich bei, wobei sie betonte, dass Hugh in Sicherheit und Ralph und Longespee zwar Geiseln, aber nicht tot waren.
Ida wandte den Blick die ganze Zeit nicht von Mahelts Gesicht ab.
»Nein«, flüsterte sie. »Nicht meine Söhne, nicht meine Kinder.«
»Sie sind in Sicherheit, der Bote hat es gesagt.« Mahelt legte einen Arm um ihre Schwiegermutter. »Der König wird helfen, das Lösegeld für Longespee aufzubringen, und wir zahlen
das Silber für Ralph. Sie werden bald wieder zu Hause sein, du wirst schon sehen. Der Earl setzt schon die erforderlichen Schreiben auf.« Zumindest hoffte sie das. »Und ich werde meinem Vater schreiben, er wird seinen Einfluss nutzen.«
Ida erhob sich leicht schwankend und ging zu ihrer Juwelentruhe.
»Dies hier werde ich verkaufen.« Sie nahm eine Hand voll Ringe, Broschen und edelsteinbesetzter Gürtelschnallen aus der Truhe. »Ich trage diese Sachen nie, und ich würde sie alle hergeben, um meine Söhne zu retten. Wenn ich sie mir als Gefangene vorstelle … in Ketten … ich kann es nicht ertragen. Ich würde mein eigenes Blut für sie geben. Ich würde mein Gold und meine Juwelen nehmen und barfuß zu ihren Häschern gehen, alles in ihre Hände legen und sie auf den Knien anflehen, meine Söhne freizulassen.« Ihre Augen füllten sich mit Verzweiflung. »Könige sind grausam«, flüsterte sie. »Wie so viele Männer …«
»Mutter …« Mahelt streckte ihre Hand aus und trat zu ihr, aber Ida wehrte sie ab.
»Nein. Ich will keinen Trost, sie bekommen auch keinen.«
Mahelt nagte an ihrer Lippe.
»Wie wäre es denn mit göttlichem Trost? Bitte die Jungfrau Maria um Hilfe. Sie ist auch eine Mutter und wird dich sicherlich anhören.«
Tränen glitzerten in Idas Augen.
»Du hast Recht«, sagte sie und nickte. »Begleitest du mich in die Kapelle?«
»Natürlich.« Mahelt nahm Idas Umhang vom Haken und legte ihn behutsam um die schmalen Schultern ihrer Schwiegermutter.
Als die beiden Frauen den Burghof überquerten, sahen sie den kleinen Roger und seinen Bruder unter lautem Geschrei
Hühner vor sich her scheuchen. Die Jungen wurden von ihrer Kinderfrau ausgescholten, die ihre Röcke gerafft hatte, um hinter dem erstaunlich wendigen Hugo herzujagen. Ida unterdrückte bei ihrem Anblick ein Schluchzen.
»Meine Söhne«, flüsterte sie erneut voller Qual. »Auch wenn sie erwachsene Männer sind, bleiben sie in
Weitere Kostenlose Bücher