Die Entdeckung der Erde
häufigen Acten von Seeräuberei und Barbarei hier nicht verweilen.
Nachdem sich Drake, dessen Name schon bekannt zu werden anfing, bei der Unterdrückung der irischen Empörung betheiligt hatte, ließ er sich der Königin Elisabeth vorstellen. Er legte ihr sein Project vor, die Westküsten Südamerikas, wohin er durch die Magellanstraße gehen wollte, zu verwüsten, und erhielt dazu nebst dem Titel eines Admirals fünf Schiffe mit 160 auserwählten Matrosen.
Elisabeth verlieh Drake den Titel eines Ritters. (S. 479.)
Am 15. November 1577 von Plymouth abgefahren, traf Franz Drake mit den Mauren von Mogador zusammen, die er nicht besonders rühmt, und machte einige geringe Beute, bevor er nach den Inseln des Grünen Vorgebirges kam, wo frischer Proviant eingenommen wurde; dann brauchte er sechsundfünfzig Tage über den Ocean bis zur Küste Brasiliens. Dieser folgte das Geschwader bis zur Mündung des La Plata, wo es nochmals Wasser faßte, und erreichte die Seehundsbai in Patagonien, wo die Seefahrer mit den Wilden verschiedene Tauschgeschäfte abschlossen und eine Menge Pinguins (Fettgänse) und Seewölfe zur Vermehrung des Proviants erlegt wurden.
»Einige der Patagonier, deren man am 18. Mai etwas unterhalb der Seehundsbai ansichtig wurde, sagt der Originalbericht, trugen dem Anschein nach auf dem Kopfe ein Horn und eine Art Hüte aus vielen herrlichen Vogelfedern. Das Gesicht hatten sie mit verschiedenen Farben bunt bemalt, und Jeder führte einen Bogen, mit dem stets zwei Pfeile auf einmal abgeschossen wurden. Es sind sehr gewandte Leute, welche recht kriegsgeübt erscheinen, denn sie marschiren nach allen Richtungen in guter Ordnung, und selbst wenn ihrer nur Wenige waren, wußten sie sich doch so aufzustellen, daß man sie für weit zahlreicher hielt.« Charton bemerkt in seinen »alten und neuen Reisenden«, daß Drake nichts über den außerordentlich hohen Wuchs der Patagonier sagt, den Magellan ausdrücklich hervorhebt. Hierzu lag wohl mehr als ein guter Grund vor. In Patagonien giebt es mehr als einen Volksstamm, und die Beschreibung, welche Drake von den Wilden liefert, denen er begegnet war, weicht überhaupt sehr stark von Pigafetta’s Schilderung der Patagonier des Hafens St. Julien ab. Existirt wirklich, wie man heute anzunehmen berechtigt ist, in jenen Gegenden eine Menschenrace von außerordentlicher Größe, so hat man deren Wohnsitz nur an den Gestaden der Meerenge am südlichsten Ende des Landes zu suchen und nicht fünfzehn Tagereisen vom Hafen Désiré, wo Drake am 8. Juni ankam. – Am folgenden Tage erreichte er den Hafen St. Julien; hier fand sich noch ein Galgen vor, den Magellan einst zur Bestrafung einiger meuterischer Mannschaften errichtet hatte. Drake seinerseits wählte jetzt diese Stelle, sich eines seiner Kapitäne, Namens Doughty, zu entledigen, der schon längst des Verrathes und der Absicht, das Geschwader verlassen zu wollen, beschuldigt war und sich wiederholt von der Flotte zu entfernen gesucht hatte. Da einige Matrosen gestanden, daß er sich bemüht habe, sie zu verführen und mit ihm gemeinschaftliche Sache zu machen, um die Reise gewaltsam zu unterbrechen, wurde er der Rebellion und der Verleitung zum Ungehorsam angeklagt und entsprechend den englischen Gesetzen durch ein Kriegsgericht zur Enthauptung verurtheilt. Diesem Spruche folgte die Ausführung auf dem Fuße, obgleich Doughty bis zum letzten Augenblick unter Betheuerung seiner Unschuld protestirte. Ob das Verbrechen Doughty’s wohl hinreichend erwiesen sein mochte? Wenn Drake bei seiner Rückkehr nach England trotz der Zuvorkommenheit, welche er allen seinen Untergebenen gegenüber bewahrte, angeklagt ward, sich die Gelegenheit zunutze gemacht zu haben, um sich eines gefährlichen Nebenbuhlers zu entledigen, so ist doch kaum anzunehmen, daß die vierzig Richter, welche jenes Urtheil fällten, in Folge einer Art heimlicher Uebereinkunft, den Wünschen ihres Admirals nachzukommen, einen Unschuldigen dem Tod geweiht hätten.
Am 20. August lief die Flotte, welche jetzt auf drei Schiffe reducirt war, nachdem zwei andere havarirte Fahrzeuge von dem Admiral vollends zerstört worden waren, in die Meerenge ein, welche seit Magellan’s Zeiten noch Niemand wieder passirt hatte. Fand er hier auch schöne Häfen, so constatirte Drake doch, daß man daselbst, wegen der noch nahe dem Lande überaus großen Tiefe des Wassers, nur schwierig vor Anker gehen könne, und daß heftige, stoßweise auftretende Winde die
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