Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
noch Äpfel für den Winter einlagern«, umging sie eine direkte Antwort. »Dein Vater scheint das für eine angemessene Beschäftigung für Frauen zu halten.«
Hughs Lippen zuckten.
»Er möchte einen Beweis dafür, dass du dich als nützliches Mitglied dieses Haushalts erweist. Äpfel einzulagern scheint mir ein geringer Preis für die Wahrung des Friedens zu sein. Zeig ihm, dass du dich bemühst, eine gute Burgherrin zu werden, dann wird er seinen Druck auf dich lockern.«
Mahelt erhob sich und fixierte ihn mit einem herausfordernden Blick.
»Soll das jetzt immer so bleiben? Bin ich auf ewig eine Gefangene seiner starren Ansichten und seiner Gebote?«
Hugh stand gleichfalls auf und legte ihr einen Arm um die Taille.
»Liebling, du bist nur insoweit eine Gefangene, wie du es selbst zulässt. Du musst lernen, Kompromisse zu schließen.«
»Warum?«, widersprach sie trotzig. »Er tut das doch auch nicht!«
Hugh verstärkte seinen Griff.
»Es gibt immer mehrere Wege. Du musst nicht mit dem Kopf durch die Wand, wenn neben dir eine Tür offen steht – es sei denn, du tust dir gern selber weh. Mein Vater ist Richter und Anwalt. Er steht auf Seiten der Gerechtigkeit. Wenn du vernünftig bist, ist er es auch.«
»Er hat mir nicht erlaubt, Will zu sehen. Das nenne ich nicht unbedingt vernünftig.«
»Bezeichnest du es als vernünftig, nachts über die Mauer zu klettern und geheime Briefe an dich zu nehmen? Was ist wohl unvernünftiger? Darüber solltest du einmal nachdenken.« Er küsste sie auf den Mund, diesmal sanft, nicht so glühend wie am Abend zuvor, und dann leicht auf die Wange. »Halte die Hand nur ins Feuer, wenn du darauf vorbereitet bist, dich zu verbrennen. Ich habe dir ja gesagt, dass alle Handlungen Folgen nach sich ziehen.«
Mahelt legte die Fingerspitzen an die Lippen, als er sich abwandte. Ihr Körper prickelte. Sie fühlte sich leicht und schwer zugleich, sehnte sich nach etwas, das sie nicht genau bestimmen konnte. Hugh hatte Recht. Sie musste über vieles nachdenken. Sie holte tief Atem und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Wenn sie einen Apfelbaumgarten mulchen musste, um wieder Gnade vor jedermanns Augen zu finden, dann nahm sie es am besten gleich in Angriff. Was danach kam, stand in den Sternen.
16
Framlingham, Januar 1208
An einem eisigen Januartag war Mahelt mit den jüngeren Mitgliedern der Bigods in ein ausgelassenes Spiel vertieft. Einem Mitspieler wurde eine wollene Kapuze über den Kopf gezogen. Die anderen versetzten ihm leichte Stöße, wobei er versuchen musste, einen der anderen Spieler zu fangen, der dann an seiner Stelle zur blinden Kuh wurde.
Vor Lachen kreischend schoss Mahelt vor, holte aus und schlug nach ihrem Schwager Ranulf, der gerade die Kapuze trug. Ihr war bewusst, dass ihr Schwiegervater sie beobachtete, aber diesmal lächelte er, obwohl ein wachsamer Ausdruck auf seinem Gesicht lag. Als sich ihre Blicke kreuzten, trank er ihr mit einem Becher Cider zu, der aus den Äpfeln gepresst war, die sie im Herbst eingelagert hatte. Mahelt vollführte einen pflichtgetreuen, aber nicht von Herzen kommenden Knicks. Seit den Vorfällen des letzten Oktobers hatte sie sich bemüht, das zu tun, was von ihr erwartet wurde. Es fiel ihr immer noch schwer, stillzusitzen und zu nähen, aber sie hatte inzwischen auch die Oberaufsicht über die Molkerei übernommen und half bei der Begrüßung und Bewirtung von Gästen und Besuchern. Diese Tätigkeit lag ihr, und sie machte ihre Sache gut, wusste aber, dass jeder darauf achtete, ob sie die Gelegenheit nutzte, um heimliche Informationen weiterzuleiten. Mahelt seufzte. Wenn diese Möglichkeit nur bestünde! Ihr Vater saß immer noch am Hof fest, und ihre Brüder blieben als Geiseln
in Johns Gewahrsam. Sie durfte gar nicht daran denken, in welch hilfloser Lage sie sich befanden.
Sie stürzte sich auf Ranulf, doch er war schneller und bekam sie mit einem Triumphschrei zu packen. Mahelt schnitt lachend eine Grimasse, als sie den Platz mit ihm tauschte. Irgendwie erschien es ihr angemessen, dass sie im Dunkeln tappte. Das Spiel nahm seinen Fortgang. Kapuzen streiften ihren Körper, während sie immer wieder ins Leere griff und als Lohn spöttisches Gelächter erntete. Plötzlich berührte ein weicher Stoffball ihre Seite, ein Mal und dann neckend ein zweites Mal. Sie tat so, als würde sie nicht darauf achten, fuhr jedoch blitzschnell herum und schloss die Hand um die am Ende einer Kapuze befestigte Quaste. Sie musste Hugh zu
Weitere Kostenlose Bücher