Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
wäre schwierig für euch, die Männer dazu zu bewegen, euch zu folgen – egal was Ralph denkt.« Hugh deutete auf ihren temperamentvollen jüngeren Bruder. »Das Land, das wir besitzen, mag uns gute Pferde und Cidre schenken, aber verglichen mit unseren englischen Ländereien ist es nur ein Tropfen im Ozean. Unser Vater will keinen von uns in Gefahr bringen. Lieber verteidigt er unseren bisherigen Besitz, und das kostet uns nicht mehr, als es uns einbringt.«
»Der Marschall tritt nicht den Rückzug an, oder? Das habe ich heute Morgen gehört.«
Hugh musterte ihn scharf.
»Von wem?«
»Als wir unser Fasten gebrochen haben und du … anderweitig beschäftigt warst, traf ein Jongleur ein. Er suchte ein Engagement, aber da wir abgereist sind, ist er zur nächsten Stadt weitergezogen.«
»Und?« Hughs Ton klang immer noch barsch.
»Du weißt, dass der Marschall den König von Frankreich aufgesucht hat, um einen Friedensvertrag auszuhandeln?«
Hugh nickte.
»Das ist allgemein bekannt.«
»Der Jongleur erzählte mir, dass der Marschall König Philip fünfhundert Mark geboten hat, damit er seine normannischen Landgüter ein weiteres Jahr behalten kann, und Philip unter der Bedingung darauf eingegangen ist, dass er sie danach entweder aufgeben oder Frankreich die Treue schwören muss – falls John das Gebiet bis dahin nicht zurückerobert hat, versteht sich.«
Hugh verarbeitete die Information und beobachtete, wie Ralph die Reihen der Pferde abritt. Die Marshal-Ländereien in der Normandie waren wesentlich größer als ihre eigenen. Es ging nicht nur um ein paar Landgüter, Obstgärten und Pferde, sondern um Orbec, Longueville, Bienfait und den gesamten Rest. König John würde derartige Neuigkeiten nicht freundlich aufnehmen. Private Abmachungen zwischen den Baronen und dem König von Frankreich bereiteten ihm Albträume.
»Ich hoffe, das bringt uns nicht in Schwierigkeiten, wo du doch mit der Tochter des Marschalls verlobt bist«, bemerkte William düster. »Was, wenn wir in irgendwelche Zwistigkeiten verwickelt werden?«
Hugh winkte ab.
»Unser Vater ist zu klug, um es so weit kommen zu lassen, und der Marschall versteht auch seine eigene Haut zu retten. Warum hätte er uns sonst seine älteste Tochter angeboten?«
William zuckte die Achseln.
»Weil er und unser Vater Freunde und Verbündete sind. Er will Bündnisse mit allen großen Familien des Landes eingehen, um seine Position zu festigen, und dank der großen Zahl von Söhnen und Töchtern ist ihm das auch möglich.«
»Ja«, stimmte Hugh zu, »aber er weiß auch, dass unser Vater von einem einmal eingeschlagenen Weg nicht abweicht. Wir verfügen über genug Macht, um seine Tochter zu beschützen, und Ostanglien ist so groß wie ein Königreich und weit weg vom Hof. Wir können leben, wie wir wollen, ohne dass sich jemand einmischt.«
»Hoffentlich.«
Hugh bestätigte die in Williams Worten liegende Wahrheit, indem er den Kopf leicht zur Seite neigte. Insgeheim fürchtete er, dass, egal ob Soldat oder Richter, der vor ihnen liegende Weg voller Schlaglöcher sein würde und jeder Mann ihnen ausweichen musste, so gut er konnte.
6
Caversham, Frühjahr 1205
Will verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete seine Schwester mit einem Ausdruck milder Belustigung.
»Du willst doch dieses Vieh nicht behalten?«
Mahelt hatte eine Leinenschürze an und die Ärmel hochgekrempelt und badete einen zottigen braunweißen Terrier mit derselben liebevollen Sorgfalt, mit der sie als kleines Kind ihre Holzpuppen gebadet hatte. Der Hund in der Wanne zitterte, ließ die Prozedur aber ruhig über sich ergehen und versuchte nur ab und an, Mahelts Gesicht zu lecken.
»Mama sagt, ich darf«, erwiderte sie. »Er ist nur schmutzig und braucht ein Bad.«
Will schnaubte.
»Er ist längst nicht nur schmutzig! Ihm fehlt ein Vorderbein, falls es dir nicht aufgefallen sein sollte.«
Mahelt funkelte ihn finster an.
»Pater Walter sagt, er ist als Welpe vermutlich in eine Falle geraten, und jemand hat ihm das Bein abgeschnitten und ihn somit gerettet – wie bei dem alten Adam.« Adam war ein einbeiniger Fuhrknecht. Einst Sergeant in dem Trupp ihres Vaters, wurde er von einem Pfeil in die Wade getroffen und hatte die anschließende Amputation überlebt.
Der Kaplan hatte den Hund in einer Scheune entdeckt, nachdem eine Schaustellertruppe durchgezogen war und ihn vermutlich zurückgelassen hatte. Sein struppiges Fell, unter
dem sich die Rippen wie
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