Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
Mylord, aber Vorsicht hat mir mehr als einmal das Leben gerettet.«
»Ich verstehe.« Lenveise schenkte sich aus derselben Karaffe einen Becher voll und trank einen großen Schluck. »Wenn Ihr mich in das Studierzimmer des Earls begleiten wollt – dort können wir in Ruhe über alles sprechen.« Er machte eine Handbewegung und ging mit de Melun zur Tür. Mahelt ließ die Kinder bei Ida zurück und folgte den Männern, und als de Melun sie mit hochgezogenen Brauen musterte und Lenveise sie giftig anfunkelte, wich sie keinen Schritt zurück.
»Ich lasse mich nicht abwimmeln«, erklärte sie frostig. »Ich bin die Tochter des Earl of Pembroke, und mein Sohn ist der zukünftige Earl of Norfolk. Ich spreche in seinem Namen und dem meines Mannes.«
Eine Ader begann an Lenveises Schläfe zu pochen.
»Wie Ihr wünscht, Madam«, erwiderte er mit einer steifen Verneigung. De Meluns Augen wurden schmal, doch er sagte nichts.
Sowie sie die Kammer erreicht und die Tür hinter sich geschlossen hatten, stellte de Melun seinen Wein auf einen kleinen Tisch. Dann betrachtete er einen auf einem Stapel von Pergamenten thronenden Hut, der mit Fasanenfedern geschmückt war.
»Seine Majestät der König verlangt, dass Ihr die Tore von Framlingham für ihn öffnet und die Burg und die Garnison seiner Gnade überantwortet«, begann er.
»Und wie diese Gnade aussieht, haben wir ja alle oft genug erlebt!«, fauchte Mahelt mit blitzenden Augen. »Wir werden die Tore nicht öffnen – niemals!«
De Melun lächelte säuerlich.
»Ihr habt Mut, Mylady, aber wenig Sinn für Vernunft. Ihr tätet gut daran, mit dem König zu kooperieren.«
»Ohne die Zustimmung des Earls kann ich Euch Framlingham nicht überlassen«, gab Lenveise zurück. »Ich muss seine Erlaubnis einholen, und er ist nicht hier.«
»Aber Ihr würdet es tun, wenn er es befiehlt?«
Lenveise neigte den Kopf zur Seite.
»Ich gehorche dem Earl, und als ich das letzte Mal mit ihm gesprochen habe, hat er mir keine derartige Anweisung erteilt. Die Burg wird gut verteidigt, wie Ihr selbst seht und was Eure Männer feststellen werden, wenn sie in die Schussweite unserer Armbrustschützen kommen.«
»Das mag sein, Mylord, aber jede Burg kann eingenommen werden, wie Ihr wisst. Sogar der große Bergfried von Rochester konnte den Sappeuren Seiner Majestät nicht standhalten. Jede Festung, die er angegriffen hat, ist gefallen.«
»London hält aus«, widersprach Lenveise.
»Noch, aber die Stadt wird bald von allen Nachschublieferungen abgeschnitten sein.«
»Die Franzosen …«
»…kommen nicht.« De Melun winkte geringschätzig ab. »Ich bin befugt, Euch vor eine Wahl zu stellen. Übergebt uns Framlingham, und verlasst diesen Ort unversehrt, oder seht zu, wie alles hier zerstört wird. Ely steht in Flammen. Es wäre ein Leichtes, Framlingham gleichfalls in Brand zu stecken.«
»Glaubt Ihr, mein Vater wird Euch tatenlos zusehen?«, fragte Mahelt starr vor Wut.
De Melun zuckte die Achseln. Seine Augen waren so hart wie klares, braunes Glas.
»Der Marschall weiß, was auf dem Spiel steht und wem seine Loyalität gebührt. Als seine Tochter mögt Ihr eine Sonderbehandlung erwarten, aber als Frau eines Verräters ist Euer
Schicksal mit dem Eurer angeheirateten Familie verknüpft. Ergebt Euch, und Euch wird nichts geschehen. Der König ist bereit, sogar jetzt noch mit dem Earl of Norfolk und seinem Sohn Frieden zu schließen, wenn sie ihren Treueeid erneuern.«
»Wir werden uns nie ergeben, niemals!«, fauchte Mahelt. »Wir werden jeden Eurer Angriffe abwehren. Lasst Eure Männer nur angreifen, und lasst sie sterben.« Sie war wieder das Kind, das seine Brüder mit ranziger Salbe bewarf. Sie verteidigte ihre Burg mit allem, was ihr zur Verfügung stand, und war entschlossen zu gewinnen.
»Madam, dies ist keine Frauensache«, beschied Leveise sie brüsk. »Der Earl hat die Verteidigung der Burg in meine Hände gelegt. Es ist an mir, die Entscheidungen zu treffen.«
Sie erstarrte.
»Im Haus meines Vaters war dies die Sache der Frauen, wenn der Lord nicht da war. Meine Mutter ist in Abwesenheit meines Vaters den irischen Lords entgegengetreten, und sie war damals hochschwanger.«
»Aber Ihr befindet Euch nicht im Haus Eures Vaters, Mylady. Ihr seid jetzt die Frau eines Bigod, und hier gelten andere Regeln. Ich bitte Euch, Euch zurückzuziehen und diese Angelegenheit den Männern zu überlassen.«
Mahelt blitzte Lenveise böse an. Sie hasste ihn aus tiefster Seele, da er
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