Die Entdeckung der Erde
unterscheiden sind, tragen pelzverbrämte, von oben bis unten geschlitzte Oberkleider und große Mützen von Schetter (d. i. Steifleinwand) oder Purpur, welche sich nach oben zu erweitern. Sie bewohnen Häuser in Form von Zelten, welche nur durch Zweige und Stäbe gestützt und zusammengelegt, bequem auf Saumthiere zu verpacken sind. Größere werden so wie sie sind auf Wagen verladen und begleiten ihren Besitzer auf den Fahrten durch das Land.
Die Tataren glauben an einen Gott, den Schöpfer aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge, der je nach Verdienst belohnt und bestraft. Sie beten aber auch die Sonne, den Mond, das Feuer, die Erde und das Wasser an und werfen sich vor aus Filz gefertigten, menschenähnlichen Idolen nieder. Sie sind sehr intolerant und haben Michel von Turnigow und Fedor, welche die griechische Kirche heilig gesprochen hat, schwer gemartert, weil sie dem Prinzen Bathy abschlugen, sich gegen Süden hin zu verneigen, wie es alle Tataren thun. Diese Völkerschaften sind ferner sehr abergläubisch, glauben an Beschwörungen und Zauberei und nehmen an, daß das Feuer Alles läutere. Stirbt einer ihrer Fürsten, so vergräbt man mit ihm einen Tisch, ein Gefäß voll Fleisch, eine Tasse mit Stutenmilch, eine Stute nebst Fohlen und ein gesatteltes und gezäumtes Pferd.
Die Tataren leisten ihren Anführern unbedingten Gehorsam, verabscheuen untereinander jede Lüge und sind Feinde langer Verhandlungen; Mordthaten kommen, ebenso wie Diebstähle, nur äußerst selten vor, und auch kostbare Gegenstände werden nicht besonders verwahrt. Ohne sich zu beklagen, ertragen diese Leute Hunger und Anstrengung, Hitze und Kälte, während sie bei jeder Gelegenheit singen, spielen und tanzen; der Trunksucht huldigen sie dagegen sehr stark; ihr Hauptfehler ist der Hochmuth und die Verachtung aller Fremden, auch achten sie das Menschenleben nur gering.
Zur Vervollständigung dieses Bildes fügt Carpini hinzu, daß diese Barbaren allerlei Fleisch, wie das von Hunden, Wölfen, Füchsen, Pferden und gelegentlich sogar Menschenfleisch verzehren. Ihr Getränk besteht aus der Milch der Stuten, Schafe, Ziegen, Kühe und Kameele. Sie kennen weder Wein, noch Bier oder Meth, sondern nur sehr berauschende Liqueure. Uebrigens sind sie sehr schmutzig und verschmähen weder Ratten noch Mäuse, selbst Ungeziefer oder was nur sonst verzehrbar erscheint; ihre Speisegeschirre reinigen sie niemals oder höchstens gleich mit der Suppe selbst; ebenso waschen sie niemals ihre Kleider und leiden auch nicht, daß es Andere thun, »vorzüglich wenn es donnert«. Die Männer befassen sich eigentlich mit gar keiner Arbeit; jagen, mit dem Bogen schießen, die Heerden bewachen und umherreiten, bildet ihre ganze Beschäftigung. Auch die Frauen und Mädchen lieben diese Körperübungen und sind darin ebenso geschickt als kühn.
Zugang von Konstantinopel.
Daneben verfertigen sie aber auch die Pelze und anderen Kleidungsstücke, führen die Wagen und die Kameele und genügen zu diesen Arbeiten um so eher, als sie in den Familien an Zahl weit überwiegen; da die polygamischen Barbaren selbst zu sehr hohen Preisen so viele Frauen zu kaufen pflegen, als sie ernähren können.
Die Tataren. (S. 54.)
Das sind in kurzem Auszuge die Beobachtungen Carpini’s, während er sich in Erwartung der Kaiserwahl einen Monat lang in Syra-Orda aufhielt. Inzwischen verriethen gewisse Vorzeichen, daß diese Wahl nahe bevorstehe. So begann man z.B. vor Cuyne zu singen, wenn er aus seinem Zelt hervortrat, und erwies ihm eine besondere Ehrerbietung mit schön verzierten Stäben mit einem Büschel scharlachrother Wolle am Ende. Vier Meilen von Syra-Orda entfernt, in einer Ebene und längs eines Baches war ein zur Krönung bestimmtes Zelt errichtet worden, das im Innern überall scharlachroth ausgekleidet, sich auf goldeingelegte Säulen stützte. Endlich, am St. Bartholomäustage, trat eine zahlreiche Versammlung zusammen, wobei Jedermann unausgesetzt betete und dabei mit dem Gesicht nach Mittag hin gewendet blieb, eine heidnische Sitte, der sich der Franziskaner und sein Begleiter anzuschließen wehrten. Dann ward Cuyne auf den kaiserlichen Thron gesetzt und Fürsten und Volk beugten das Knie vor ihm. Das war die Huldigung.
Sofort wurden Carpini und Etienne zu dem neuen Kaiser vorgeladen. Man untersuchte sie erst gründlich und darauf traten sie in das kaiserliche Zelt ein, zugleich mit anderen Gesandten, welche reiche Geschenke brachten. Sie selbst,
Weitere Kostenlose Bücher