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Die Entdeckung der Erde

Die Entdeckung der Erde

Titel: Die Entdeckung der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wohnenden Nomadenvolkes, und erreichten hierauf das Reich der Mongolen. Endlich am St. Magdalenentag, d. i. am 22. Juli, kamen sie an dem Orte an, wo der Kaiser verweilte oder vielmehr Derjenige, welche zum Kaiser erhoben werden sollte, denn noch war seine Wahl nicht vollzogen.
    Der späterer Herrscher nannte sich Cuyne. Er ließ die päpstlichen Gesandten zwar mit aller Auszeichnung aufnehmen und bewirthen, konnte sie aber nicht selbst empfangen, da er noch nicht Kaiser war und in Regierungsangelegenheiten deshalb nicht eingreifen mochte. Ein Brief des Prinzen Bathy unterrichtete ihn jedoch vorläufig über die Gründe, welche den Papst Innocenz IV. zur Abfertigung der Gesandtschaft bewogen hatten.
    Seit dem Ableben Ogadaï’s war die Regierung des mongolischen Reiches auf dessen Witwe, die Kaiserin und Mutter des Prinzen Cuyne, übergegangen. Diese Fürstin empfing also den Franziskaner und seinen Begleiter in feierlicher Audienz unter einem Zelte von weißem Purpur, das 2000 Personen fassen konnte.
    »Als wir nun hier waren, berichtet Carpini, sahen wir eine große Versammlung von Fürsten und Prinzen nebst ihrem Gefolge, die von allen Seiten zusammengekommen und Alle beritten waren. Am ersten Tage bekleideten sie sich mit weißem Purpur, am zweiten, wo auch Cuyne in das oben erwähnte Zelt kam, mit rothem; am dritten Tage gingen sie in violettem Purpur und am vierten im herrlichsten Scharlach oder Carmoisin gekleidet. Alle bildeten nahe jenem Zelte gleichsam eine lebende Palissade mit zwei geräumigen Thoren, durch deren eines nur dem Kaiser der Zutritt offen stand, während kein Anderer durch dasselbe weder aus-noch einzugehen wagte, sondern Jeder das zweite benutzte, an welchem Wachtposten mit Schwertern, Pfeilen und Bogen standen. Näherte sich nun ein Unbefugter dem Zelte bis über die um dasselbe gezogenen Grenzen, so wurde er, wenn man ihn erlangen konnte, mit dem Schwerte zurückgewiesen oder mit Pfeilschüssen vertrieben. Unter den Reitern befanden sich einige große Herren, welche am Harnisch ihrer Pferde, unserer Schätzung nach, mehr als zwanzig Mark Silber trugen.«
    Es verging inzwischen ein ganzer Monat, ehe Cuyne zum Kaiser ausgerufen ward, und die Gesandten des Papstes mußten eben so lange warten, bevor sie von ihm empfangen werden konnten. Carpini benutzte diese unfreiwillige Muße, um die merkwürdigen Sitten und Gebräuche dieser Horden zu beobachten. In seinem Berichte finden sich darüber sehr interessante Einzelheiten.
    Das Land erschien im Allgemeinen bergig, aber fast überall aus Sand, mit nur wenigem Lehmboden bestehend. Holz scheint gänzlich zu fehlen; auch die Großen benutzen zum Heizen nur den gedörrten Mist der Thiere. Obwohl die Landschaft so unfruchtbar scheint, gedeihen die Heerden doch vortrefflich. Das Klima ist sehr ungleich. Im Sommer giebt es häufige Gewitter und der Blitz fordert zahlreiche Opfer. Der Sturm ist oft so heftig, daß er die Reiter von den Pferden wirst. Im Winter fehlt der Regen gänzlich, aber auch im Sommer reicht er oft kaum hin, den Staub zu löschen. Hagelwetter treten mit furchtbarer Gewalt auf, und während des Aufenthaltes Carpini’s trat einmal ein so entsetzliches auf, daß hundertvierzig Personen ertranken, als die Schloßenmassen aufthauten. Alles in Allem ein weitausgedehntes, aber noch ärmeres Land, als man glaubt.
    Carpini liefert auch von den Tataren selbst ein sehr treffendes Bild, einen Beweis seiner scharfen Beobachtungsgabe. »Sie zeichnen sich, sagt er, durch große Breite des Gesichtes zwischen Augen und Wangen aus, welch’ letztere sehr nach außen vorspringen; ihre Nase ist platt und klein, die Augen sind ebenfalls klein und die Wimpern erheben sich bis zu den Augenbrauen; in der Taille hager und schlank, sind sie meist nur von mittlerer Größe und haben fast keinen Bartwuchs; nur Einzelne besitzen wenige Haare auf der Oberlippe und dem Kinn, welche sie niemals abschneiden. Auf dem Schädel tragen sie eine Art Tonsur, wie unsere Geistlichen, und rasiren sich von einem Ohr zum anderen etwa drei Finger breit; die Haare davor lassen sie bis auf die Augenbrauen herabwachsen und schneiden sie nur an beiden Seiten der Stirn halbkurz; im Uebrigen wächst ihr Haar am Hinterkopf so lang wie bei den Frauen, und machen sie aus jenem zwei seilartige Zöpfe, welche hinter den Ohren geknüpft werden. Im Uebrigen haben sie auch sehr kleine Füße.«
    Frauen und Männer, welche bei der sehr ähnlichen Kleidung nur sehr schwer von einander zu

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