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Die Entdeckung der Erde

Die Entdeckung der Erde

Titel: Die Entdeckung der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Geschenk der Königin, ein Meßbuch, Crucifix und ein Räucherfaß und traten so bei dem Prinzen ein, während sie sich wohl in Acht nahmen, die Thürschwelle zu berühren, was als unentschuldbarer Verstoß aufgefaßt worden wäre. Vor Prinz Sartach angelangt, stimmten die frommen Gesandten das
Salve Regina
an. Der Prinz selbst und eine der Prinzessinnen, welche bei dieser Ceremonie zugegen war, untersuchten sehr eingehend den Schmuck und die Kleidung der Geistlichen und gestatteten ihnen darauf, sich wieder zurückzuziehen. Ob freilich Sartach selbst Christ sei, konnte Rubruquis nicht in Erfahrung bringen.
    Die Mission der Abgesandten Ludwig’s des Heiligen war jedoch hier als noch nicht erfüllt zu betrachten. Der Prinz selbst empfahl ihnen dringend, sich an den Hof seines Vaters zu begeben. Rubruquis kam dieser Weisung nach und gelangte, mitten durch lauter mohammedanische Volksstämme, welche sich in den Besitz der Landschaften zwischen Don und Wolga theilten, nach dem Lager des Königs am Ufer des letzteren Flusses.
    Hier wiederholte sich dieselbe Ceremonie wie am Hofe des Prinzen Sartach. Die Geistlichen mußten ihre Kirchengewänder anlegen und traten so vor den Khan, der auf einem vergoldeten Stuhle von der Breite eines Bettes saß. Baatu glaubte jedoch nicht selbst mit den Gesandten des Königs von Frankreich verhandeln zu sollen und verwies sie deshalb nach Caracorum, an den Hof Mangu-Khans.
    Rubruquis durchzog das Land der Baschkiren, besuchte Kenchat und Talach, überschritt den Axiartes und erreichte Equius, eine Stadt, deren Lage spätere Gelehrte nicht mehr festzustellen vermochten; dann kam er durch das Gebiet von Organum, wo sich der Balkasch-See befindet, und durch das Land der Uiguren nach Caracorum, der Hauptstadt, vor welcher Carpini Halt gemacht hatte, ohne sie zu betreten.
    Diese Stadt war, nach Rubruquis, von Erdwällen mit vier Thoren umgeben. Zwei Moscheen und eine christliche Kirche bildeten ihre hervorragendsten Bauten. Der Mönch zog in Caracorum mehrfache Erkundigungen ein über die benachbarten Völkerschaften, vorzüglich über die Tanguren, deren Ochsen – eine sehr ausgezeichnete Race – nichts Anderes sind als die weitberühmten Yaks von Thibet; auch spricht er von den Thibetanern und deren sonderbarer Sitte, die Leichen ihrer Väter und Mütter zu – verzehren, um ihnen ein ehrenvolles Begräbniß zu gewähren.
    Leider befand sich der Groß-Khan nicht in seiner Hauptstadt Caracorum. Rubruquis mußte sich mit seinen Begleitern nach dessen Residenz begeben, welche jenseits der im Norden aufstrebenden Berge lag. Am Tage nach ihrer Ankunft begaben sie sich barfuß, nach der Ordensregel der Franziskaner, an den Hof, wobei sie, nebenbei bemerkt, die Zehen erfroren. Vor Mangu-Khan geführt, sahen sie einen Mann mit stumpfer Nase und von mittlerer Größe vor sich, der, bekleidet mit prächtigem, ähnlich dem Felle des Seekalbs, geflecktem Pelzwerk auf einem Ruhebette lag. Der König war von Falken und vielen anderen Vögeln umgeben. Den Gesandten des Frankenkönigs setzte man zunächst mehrere Sorten Liqueure, Arrac-Punsch, gegohrene Stutenmilch und »Ball«, d. i. eine Art Meth, vor. Jene enthielten sich zu trinken; der minder nüchterne Khan aber trank herzhaft und verlor unter dem Einflusse jener berauschenden Getränke bald die Klarheit seiner Sinne, so daß die Audienz aufgehoben werden mußte, ohne daß die Gesandten ihre eigentliche Absicht erreichten.
    Rubruquis verbrachte mehrere Tage am Hofe Mangu-Khans. Er fand hier eine große Anzahl deutscher und französischer Gefangener, die in der Hauptsache mit der Anfertigung von Waffen und der Ausbeutung der Bergwerke von Bocol beschäftigt waren. Die von den Tataren ganz gut behandelten Gefangenen beklagten sich nicht über ihre Lage. Nach mehreren Audienzen, welche ihm der Groß-Khan bewilligte, erhielt Rubruquis die Erlaubniß zur Rückreise und kam nach Caracorum zurück.
    In der Nähe dieser Stadt erhob sich ein prachtvoller, dem Khan gehöriger Palast. Derselbe glich einer geräumigen Kirche mit Mittel-und Seitenschiffen. Hier thront der Herrscher auf einer an der Nordseite des Raumes sich erhebenden Estrade; die Männer nehmen dann zu seiner Rechten, die Frauen zur Linken Platz. In dem nämlichen Palaste feiert man auch jährlich zweimal prunkvolle Feste, bei denen sich alle Großen des Landes um den Souverän versammeln.
    Während seines Aufenthaltes in Caracorum sammelte Rubruquis manche interessante Belege über die Sitten

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