Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
wie die meisten Menschen das Verhalten des Papstes engstirnig und vertrat die Ansicht, es stünde ihm nicht zu, von Rom aus zu bestimmen, wer als Nächster das Amt des Erzbischofs von Canterbury bekleiden sollte. Ein Interdikt verbot es der Geistlichkeit, ihren Pflichten nachzugehen. Es wurden keine Kirchenglocken mehr geläutet, keine Messen mehr gelesen, keine
Hochzeitszeremonien mehr durchgeführt, keine Beichten abgenommen und keine Toten mehr in geweihter Erde bestattet. Zulässig waren nur noch die Taufe von Neugeborenen und die Letzte Ölung für Sterbende. Als Antwort auf diese Sanktionen hatte John das Land der Kirche beschlagnahmen und unter die Verwaltung der Krone stellen lassen, aber die Verhaftung der Familien der Priester war ein neuer Schachzug – raffiniert und an sadistischer Bosheit kaum zu überbieten.
William zuckte die Achseln.
»Sie werden nach Norfolk gebracht und ins Gefängnis geworfen. Wenn der Priester sie wiedersehen will, muss er ein Lösegeld bezahlen.«
Mahelt wechselte einen ängstlichen Blick mit Ida, als sie nach Framlingham weiterritten. Auch ihr Priester hatte eine »Frau«, die als Näherin in Idas Kammer arbeitete, eine kleine Tochter von zwei Jahren und ein Baby.
»Werden die Männer des Sheriffs auch Wengeva holen?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Ida bekümmert. »Hoffentlich nicht. Der Sheriff ist ein Mann des Königs, aber er hat keinen Grund, uns in Framlingham zuzusetzen.«
Mahelt rutschte unbehaglich auf ihrem Sattel hin und her. Obwohl Ida ihr nach dem Zwischenfall mit ihrem Bruder weder Vorwürfe gemacht noch irgendwelche Andeutungen hatte fallen lassen, ließ Mahelts schlechtes Gewissen ihr keine Ruhe. Sie bereute ihre nächtliche Eskapade nicht, hatte aber begriffen, dass sie damit nicht nur sich und Will in Gefahr gebracht hatte.
Als sie in Framlingham eintrafen, herrschte dort geschäftiges Treiben. Mahelt starrte die Karren und Pferde an.
»Hebon!«, rief sie, als sie Hughs schwarzen Hengst entdeckte, der an einem Ring in der Mauer angebunden war und von einem Stallburschen trocken gerieben wurde. Sie sah auch den großen Kastanienbraunen von Earl Roger und zahlreiche
Tiere der Ritter und Knappen. Ohne auf Hilfe beim Absteigen zu warten, sprang Mahelt von ihrer Stute und stürmte Hals über Kopf in die Halle, was Ida mit einem Kopfschütteln und einem wehmütigen Lächeln quittierte.
Hugh kam gerade heraus, sodass Mahelt fast gegen ihn geprallt wäre. Er fing sie auf und schwang sie durch die Luft. Mahelt schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn, woraufhin Hugh sie lachend an sich drückte. Dann hielt er sie auf Armeslänge von sich weg und betrachtete sie.
»Wir waren in Ipswich«, erklärte Mahelt. »Wir haben frühestens in einer Woche mit dir gerechnet.«
Hughs Lächeln verblasste.
»Wir fanden, es sei an der Zeit, nach Hause zu kommen«, erwiderte er, ehe er seine Mutter begrüßte und seinem Bruder auf die Schulter klopfte. Der Earl tauchte hinter ihm aus der Halle auf, und Mahelt knickste mit der formellen Würde vor ihm, die sie bei Hughs Begrüßung hatte vermissen lassen.
»Meine Tochter«, brummte er. »Ich habe Briefe von deinem Vater im Gepäck. Er schickt dir seine Grüße und Geschenke – und bittet dich, nicht zu vergessen, dass du jetzt die Frau eines Bigod bist.«
Seine Worte ließen Mahelt Schicklichkeit und Anstand vergessen.
»Ihr habt meinen Vater gesehen?«, fragte sie voller Eifer. »Geht es ihm gut, Mylord?«
Rogers schiefergraue Augen blickten etwas wärmer.
»Deinem Vater fehlt nichts. Und damit du beruhigt bist, will ich dir sagen, dass die irische Frage geklärt ist. Deine Mutter und deine Geschwister sind in Sicherheit. Dein Vater hat mit dem König eine neue Übereinkunft bezüglich Leinster ausgehandelt und ist dorthin zurückgekehrt, um die Zügel wieder in die Hand zu nehmen. Meilyr FitzHenry wird von dem Bischof von
Norwich als Justiziar von Irland abgelöst.« Er beendete das Gespräch mit einem Nicken und warf einen viel sagenden Blick in den Hof hinüber, wo hektische Betriebsamkeit herrschte. »Ich will dich nicht länger von deinen Pflichten abhalten.«
Während der nächsten Stunden waren Mahelt und Ida beschäftigt: Sie erteilten den Dienstboten Anweisungen, ließen Essen auftragen, kümmerten sich um die Schlafplätze und das wichtigste Gepäck. Sie erledigten all das, was die Rückkehr zweier Haushalte erforderte. Endlich herrschte Ordnung, und Mahelt nahm sich einen Moment Zeit,
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