Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
Zähnen.
»Ja, Sir«, knurrte sie, wohl wissend, dass sie ihm diese Demütigung
nie verzeihen würde. Stolz wie eine Königin hob sie den Kopf und stellte sich in einer Geste der Solidarität neben den Pferdeknecht ihres Bruders.
»Wärst du meine Tochter, dann hätte ich dich dafür auspeitschen lassen«, sagte Roger wütend. »Ein Jammer, dass dein Vater dich nicht gezüchtigt hat, als es notwendig gewesen wäre. Ich war zu nachsichtig. Wenn du Zeit für solche Eskapaden hast, dann hast du zu wenig zu tun. Ich werde dieses … dieses Wespennest ausräuchern.« Er warf das Pergament in das Kohlebecken und sah zu, wie es sich zusammenrollte und in Flammen aufging, bevor es zu Asche zerfiel. Dann winkte er brüsk ab. »Du kannst dich jetzt um deinen Komplizen kümmern. Danach kann er gehen, und ich will von dieser Angelegenheit nichts mehr hören, nie wieder. Schneidet ihn los.« Er gab Hamo einen Wink.
Mahelt zwang sich, vor dem Earl zu knicksen, und führte Tarant in die Sattelkammer. Sie schickte einen Jungen nach einer Schüssel Wasser und einem Tuch, damit sie das violett verfärbte, angeschwollene Auge des Pferdeknechts kühlen konnte, und brachte ihm Brot und Ale. Er trank, aß aber nicht, weil die Innenseite seines Mundes wund war und sich einige Zähne gelockert hatten.
»Er wusste es, Mistress, er wusste es«, nuschelte Tarant, als sie sein Auge betupfte. »Aber ich habe es ihm nicht gesagt. Ich schwöre es.«
»Das weiß ich.« Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie hatte Mitleid mit Tarant und fühlte sich schuldig, kam sich aber zugleich so vor, als wäre sie selbst geschlagen worden. »Glaubst du, der Earl wird wirklich König John informieren?«, flüsterte sie.
Tarant trank einen Schluck Ale, wobei er vor Schmerz zusammenzuckte.
»Nein, Mistress, denn dann könnte der König ihn verdächtigen, an der Sache beteiligt zu sein. Ich glaube, er hat nur versucht, Euch einzuschüchtern.«
Mahelt senkte den Kopf.
»Ich wollte nur das Beste für alle, und nun habe ich so ein Durcheinander angerichtet.«
Tarant signalisierte ihr, mit der Behandlung seiner Prellungen innezuhalten.
»Nur Mut, junge Mistress. Wartet erst einmal ab, bis sich die Wogen geglättet haben.«
Sie schämte sich, dass er trotz seiner Schmerzen sie zu trösten versuchte. Sie wusste, dass der Earl gedachte, ihr eine Lehre zu erteilen, aber sie hatte nur ihrer Familie helfen wollen, und sie verübelte es ihm zutiefst, dass er sie so gedemütigt hatte.
»Ich möchte nicht, dass du zu meinem Bruder zurückkehrst«, sagte sie. »Du reist nach Irland, zu meiner Mutter und Jean D’Earley.« Als sie ihm auf sein Pferd half, schärfte sie ihm alles ein, was ihr von dem kurzen Überfliegen des Pergaments im Gedächtnis geblieben war. Es war nicht perfekt, aber besser als nichts; ein kleiner Akt des Aufbegehrens, der bewirkte, dass sie sich ein bisschen besser fühlte.
Nachdem Tarant, über den Sattelknauf gebeugt, um seine schmerzenden Rippen zu schonen, davongeritten war, suchte Mahelt Ida in ihrer Kammer auf, weil sie wusste, dass dies von ihr erwartet wurde und sie die Begegnung durchstehen musste, so unangenehm sie auch verlaufen mochte.
Ida hatte geweint, ihr Gesicht war fleckig und verquollen. Sie saß mit ihrer Näharbeit am Fenster und machte rasche, saubere Stiche, als könne sie eine zerborstene Welt zusammenflicken und so die alte Ordnung wiederherstellen. Mahelt verharrte auf der Schwelle. Beim Anblick des gesenkten Kopfes
und der zusammengesunkenen Haltung der älteren Frau schlug eine Welle von Schuldgefühlen über ihr zusammen. Sie durchquerte die Kammer und schlang die Arme um sie.
»Es tut mir leid, wenn ich dir Kummer bereitet habe, Mutter«, sagte sie, und sie meinte es ernst. Sie wollte Ida um nichts in der Welt verletzen.
Ida erstarrte zuerst, überließ sich dann der Umarmung, die sie jedoch nicht erwiderte.
»Weißt du, in welcher Gefahr du geschwebt hast?« Ihre Stimme zitterte vor Kummer. »Deine Eltern vertrauen darauf, dass wir auf dich Acht geben. Was hätten wir ihnen denn sagen sollen, wenn du gestürzt, getötet oder entführt worden wärst? Du magst dich ja für unsterblich halten, aber du bist es nicht. Du solltest an all die Sorgen denken, die du denen, denen dein Wohlergehen am Herzen liegt, bereitet hast.« Tränen schimmerten in ihren sanften braunen Augen. »Der Earl gibt mir die Schuld. Er sagt, ich hätte dir nicht genug zu tun gegeben, und er wirft Hugh vor, ein zu nachsichtiger Ehemann
Weitere Kostenlose Bücher