Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
es sie abstieß, wie er das Wort »geschwängert« betonte, schüttelte Ela erneut den Kopf.
»Danke, Sire, aber ich bin nicht hungrig.«
»Oh, ich bestehe aber darauf, dass Ihr es probiert.« John lächelte anzüglich. »Wir wollen doch nicht, dass Ihr Euch während der Abwesenheit meines Bruders vor Kummer verzehrt, nicht wahr? Es wäre doch schade, wenn er zu einem Gerippe aus Haut und Knochen zurückkehren würde, das wäre ja geradezu eine Sünde. Öffnet den Mund, seid ein braves Mädchen.«
Sie saß in der Falle. Für alle anderen sähe es so aus, als necke John sie lediglich. Es galt als großes Kompliment, vom König einen Leckerbissen gereicht zu bekommen, und da sie nicht am Tisch saßen und sich eine Platte teilten, war dies eine akzeptable Variante dieser Gunstbezeugung. Aber sie konnte den Gedanken kaum ertragen und meinte, würgen zu müssen, als er ihr das Ei an die Lippen hielt. Sie musste den Mund öffnen. Mit vor Vergnügen glitzernden Augen schob er ihr das Ei in den Mund. Es war zu groß, um es auf einmal zu verzehren, Ela musste ein Stück abbeißen, kauen und schlucken. Dann die andere Hälfte. Die scharfen Gewürze brannten in ihrem Mund und ihrem Hals.
»Schmeckt es nicht wundervoll?« John leckte sich so wonnevoll die Lippen, als koste er den Genuss selber aus.
Ela vermochte nichts darauf zu antworten. Sie legte eine Hand vor den Mund, um die Bewegungen ihres Kiefers zu verdecken. Er wartete darauf, dass sie den Bissen schluckte, daher
konnte sie das Ei nicht in ihr Taschentuch spucken. Irgendwie gelang es ihr, es hinunterzuwürgen, aber der Geschmack blieb in ihrem Mund, und Krümel klebten an ihren Zähnen und ihrer Zunge.
»Sire, wenn Ihr mich entschuldigt …« Sie knickste vor ihm, dann schlug sie die Hände vor den Mund und floh hinaus, ohne seine Erlaubnis abzuwarten. In dem ersten Abtritt, den sie erreichte, übergab sie sich in das übel riechende Loch, bis ihr Magen schmerzte. Sie wischte sich den Mund ab und presste die Stirn gegen die kalte Steinmauer, während sie versuchte, das heftige Zittern zu unterdrücken. Als sie hinter sich ein Geräusch hörte, fuhr sie herum und gab einen Schreckenslaut von sich, denn John stand in der Tür und versperrte ihr den Weg.
Sie versuchte zu schreien, brachte aber nur ein ersticktes Krächzen heraus. Er trat vor, packte sie bei den Oberarmen, stieß sie gegen die Wand und fuhr mit einer Hand über ihren Körper.
»Du hast mein Geschenk verschmäht?«, sagte er heiser. »Wie schade, es war so perfekt.«
Ela drehte den Kopf zur Seite und wand sich in seinem Griff, aber er hielt sie fest.
»Denk über eines nach«, zischte er. »Die Frau des einen Bruders wird zum Eigentum des anderen, wenn ihr Mann nicht da ist, um sie zu beschützen. Deine Sicherheit hängt jetzt von mir ab, hmm?« Er presste sich gegen sie. »Vergiss nicht, dass es mir obliegt, deine Ehre zu verteidigen, meine süße Schwägerin.« Er küsste sie mit geöffneten Lippen auf den Wangenknochen, sodass sie seine Zähne spüren konnte, und strich mit der Zungenspitze über die Seite ihres Gesichts, ehe er zurückwich und sie spielerisch in die Nase zwickte. »Gutes Mädchen. Dein Mann wird zu Hause sein, ehe du dich versiehst.«
Als er fort war, lehnte sich Ela gegen die Wand, weil ihre
Knie zitterten. Sie hatte Mühe, ihre Lungen mit Luft zu füllen, und konnte nicht um Hilfe rufen; ihr war, als hätte er ihr Innerstes herausgerissen und einen lebenswichtigen, intimen Teil von ihr von sich geschleudert.
»Schwägerin?«
Ihre Knie wurden vor Erleichterung weich, als sie Mahelt und Hugh erblickte, der eine Hand an den Griff seines Dolches gelegt hatte.
»Großer Gott, Ela …« Mahelt eilte zu ihr und schlang die Arme um sie.
»Mir geht es gut«, keuchte Ela.
»Dir geht es ganz und gar nicht gut. Ich habe ein Auge auf dich gehabt, seit John dir dieses Ei aufgezwungen hat. Hat er dir … sonst noch etwas getan?«
»Nein«, murmelte Ela, doch ihr Zittern verstärkte sich.
»Komm.« Mahelt gab Hugh einen Wink. »Wir bringen dich zu deinem Zelt.«
Sie begleiteten Ela zu dem blau-goldenen Zelt in einer Ecke des Burghofs. Mahelt schickte Elas Zofen fort und drückte ihre Base auf das mit Pelzen bedeckte Reisebett, während Hugh ihr einen Becher Wein eingoss.
»Er würde tatsächlich Schande über seinen eigenen Bruder bringen.« Elas Stimme bebte vor Abscheu.
»Was hat er getan?«
»Er … er hat mich berührt und gesagt, meine Sicherheit hinge jetzt von ihm ab,
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