Die Enklave
das Muster, als wäre darunter irgendein Geheimnis über diesen Ort verborgen, vielleicht ein Geheimgang.
»Wir sollten uns aufteilen und das Gebäude absuchen«, sagte Bleich. »Ich gehe mit Tegan.«
Vielleicht ahnte er, dass sie nicht gerne allein mit Pirscher gewesen wäre, wohingegen ich mich selbst beschützen konnte, selbst gegen seine unglaublich schnellen Klingen. Ich ging los. Auf der Außenseite des Gebäudes war ein Schild gewesen, einige Buchstaben hatten gefehlt, aber ich hatte das Wort »Schule« erkannt. Unten hatten wir auch eine Schule gehabt, und der Gedanke, dass ein so großes Gebäude nur dazu da gewesen sein sollte, Bälger zu unterrichten, versetzte mich in Staunen.
Pirscher ging neben mir und dachte immer noch über das nach, was ich gerade gesagt hatte. » Wie ist es dort unten?«
»Dunkel. Rauchig. Es gibt nicht so viel Platz wie hier, also lernt man, mit weniger auszukommen. Und schon als ich noch ganz klein war, wusste ich, dass die Freaks in den Tunneln hausen und dass ich, wenn ich stark und tapfer genug war, eines Tages in die Tunnel gehen und gegen sie kämpfen würde.«
»Und? Hast du’s getan?«, fragte er.
»Eine Zeit lang.« Ich wollte ihm nicht von meiner Verbannung erzählen, und gleichzeitig wusste ich, dass er danach fragen würde.
Natürlich tat er das: » Wie hat es dich dann hierher verschlagen? «
»Ich hatte Pech.«
Das war deutlich genug. Pirscher gab sich damit zufrieden und fing an, die Räume gegenüber von denen zu durchsuchen, die ich mir vornahm. Schweigend patrouillierten wir durch den Rest des Gebäudes. Es war groß, hatte drei Ebenen und viele kleine Räume, die vollgestopft waren mit winzigen Tischen und Stühlen. Diese Schule war tatsächlich für Bälger gebaut worden, und in jedem Raum gab es nur einen einzigen großen Tisch und einen ebensolchen Stuhl. Ehrfürchtig betrat ich einen der Räume und sah eine schwarze Wand mit weißem Staub darauf. Beinahe konnte ich so etwas wie Buchstaben darauf erkennen, aber es war wohl zu viel Zeit vergangen. Es war, als würde ich in meinem Spiegelbild eine Andeutung von etwas erahnen, das eigentlich nicht für meine Augen bestimmt war. Ich berührte die schwarze Wand mit den Fingern und zeichnete den ersten Buchstaben meines Namens in den Staub. Die restlichen konnte ich nicht schreiben.
»Was ist das?«, fragte Pirscher.
»Ein Z.«
Wir gingen weiter. Pirscher bewegte sich anders als Bleich, weniger vorsichtig, aggressiver. Wenn er hier drinnen irgendetwas fand, würde er es töten, bevor es uns gefährlich werden konnte. Ich fand diesen Unterschied bemerkenswert, dennoch war Pirscher gründlich und aufmerksam.
»Scheint sicher zu sein«, sagte er, nachdem wir alle Räume abgesucht hatten.
Ich konnte nur zustimmen. Hier gab es nichts außer Hinweise auf Ratten und Vögel, nichts, was größer oder gefährlicher wäre. Wir gingen weiter und kamen durch einen Raum,
den ich anhand der Pfannen als Küche erkannte. Kupfer hatte Unten welche zum Kochen benutzt.
Ich fand riesengroße Dosen voll Essen. Noch nie hatte ich etwas Derartiges gesehen. »Schade, dass wir die nicht mitnehmen können«, sagte ich. »Davon könnten wir monatelang essen.«
»Wir können uns die kleineren für unterwegs aufheben und hier von den großen essen.«
»Maiseintopf«, las ich laut vor.
Pirschers helle Augen blinzelten. » Woher weißt du das?«
»Ich kann lesen, ein bisschen zumindest. Aber nicht so gut wie Bleich.«
Pirscher starrte mich einen Moment lang an, dann fragte er: »Was heißt das?«
Wie konnte er das nicht wissen? Doch dann erinnerte ich mich daran, wie er aufgewachsen war, ohne Zeuger, die ihm wenigstens das Mindeste beibrachten. Alles, was er wusste, hatte er auf die harte Art gelernt. In seinem Leben hatte es niemanden wie Stein gegeben, der ihm das ein oder andere zeigte oder dafür sorgte, dass er in die Balgschule ging. Es war ein Wunder, dass er überhaupt sprechen konnte. Aber Lesen …
»Diese Buchstaben hier«, erklärte ich und deutete mit dem Finger darauf, »sie sagen, was in der Dose ist. Ich weiß nicht, was ›Mais‹ bedeutet, aber ich bin so hungrig, dass ich so gut wie alles essen würde.«
Ich holte das kleine Messer mit den vielen komischen Klingen heraus. Mit einer davon konnte ich den Deckel der Dose durchstoßen, was ich so lange wiederholte, bis ich ihn abbekam; dann spähte ich hinein und sah gelbes, matschiges Zeug. Pirscher legte den Kopf schief und schnupperte.
»Riecht nicht
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