Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
ausgestattete Haus, und Will führte sie zu einem Stuhl am Feuer und goss ihr aus einem Krug, der in der Nähe der Glut stand, einen Becher heißen Wein ein.
»Ich habe Sandford und FitzRobert erzählt, ich hätte ein Stelldichein mit einer jungen Frau.« Er schielte unter den Brauen hervor zu ihr hinüber. »Was ja auch stimmt, nur ahnen sie nicht, dass es sich um meine Schwester handelt. Sie sind losgezogen, um irgendwo Wein zu trinken, damit wir ungestört sind.«
»Aber sie sind doch deine Bewacher?«
Will zuckte die Achseln.
»Ich befinde mich im Moment eher in ihrer Obhut. John schickt mich in den Norden, fort von unserem Vater – für eine Zeitlang jedenfalls. Er will vermeiden, dass wir am Hof eine Verschwörung gegen ihn anzetteln. FitzRoberts Vater ist der Burgvogt von Newcastle, wo ich festgehalten werden soll. Ehrlich gesagt bin ich froh, vom Hof wegzukommen.« Tiefe Furchen erschienen auf seiner Stirn. »Du hast ja keine Ahnung. Es ist, als würde man versuchen, in einem Käfig voll hungriger Ratten zu überleben. Einige von Johns Söldnern…« Er brach ab und schluckte. »Ich will nicht darüber sprechen.«
Mahelt nippte an ihrem Wein, aber die Wärme taute den kalten Klumpen der Angst in ihrem Inneren nicht auf.
»Was ist mit Papa und Richard?«
»Richard geht es gut. Er hat diese Gabe, sich mit jeder Situation
abzufinden. Er wird wegen seiner roten Haare und seiner Größe ständig gehänselt, aber es prallt alles von ihm ab. Unser Vater …« Will verzog die Lippen. »Er tut alles mit einem Achselzucken ab, aber um welchen Preis? Er reagiert auf jede Demütigung, die John ihm zufügt, mit einem Lächeln oder einem ruhigen Blick, aber die Kränkungen und der Verrat müssen ihn innerlich zerfressen. Ich kann es nicht ertragen, das mit anzusehen. Und was die Ereignisse in Irland betrifft – möge Gott uns helfen.« Er stürzte seinen Wein hinunter und schenkte sich nach.
Bei der Vorstellung, wie ihr geliebter Vater schikaniert wurde, ballte Mahelt die Fäuste. Sie wagte nicht, an das zu denken, was in Irland vor sich ging, weil sie sich sonst in eine kreischende Furie verwandeln würde.
»Unsere Mutter erwartet wieder ein Kind«, fuhr Will fort. »Es soll zu Anfang des Frühjahrs kommen, sagt Papa. Dann wird wenigstens einer von uns in Irland geboren.«
Mahelt warf ihm einen entsetzten Blick zu und fragte sich, wie viel ihnen noch aufgebürdet werden konnte, bevor alles zusammenbrach. Eine Schwangerschaft war normalerweise ein Grund zur Freude, aber der Gedanke daran, dass ihre Mutter sie in Irland alleine durchstehen musste und dass es schon ihr neuntes Kind war, steigerte ihre Angst noch.
Will zögerte, dann sagte er: »Ich habe etwas für dich.« Zwischen seinem Hemd und seiner Tunika zog er einen kleinen zusammengefalteten Pergamentbogen hervor.
»Was ist das?«
Er blickte sich verstohlen um, dann reichte er ihr das Pergament.
»Briefe vom König bezüglich der Entsendung von Soldaten nach Irland. Sie enthalten Angaben über die Truppenstärke und darüber, welchen Kastellan er wohin schickt – Instruktionen für seine Agenten.«
Eine kalte Hand schloss sich um Mahelts Herz.
»Wo hast du das her?«, flüsterte sie.
»Einer von FitzRoberts Boten hat seinen Lederranzen unbewacht zurückgelassen, als er die Latrine aufsuchte. Ich wage nicht, die Unterlagen zu behalten, sie könnten mein Gepäck durchsuchen, aber wenn du einen Weg findest, sie unserer Mutter und Jean D’Earley zukommen zu lassen, werden sie für sie von großem Wert sein. Niemand darf sie sehen, denn das wäre unser Untergang. Ich weiß nicht, wem ich sie sonst anvertrauen könnte, und bei mir behalten kann ich sie nicht.«
Mahelt erschauerte bei seinen Worten, straffte sich aber und schob das Pergament in den Beutel an ihrem Gürtel.
»Keine Sorge«, erwiderte sie zuversichtlicher, als ihr zumute war. »Ich kümmere mich darum. Ich schreibe Mama und schicke ihr die Papiere, sobald ich kann.«
Will bot ihr etwas zu essen an, doch sie knabberte nur an dem Brot und dem Käse. Der Brief und zu wissen, dass sie nicht hier sein sollte, belasteten sie. »Ich muss zurück«, sagte sie, ihren Becher leerend. »Der Earl hat mir verboten, dich zu treffen, und wenn er herausfindet, dass ich trotzdem…« Sie ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen.
Will nickte tapfer.
»Ich verstehe. Roger Bigod hat starre Prinzipien.« Er warf ihr einen Blick zu. »Was ist mit deinem Mann?«
Mahelt errötete
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