Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
setzte sich in den Garten unterhalb der westlichen Mauer und las den Brief ihres Vaters. Die von einem Schreiber hingekritzelten Worte klangen beruhigend. Es ging ihm gut, es gab keinen Grund für sie, sich Sorgen zu machen. Er tadelte sie nicht wegen der Eskapade mit ihrem Bruder, erwähnte sie noch nicht einmal, bat sie aber, ihrem Mann stets treu zur Seite zu stehen und ihrem Schwiegervater zu gehorchen. Mahelt zog die Brauen zusammen. Sie fragte sich, was alles bis an den Hof durchgesickert sein mochte. Er hatte ihr auch ein kleines Kästchen mit Schmuckstücken geschickt: eine silberne irische Brosche, goldene Ringe und Schleiernadeln sowie silberne Anhänger für das Brustband ihrer Stute. Er liebte sie und wünschte ihr alles Gute. Mahelt kniff die Augen zusammen, konnte aber nicht verhindern, dass ihr heiße Tränen über die Wangen rannen.
Als sie ein Geräusch hörte, drehte sie sich rasch um und sah Hugh auf sich zukommen. Tripes hüpfte, die Nase am Boden, fröhlich hinter ihm her. Hastig wischte sie sich mit dem Saum ihres Ärmels über die Augen.
»Du weinst?« Hugh musterte sie besorgt.
»Ich bin nur froh, dass es meinem Vater gut geht«, schniefte sie. »Er hat mir dies hier geschickt.« Sie zeigte ihm den Inhalt des Kästchens. »Er sagt, es sei wieder alles in Ordnung.«
»Ja, das stimmt.« Hugh ließ sich neben ihr nieder.
»Ich wünschte nur, ich hätte ihn selbst sehen können.«
»Das wirst du, sobald er seine Angelegenheiten in Irland geregelt hat. Er musste unverzüglich dorthin zurückkehren und sich um alles kümmern.«
Mahelt nickte. »Ich weiß, dass er dort gebraucht wird.« Sie versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Vielleicht lässt John ihn jetzt endlich in Ruhe.«
Hugh zögerte, dann sagte er leise:
»Die Gefahr ist noch nicht gebannt. Der König ersetzt Meilyr FitzHenry durch John de Grey, der ein fähiger und John treu ergebener Mann ist. Dein Vater und de Grey stehen auf gutem Fuß, aber in Bezug auf Johns Rechte besteht kein Raum für Verhandlungen.« Er schlug die Beine übereinander und spielte mit den ledernen Schnürriemen seiner Stiefel. Tripes ließ sich zu Boden fallen, schob die Nase zwischen die Pfoten und seufzte tief. »Ich vermute überdies, dass de Grey nach Irland geht, weil er verhindern will, dass das über den König verhängte Interdikt auch dort bekannt wird.«
Die Erwähnung des Interdikts erinnerte Mahelt an die Szene auf der Straße bei Kettleburgh, und sie erzählte Hugh davon. »Etwas Derartiges darf Michael nicht passieren«, beharrte sie hitzig. »Ich möchte nicht, dass sie Wengeva und ihre Kinder ins Gefängnis stecken, und wir können sie schwerlich wie Tuchballen oder silberne Kerzenleuchter verstecken.«
Hugh berührte ihren Arm.
»Ich habe bereits mit Michael gesprochen. Er wird auch weiterhin den Gottesdienst in der Kapelle abhalten, an dem jeder teilnehmen kann, was heißt, dass für die Agenten des Königs kein Grund besteht, uns heimzusuchen.«
»Aber missachtet er damit nicht die Befehle seines Bischofs und des Papstes?«
Hugh zuckte die Achseln.
»Da der Bischof von Norfolk in Irland alle Hände voll zu tun haben wird, werden weder er noch seine Beamten jeden Priester oder Kaplan in der Diözese überprüfen. Und der Papst sitzt im fernen Rom. Michael ist klug genug, nicht in die Hand zu beißen, die seine Frau und seine Kinder beschützt. Hier wird sich nichts ändern.« Er beugte sich vor, um seine Worte mit einem Kuss zu unterstreichen. Mahelt erwiderte ihn und schmiegte sich in seine Arme. Sie hatte ihn so sehr vermisst.
Er entfernte behutsam ihre Kopfbedeckung, streichelte ihre schimmernden dunklen Zöpfe und murmelte dabei, er habe noch nie so schönes Haar gesehen. Dann hielt er abrupt inne und löste sich von ihr. Mahelt folgte seinem Blick und sah, dass sein Vater ihn vom Fußweg der Mauer aus beobachtete. Sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, ahnte jedoch, dass er Missbilligung widerspiegelte. Da es sie nervös machte, ständig überwacht zu werden, schob sie ihr Haar hastig wieder unter ihre dünne Haube und bedeckte es mit ihrem Schleier. Hugh half ihr, ihn glatt zu streichen und mit Nadeln zu befestigen.
»Bald«, versprach er. »Bald haben wir unsere eigene Kammer und unser eigenes Bett.«
Mahelt verzog das Gesicht und erhob sich.
»Trotzdem werden Ohren an der Tür lauschen und Augen durch das Schlüsselloch spähen«, murrte sie. »Und die Leute werden genau darauf achten,
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