Die Entdeckung der Erde
Handel und die Kaufleute kommen hier aus der ganzen Erde zusammen. Ihre Plätze und Straßen sind stets voller Menschen und so lang, daß man deren Ende nicht sieht. Ein Damm springt eine Meile weit in’s Meer vor und trägt einen von dem Eroberer erbauten Thurm, auf dessen Spitze sich ein gläserner Spiegel befindet, mittelst dessen man alle Schiffe, die von Griechenland und dem Abendlande kommen, um das Land zu bekriegen oder der Stadt sonstwie Schaden zu thun, schon in fünfzig Tagereisen Entfernung wahrnehmen konnte«. Dieser Leuchtthurm dient, wenn man den Worten des Reisenden glauben darf, noch heute als Signal für Alle, welche nach Alexandria segeln, »denn man bemerkt ihn auf hundert Meilen Entfernung Tag und Nacht, da er während der Dunkelheit durch mächtige Fackeln erleuchtet« wird, u.s.w. Was bedeuten da gegenüber jener Warte unsere Leuchtthürme, welche höchstens auf dreißig Meilen weit sichtbar sind, selbst wenn die Elektricität ihnen das Licht liefert?
Der Thurm von Babel. (S. 45.)
Damiette, Sunbat, Ailach, Refidim, der Flecken Thor am Fuße des Sinaï wurden von dem jüdischen Reisenden besucht. Nach Damiette zurückgekehrt, schiffte er sich dann ein und landete zwanzig Tage später in Messina. In der Absicht, die Anzahl seiner Glaubensgenossen noch weiter festzustellen, begab er sich über Rom nach Lucca, ging über den St. Bernhard und zählt nun eine Menge Städte in Deutschland und Frankreich auf, in welchen die Juden Duldung gefunden hatten; Chateaubriand’s Zusammenstellung nach dem Reiseberichte Benjamin’s von Tudela ergäbe für sie eine Anzahl von 768.165 Glaubensgenossen.
Benjamin von Tudela in der Sahara. (S. 47.)
Zum Schluß spricht unser Reisender von Paris, das er ohne Zweifel besucht hat, jene ausgedehnte Stadt am Ufer der Seine, welche dem König Ludwig gehört. »Sie enthält Gelehrtenschulen, bemerkt er, welche heutzutage auf der Erde nicht ihresgleichen haben; Tag und Nacht verwendet man in denselben zum Studium des Gesetzes; gegen Fremde erweist man sich darin sehr ‘gastfreundlich und giebt der Freundschaft und Brüderlichkeit gegen alle Israëliten unverhohlenen Ausdruck.«
Das ist die Reise Benjamin’s von Tudela. Sie bildet ein hochwichtiges Denkmal der geographischen Wissenschaft aus der Mitte des 12. Jahrhunderts und suchten wir durch Ein-oder Nebensetzung der heutigen Ortsnamen es dem Leser möglichst zu erleichtern, dem Wege des eifrigen Israëliten auf einer Karte der Neuzeit zu folgen.
Auf den Namen Benjamin’s von Tudela folgt der chronologischen Ordnung nach der Jean du Plan’s von Carpin, den einige Schriftsteller einfach Carpini nennen. Er war Franziskaner und wurde 1182 in einem Flecken des Districtes von Perugia in Italien geboren. Es ist allgemein bekannt, welche Fortschritte die mongolischen Horden unter Führung des ehrgeizigen Gengis-Khan machten. Im Jahre 1206 erhob dieser thatkräftige Häuptling Caracorum, eine alte, türkische, in der Tatarei, nördlich von China gelegene Stadt zur Hauptstadt seines Reiches. Unter seinem Nachfolger Ogadaï breitete sich die mongolische Herrschaft bis in’s Herz von China aus, und dieser Barbarenfürst überfiel mit einem Heere von 600.000 Kriegern sogar Europa. Rußland, Georgien, Polen, Mähren, Schlesien und Ungarn wurden der Schauplatz heißer, blutiger Kämpfe, welche immer zum Vortheile Ogadaï’s ausfielen. Man betrachtete diese Mongolen als von den höllischen Mächten entsandte Dämonen, und das ganze Abendland sah sich durch ihren Einfall ernstlich bedroht.
Papst Innocenz IV. schickte an den Tataren-Khan eine erste Gesandtschaft, welche nur eine hochmüthige, wenig beruhigende Antwort desselben heimbrachte. Sofort schickte er neue Gesandte an die Tataren aus Nordosten, um dem Vordringen der Mongolen Einhalt zu thun, und bestimmte zum Chef dieser Gesandtschaft den Franziskaner Carpini, der das Ansehen eines gewandten und kenntnißreichen Diplomaten genoß.
Am 6. April 1245 machte sich Carpini, in Begleitung Etienne’s von Böhmen, auf den Weg. Er begab sich zunächst nach Böhmen. Der König dieses Landes händigte ihm Beglaubigungsschreiben für seine Verwandten in Polen aus, deren Einfluß den Gesandten den Eintritt nach Rußland erleichtern mußte. Ohne Schwierigkeit gelangten Carpini und sein Begleiter bis in die Staaten des russischen Herrschers, wo sie sich auf des Letzteren Rath mit Biber-und anderem Pelzwerk versahen, um dasselbe dem Tatarenfürsten als Geschenk
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