Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
seinen Zorn noch, aber seine Jahre auf der Richterbank hatten ihn gelehrt, sich in jeder Situation zu beherrschen. Wenigstens war sie zu ihm gekommen und hatte ihm alles gestanden. Hätte sie geschwiegen, wäre dieser schimpfliche Ausflug vielleicht gar nicht bemerkt worden und hätte zu weiteren, gefährlicheren Eskapaden geführt.
»Nun gut«, sagte er. »Geh in deine Kammer, und sprich mit niemandem darüber. Du hast gut daran getan, zu mir zu kommen, denn dadurch hast du deine eigene Haut gerettet.«
»Was … was wird mit meiner Herrin geschehen?«
»Das lass meine Sorge sein. Und jetzt geh.«
Als die Frau verschwunden war, schritt Roger rastlos auf und ab, um seiner Erregung Herr zu werden. Er blickte zu Ida hinüber, die mit ihrer Näharbeit im Schoß wie erstarrt am Feuer saß.
»Wir haben dem Mädchen zu viel Freiheit gelassen«, grollte er. »Warum haben wir nicht besser auf sie aufgepasst?«
Ida schüttelte den Kopf. Sie machte ebenfalls den Eindruck, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
»Mahelt stand immer unter Aufsicht – wenn nicht unter meiner, dann unter der einer der Frauen oder eines Kaplans.«
»Aber niemand hat sie an diesem aberwitzigen Vorhaben gehindert, nicht wahr?«
Ida sah ihn verletzt an.
»Ich war mit dir in der Halle und bin meinen Pflichten nachgekommen. Und wir dachten alle, sie hätte sich den Magen verdorben und bräuchte Ruhe. Was hätten wir denn tun sollen?«
Roger erreichte das eine Ende der Kammer, machte kehrt und schritt denselben Weg zurück.
»Sie hätte lange vor diesem Vorfall fester an die Kandare genommen werden müssen«, bellte er. »Du reitest mit ihr aus, und ihr benehmt euch wie wilde Katzen, nicht wie anständige Frauen. Ich dachte, du würdest sie lehren, eine tugendhafte, gehorsame Ehefrau zu werden, doch stattdessen lehrt sie dich, alle Gebote von Sitte und Anstand zu vergessen!«
Ida rang nach Atem und presste eine Hand vor den Mund. Ihr war, als hätte er sie geschlagen. Was Mahelt getan hatte, erfüllte sie mit Entsetzen und Schuldgefühlen. Sie fragte sich, was sie falsch gemacht hatte. Sie hatte doch alles getan, um dem Mädchen zu helfen, sich in seinem neuen Leben zurechtzufinden, und sie hatte geglaubt, sie hätten eine gute, kameradschaftliche Beziehung aufgebaut. Aber ihr Mann hatte Recht, es hatte ihr Spaß gemacht zu lachen, auszureiten und die Gesellschaft einer unbeschwerten jungen Frau zu genießen – etwas, was sie bitterlich vermisst hatte, seit ihre Töchter verheiratet waren und im Haus ihrer Männer lebten. Mahelt hatte
die über ihr hängenden dunklen Wolken vertrieben, aber um welchen Preis?
»Es ist doch nur eine Dummheit, ein kindischer Streich«, versetzte sie matt.
Ein Muskel an Rogers Kinn zuckte.
»Aber sie ist kein Kind mehr, und das ist alles andere als ein dummer Streich. Sie kann uns alle in ernste Gefahr bringen. Und Hugh ist auch nicht besser. Er lässt sich von ihr vorführen wie ein Tanzbär. Warum vergisst er seine Verantwortung und geht auf die Jagd, statt seine Frau zu beaufsichtigen? Das Mädchen braucht mehr Beschäftigung, sie weiß offenbar nicht, was sie mit ihrer Zeit anfangen soll!«
»Was hast du vor?« Furcht stieg in Ida auf. Ihr Magen krampfte sich zusammen, und sie musste gegen einen Anfall von Übelkeit ankämpfen. »Willst du ihr hinterherreiten?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nein. Ich muss erst wissen, ob noch mehr dahintersteckt, bevor ich eine Entscheidung treffe. Aber sie wird lernen, sich zu fügen. Ich dulde keine Gehorsamsverweigerung in diesem Haus!«
Als Mahelt vor dem Haus eines Kaufmanns außerhalb von Edmundsbury vom Pferd stieg, wartete Will schon im Mondlicht. Sie rief seinen Namen, warf sich mit einem Freudenschrei in seine Arme und schluchzte vor Erleichterung und aufgestauter Spannung. Er drückte sie an sich und küsste sie stürmisch auf die Wangen.
»Es tut so gut, dich zu sehen!« Seine Stimme zitterte. »Ich bin froh, dass du gekommen bist.«
»Glaubst du, irgendwer oder irgendetwas hätte mich davon abhalten können?«, gab sie heftig zurück, dann musterte sie ihn von Kopf bis Fuß. Er war jetzt um einiges größer als sie.
Er lächelte schief.
»Ich glaube nicht, dass irgendjemand einen diesbezüglichen Versuch gewagt hätte, Schwester, aber ich weiß, welches Risiko du für mich eingegangen bist.«
Sie hob das Kinn.
»Das ist mir egal. Ich wäre durch die Hölle geritten, um hierherzukommen.«
Sie betraten das warme, gut
Weitere Kostenlose Bücher