Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
wie viel Zeit wir allein miteinander verbringen und wie schnell mein Bauch sich rundet.«
Hugh stand gleichfalls auf.
»Es werden sich immer Gelegenheiten und Orte finden, wo wir ungestört sind.«
»So wie jetzt im Garten?«
»Ich verspreche es dir.«
Mahelt schüttelte den Kopf.
»Ich muss gehen. Die Pflicht ruft.« Bei den letzten Worten verzogen sich ihre Lippen.
Hugh hielt sie fest, als sie die Tür in der Mauer erreichte. »Ich schwöre es«, wiederholte er, dann küsste er ihre Wangen, ihre Brauen, ihren Hals und ihren Mund. Mahelt rang nach Atem, machte sich aber entschlossen von ihm los und trat einen Schritt zurück.
»Wir werden sehen«, meinte sie, aber ein Lächeln erhellte ihr Gesicht, als sie den Hof überquerte.
Hugh berührte seinen Mund und bemühte sich, nicht an all das zu denken, was er ihr über die Lage in Irland verschwiegen hatte.
18
Framlingham, Ende April 1208
Hugh saß in der Kammer seines Vaters und versuchte zum dritten Mal, den Brief zu lesen, der seine ganze Aufmerksamkeit erforderte. Es war ein Vertrag, der der Priorei Colne Land zugestand, und er sollte den genauen Wortlaut überprüfen, aber er konnte sich nicht konzentrieren, und die Buchstaben waren für ihn genauso bedeutungslos wie damals, als er sechs Jahre alt gewesen war und gerade Lesen und Latein gelernt hatte. Mit einem unterdrückten Fluch legte er seine Feder beiseite und trat zum Fenster. Sein Körper fühlte sich an, als würden junge Triebe darin in der Frühlingswärme zum Leben erwachen und nach außen drängen. Auf den üppigen Weiden grasten Pferde mit ihren Fohlen, Wasservögel mit flauschigen Küken im Schlepptau glitten über den See, Jungvögel fiepten in den Nestern, Welpen tummelten sich in den Zwingern und junge Katzen im Stall. Überall sah er neues Leben. Sogar sein Schwiegervater würde in Irland von einem weiteren kleinen Sohn begrüßt werden. Vor drei Wochen hatten sie von Ancels Geburt erfahren. Hugh spähte über seine Schulter. Der Anblick der Listen und Dokumente entlockte ihm einen tiefen Seufzer. Mahelt hatte vor kurzem ihren fünfzehnten Geburtstag gefeiert, aber Hugh war zu dieser Zeit in Ipswich gewesen. Sein Vater bestand darauf, die Übereinkunft mit den Marshals mit einer formellen Hochzeitszeremonie zu besiegeln, doch es würde noch zwei Monate dauern, bis sich die gesamte Familie
wieder in Framlingham zusammenfand. Sein Vater diente bei Hof und würde erst nach Mittsommer nach Hause zurückkehren, und Hugh musste sich bald wieder um seine Landgüter in Yorkshire kümmern.
Er starrte weiter aus dem Fenster, während er über sein Dilemma nachgrübelte. Mahelt war volljährig, die Vereinbarung eingehalten worden, die Wartezeit vorüber. Sicher, der Anlass erforderte ein angemessenes Ritual, trotzdem schrak er vor dem Gedanken an eine große Bettzeremonie zurück, in deren Verlauf das blutige Laken als Beweis für die vollzogene Ehe in der Halle zur Schau gestellt werden würde. Mahelt würde sich vor Scham winden. Das Bewusstsein, dass sie wie Zuchtstute und Hengst unter ständiger Beobachtung standen, zerrte an ihren Nerven.
Unwillig vor sich hinmurmelnd kehrte Hugh an den Schreibtisch zurück und versuchte zu arbeiten. Kurz darauf erschien Framlinghams Burgvogt William Lenveise, der einige Armbrustschützen für die Garnison anheuern und mit ihm über deren Entlohnung sprechen wollte. Nachdem er dieselbe Frage zweimal wiederholt hatte, wirkte er etwas gereizt.
»Sir?«, hakte er spitz nach.
Hugh winkte entschuldigend ab.
»Nimm erst einmal vier Männer«, erwiderte er. »Später kannst du immer noch weitere anheuern. Im Moment werden nicht mehr gebraucht.«
Lenveise verneigte sich und verließ den Raum. Hugh rieb sich die Augen, betrachtete die Pergamentbögen, wandte sich mit einer weiteren Verwünschung ab und stieg die Treppe hinunter.
Ida legte ihre Näharbeit zur Seite und sah ihren Sohn überrascht an.
»Du möchtest Mahelt mit meinem Segen mit nach Settrington nehmen?«
»Ja, Mutter.« Er setzte sich neben sie, nahm ein Band aus ihrem Nähkorb und zog es zwischen den Fingern hindurch.
»Bedeutet das das, was ich denke?«
Hugh betrachtete die schimmernde Seide in seiner Hand. »Ja«, räumte er ein. »Von mir aus können wir eine offizielle Zeremonie in Framlingham abhalten, wenn Vater zurückkommt und immer noch darauf besteht, aber ich muss mit Mahelt allein sein – wirklich allein.«
Ein besorgter Ausdruck trat in die Augen seiner
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