Die Entdeckung der Erde
die armen Gesandten des Papstes, hatten nichts mehr anzubieten. Entsprach dieser Armuth auch der ihnen gewordene Empfang? Wir wissen davon nichts, doch währte es sicher sehr lange Zeit, bevor es Carpini und Etienne gelang, Sr. tatarischen Majestät die Gründe mitzutheilen, um derentwillen sie hierher gesendet worden waren. Wiederum verstrichen dann Tage auf Tage, Wochen auf Wochen; die Gesandten lebten unter den traurigsten Verhältnissen und kamen vor Hunger und Durst fast um; da endlich, am St. Martinstag, ließen sie der Intendant und die Secretäre des Kaisers zu sich rufen und übergaben ihnen das für den Papst bestimmte Antwortschreiben, das mit denselben stolzen Worten endigte, die eine beliebte Schlußformel der Briefe asiatischer Despoten zu bilden scheinen: »Wir beten Gott an und hoffen mit seiner Hilfe die ganze Erde, vom Orient bis zum Occident, zu zerstören und zu unterwerfen«.
Bald darauf reisten die Gesandten ab und ritten den ganzen Winter hindurch durch eisbedeckte Einöden. In Ascension erreichten sie wieder das Hoflager des Prinzen Bathy, der ihnen neue Pässe einhändigte, und mit Hilfe derselben kamen sie unangefochten, freilich erst vierzehn Tage vor Johannis 1247, nach Kiew. Am 9. October ernannte der Papst Carpini zum Erzbischof von Antivari in Dalmatien und gegen 1251 beschloß der unerschrockene Reisende in Rom sein bewegtes Leben.
Carpini’s Mission war gänzlich erfolglos ausgefallen; die Tataren blieben dieselben grausamen, wilden Horden wie vorher. Inzwischen wurde sechs Jahre nach der Rückkehr des Franziskaners ein anderer, niederer Mönch, Wilhelm von Rubruquis, ein Belgier von Geburt, an diese Barbaren abgesendet, welche damals in den Gebieten zwischen dem Don und der Wolga saßen. Der Zweck dieser Gesandtschaft erhellt aus Folgendem:
Jener Zeit bekriegte Ludwig der Heilige die Sarazenen in Syrien, und während er die Ungläubigen häufig angriff, führte der mongolische Fürst Erkaltay auch von der persischen Seite her eine ganz unnöthige Diversion zu Gunsten des Königs von Frankreich gegen jene aus, so daß sich das Gerücht verbreitete, genannter Fürst sei zum Christenthum übergetreten. Da Ludwig der Heilige hierüber Gewißheit zu haben wünschte, beauftragte er den Mönch Rubruquis, Erkaltay in seinem eigenen Lande zu beobachten.
Im Juni 1253 schifften sich Rubruquis und seine Begleiter nach Konstantinopel ein und erreichten von hier aus die Mündung des Don am Asow’schen Meere, wo sich eine große Menge Gothen, die Abkömmlinge germanischer Stämme, aufhielten. Bei den Tataren selbst begegneten die Gesandten des Königs von Frankreich zuerst einem üblen Empfange und erlitten eine ziemlich schlechte Behandlung; die Vorzeigung ihrer Briefe veranlaßte jedoch den Gouverneur Zagathal, einen Verwandten des Khan, ihnen für die Weiterreise Wagen, Pferde und Ochsen zur Verfügung zu stellen.
Sie brachen also auf und trafen am nächsten Morgen gleichsam ein ganzes wandelndes Dorf; es waren das nämlich verschiedene, mit dem Gouverneur gehörigen Häusern beladene Lastwagen. Zehn Tage lang blieben die Reisenden in Gesellschaft der den Wagenzug begleitenden Leute, welche sich so wenig freundlich und freigebig erwiesen, daß Rubruquis und seine Begleiter ohne ihre Provisionen an Zwieback sicherlich Hungers gestorben wären. Am Ende des Asow’schen Meeres angelangt, wandten sie sich gegen Osten, wobei sie längs einer dürren Einöde ohne einen Baum oder einen Stein dahinzogen. Es war dies das Land der Comanen, durch welches Carpini früher weiter oben im Norden gekommen war. Rubruquis, der die von kaukausischen Völkerschaften bewohnten Gebirge im Süden liegen ließ, kam nach anstrengender, zweimonatlicher Reise im Lager des Prinzen Sartach, am Ufer der Wolga, an.
Hier befand sich die ganze Hofhaltung des Prinzen, eines Sohnes Baatu-Khans. Dieser hatte sechs Frauen; jede derselben besaß einen Palast, mehrere Häuser und zweihundert Wagen, von denen einzelne zwanzig Fuß in der Breite maßen und von einem Gespann von zweiundzwanzig, zu je eilf hintereinander gespannten Ochsen gezogen wurden.
Sartach nahm die Gesandten des Königs von Frankreich sehr leutselig auf und versorgte sie in Anerkennung des dringenden Bedürfnisses mit allem Nothwendigen; Rubruquis und seine Begleiter mußten nun vor dem Fürsten, aber in Priestergewändern erscheinen; dabei legten sie auf ein Kissen eine prachtvoll ausgestattete Bibel, das Geschenk ihres Königs, einen Psalter, das
Weitere Kostenlose Bücher