Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
seinen Willen durchzusetzen.
»Es tut mir leid, Vater«, entschuldigte sich Hugh. »Ich sehe ein, dass ich meine Pflichten ihr gegenüber vernachlässigt habe und vielleicht zu nachsichtig war, aber ich befinde mich in einer schwierigen Lage – in einer, mit der du bei allem Respekt nie konfrontiert wurdest.«
Sein Vater hob die Brauen.
»Als du meine Mutter geheiratet hast, war sie schon eine erwachsene Frau und Mutter eines Kindes. Aber wie gehst du mit einem Mädchen um, auf das du zwar ein Anrecht hast, aber andererseits auch wieder nicht? Wie sollst du mit ihr umgehen, wenn sie nicht deine Tochter, aber auch noch nicht deine Frau ist? Wenn du von einem Moment zum anderen nicht mehr sagen kannst, ob du ein Kind oder eine Frau vor dir hast?«
Sein Vater sog mit zusammengekniffenem Mund den Atem ein. Seine Nasenflügel bebten.
»Ich weiß es nicht, aber du musst es schnell herausfinden, weil ich ein solches Betragen in meinem Haus nicht länger dulde. Bändige sie!«
»Das werde ich, Vater, aber gib mir etwas Zeit, um darüber nachzudenken.« Hugh trank seinen Wein aus und erhob sich.
Sein Vater grunzte und hob warnend einen Zeigefinger.
»Lass dir nicht zu viel Zeit«, grollte er. »Sonst sehe ich mich gezwungen, etwas zu unternehmen.«
Als Mahelt an diesem Abend an der Tafel in der Halle saß, fühlte sie sich so elend wie nie zuvor in ihrem Leben. Was immer Hughs Vater über sie zu ihm gesagt hatte, es musste vernichtend gewesen sein. Seit er mit grimmiger Miene die Kammer seines Vaters verlassen hatte, hatte Hugh kaum ein Wort an sie gerichtet und ihr noch weniger Aufmerksamkeit geschenkt, was sie unerträglich fand – und erschreckend. Sie wollte, dass er sie zur Kenntnis nahm, sich auf ihre Seite stellte, aber es war klar, dass er bezüglich der jüngsten Ereignisse der Version seines Vaters Glauben schenkte.
Die Mahlzeit war eine formelle Angelegenheit. Hugh saß neben seiner Mutter und teilte sich mit ihr eine Platte, während Mahelt gezwungen war, von der des Earls zu essen. Das zarte
Fleisch in sämiger Sauce blieb ihr fast im Hals stecken. Hughs Vater behandelte sie mit eisiger Höflichkeit, und Mahelt reagierte darauf so, wie sie aß – mit mühsam gewahrter Form und wenig Erfolg. Ihre eigene Familie würde nie so mit ihr umgehen. Sogar Hughs Brüder waren auf Abstand zu ihr gegangen und sprachen kaum mit ihr. In ihren Augen las sie Argwohn und unverhohlene Missbilligung.
Nach dem Mahl wurde getanzt und gesungen. Für gewöhnlich liebte Mahelt solche Unterhaltung, vor allem, wenn Hugh dabei war. Sie lieferte ihnen einen Vorwand, sich zu berühren, zu lachen und einander zu necken. Aber heute Abend gab sich Hugh kühl, höflich und distanziert. Er tanzte nur einmal mit ihr und hielt sich ansonsten von ihr fern, obwohl ihr nicht entging, dass er sie nachdenklich beobachtete.
Schließlich konnte sie die Atmosphäre nicht länger ertragen und bat, sich in ihre Kammer zurückziehen zu dürfen, wo sie wenigstens im Schutz ihrer Bettvorhänge ungestört weinen konnte. Der Earl gewährte ihr diese Gnade mit einem knappen Nicken.
»Vater, ich werde meine Frau zu ihrer Kammer begleiten.« Hugh erhob sich und verneigte sich vor Roger, der ihn mit einem viel sagenden Blick bedachte und zustimmend den Kopf neigte.
Hoffnung keimte in Mahelt auf, als sie mit Hugh die Halle verließ. Jetzt, wo sie sich außer Sicht- und Hörweite seines Vaters befanden, würde alles anders werden, dachte sie zuversichtlich. Sie konnte ihm erzählen, was wirklich geschehen war, und ihn auf ihre Seite ziehen. Doch als sie den Hof überquerten und die Treppe zu ihrer Kammer emporstiegen, ergriff er als Erster das Wort.
»An deiner Stelle würde ich mich heute Nacht nicht zu weit von meiner Unterkunft entfernen.« Er deutete auf den Soldaten,
der mit einem Mastiff an kurzer Leine im Hof auf und ab schritt. »Wie du siehst, wurde die Wache verstärkt, und jeder Burgbewohner ist wachsam.«
In seiner Stimme schwangen weder Wärme noch Humor mit, und Mahelt fühlte sich augenblicklich noch schlechter. Sie roch Wein in seinem Atem, und seine Aussprache war nicht mehr ganz klar. Wütend stampfte sie mit dem Fuß auf und drehte sich zu ihm um. Tränen brannten in ihren Augen.
»Ich dulde nicht, dass man mich so behandelt!«
Er stieg zwei weitere Stufen empor, sodass er unmittelbar unter ihr stand, sich aber aufgrund seiner Körpergröße mit ihr auf Augenhöhe befand.
»Du wirst es leider dulden müssen, bis du
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